Freising:Flüchtlingshelfer kritisieren Landratsamt

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(Foto: Christian Endt)

Viele integrationswillige Asylbewerber erhalten keine Arbeitserlaubnis oder warten sehr lange darauf, so die Helfer in einem offenen Brief an den Landrat. Das Amt weist das zurück und verweist auf die entsprechende Statistik

Von Gudrun Regelein, Freising

Schon einmal, Anfang 2017, gab es von Asylhelfern im Landkreis massive Kritik an der restriktiven Handhabung von Arbeits- und Ausbildungserlaubnissen für Flüchtlinge - beziehungsweise am Entzug von diesen. Viele Helferkreise hatten damals darauf aufmerksam gemacht, dass das Freisinger Landratsamt die Weisung des Innenministeriums, bei Menschen aus Ländern mit einer geringen Anerkennungsquote die Arbeitserlaubnis abzulehnen, besonders rigoros anwendet.

Nun steht diese Praxis erneut in der Kritik: Der offene Helferkreis Freising, der sich aus ehemaligen Mitgliedern der Helferkreise Wippenhauser Straße, General-von-Stein-Straße und Katharina-Mair-Straße gebildet hat, rügt erneut die Praxis des Landratamtes, keine Arbeitserlaubnisse für Flüchtlinge ohne Ausweispapiere zu erteilen. Vielen Geflüchteten aber sei es gar nicht möglich, die Papiere aus ihren Herkunftsländern zu bekommen, sagt Therese Skordou. Die Freisingerin engagiert sich seit 2015 in Helferkreisen und betreut Flüchtlinge. "Diese Hilfsbereitschaft hat sich gelohnt", schreibt sie nun in einem offenen Brief an Landrat Josef Hauner. "Von denen, die übrig blieben, haben sich sehr viele gut integriert. Alle, die ich kenne, bemühen sich um Arbeitsplätze und wollen ihren Lebensunterhalt selbst finanzieren", heißt es darin. Diejenigen, die eine Arbeitserlaubnis vom Landratsamt bekämen, würden in der Regel auch sehr schnell eine Stelle finden.

Leider aber bekämen viele die notwendige Erlaubnis nicht, kritisiert Skordou im Gespräch mit der SZ Freising. Pakistani und Nigerianer beispielsweise würden inzwischen schon gar keinen Antrag mehr stellen, die hätten resigniert, berichtet die Helferin, die momentan noch etwa 15 junge Flüchtlinge betreut. Aber auch die Flüchtlinge aus Afghanistan, also solche mit einer relativ guten Bleibeperspektive, würden auf eine Antwort sehr lange warten müssen - oder bekämen die Erlaubnis nicht. Auch hätten von etwa 20 jungen Männern, die beim Landratsamt einen Antrag für eine Ausbildungserlaubnis für 2018 gestellt haben, bislang nur sechs eine erhalten, berichtet Skordou. "Inzwischen hat das Schuljahr schon längst begonnen und sie warten immer noch auf Antwort." So ganz kann sie das nicht nachvollziehen, sagt Skordou. "Wir wissen doch, dass wir Fachkräfte brauchen." Auch Ingrid Hein-Schuster aus dem offenen Helferkreis kann die derzeitige Praxis nicht nachvollziehen: Es sei sehr viel Geld in unterschiedliche Projekte gesteckt worden, die junge Geflüchtete auf eine Beschäftigung oder eine betriebliche Ausbildung in Deutschland vorbereiten sollen. "Wenn diese Maßnahmen jetzt ins Leere laufen, weil aus migrationspolitischen Gründen eine Verfestigung des Aufenthalts durch eine Ausbildung vermieden werden soll, dann führt es diese Maßnahmen ad absurdum", sagt sie.

Die jungen Flüchtlinge in Freising dagegen haben alle sogar schon einen Ausbildungsvertrag, sie werden von den Betrieben gebraucht, berichtet Therese Skordou. "Sie haben einen Identitätsnachweis, sie sprechen Deutsch B1, die meisten haben die Berufsschule in Freising besucht. Referenzen von Sportvereinen oder Lehrern wurden überreicht, sie haben Praktika in verschiedenen Betrieben gemacht und haben Zeugnisse von ihren jetzigen Arbeitgebern abgegeben", zählt sie auf. In ihrem Brief appelliert Therese Skordou an den Landrat, den Flüchtlingen eine Chance zu geben. Das Freisinger Landratsamt dagegen weist die Vorwürfe zurück: "Wir prüfen jeden Einzelfall sorgfältig. Und wir erteilen sehr wohl Arbeits- und Ausbildungserlaubnisse", sagt Landratsamtssprecher Robert Stangl. Hinsichtlich der Arbeitserlaubnisse für Asylbewerber treffe das Ausländeramt in jedem Einzelfall eine Ermessensentscheidung, bei der unter anderem die Bleibeperspektive, die geklärte Identität, Deutschkenntnisse, Integrationsleistungen, aber auch mögliche Straftaten berücksichtigt werden. Seit Beginn des Jahres wurden laut dem Sprecher 242 Anträge auf Arbeitserlaubnisse gestellt. Davon wurden 207 Arbeitserlaubnisse erteilt. 26 Anträge befinden sich noch in der Prüfung, neun Anträge wurden zurückgenommen oder haben sich anderweitig erledigt. 2018 wurde bisher kein Ablehnungsbescheid erlassen. Von den 34 gestellten Anträgen auf Ausbildungserlaubnis wurden 14 erteilt und acht abgelehnt. Elf Anträge befinden sich derzeit in Prüfung. Auch mit Therese Skordou sei an diesem Donnerstag im Ausländeramt ein Gespräch geführt worden, bei dem alle offene Fragen geklärt werden konnten, berichtet Robert Stangl.

© SZ vom 09.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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