Freising:"El Bandito" muss in Haft

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Das Amtsgericht Freising verurteilt einen 28-jährigen Erdinger zu 28 Monaten Gefängnis

Von Christoph Dorner, Freising

Der Angeklagte hat vor Gericht das letzte Wort. Also wirbt der 28-jährige Erdinger ein letztes Mal mit grollender Verzweiflung bei der Richterin um einen menschlichen Zug, den er an den zwei Verhandlungstagen am Amtsgericht Freising selbst völlig vermissen ließ: Empathie, die Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Einstellungen anderer Menschen einzufühlen. Er entschuldigt sich nur verkniffen bei seiner Freundin, die er zwischen Juli und Dezember 2014 mehrfach massiv getreten, gewürgt und ins Gesicht geschlagen hat. Nach einer Verfolgungsjagd durch Freising musste er einmal sogar von einer Gruppe junger türkischer Männer daran gehindert werden, auf seine Freundin einzuschlagen. Nun wurde er zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt.

Der Angeklagte bagatellisierte fortwährend seine Taten, immerhin Körperverletzung in fünf Fällen, dazu Freiheitsberaubung, Nötigung und Beamtenbeleidigung. Schuld an seiner misslichen Lage, und damit im Grunde selbst schuld, sei seine Freundin mit ihren ständigen Sticheleien. Dass er von ihr an seinem frisch operierten Geschlechtsteil gepackt worden sei, unmittelbar bevor er ihr mit der Faust in den Bauch schlug, fiel ihm erst am zweiten Verhandlungstag ein. Die Freundin, die wiederholt Strafanzeigen zurückgezogen hatte, ehe die Staatsanwaltschaft Anklage erhob, stritt dies ab.

An anderer Stelle bestand der 28-Jährige allen Ernstes darauf, dass sein Opfer gestanden und nicht am Boden gelegen habe, als er zutrat. Er zeigt die Bewegung, wie ein Volleyschuss beim Fußball: Vollspann mit Schuhgröße 46. Das machte selbst den so besonnenen Sachverständigen Randolph Penning fassungslos: "Wen interessiert die Technik dieser Tritte!" Das Opfer hatte danach am Oberschenkel ein Hämatom mit dem Durchmesser eines Fußballs.

In seinem Schlusswort hilft dem Angeklagten nur noch die Flucht nach vorne, um vielleicht doch mit einer Bewährungsstrafe davonzukommen. Also stellt er sich selbst eine günstige Sozialprognose aus. Er verweist auf seine kleine Tochter, die bei seiner Ex-Frau lebt und die an Ostern geweint habe, weil der Papa im Gefängnis in Landshut einsitzt. Zuletzt argumentiert er mit seiner Berufsausbildung zum Kfz-Meister und Betriebswirt, die der Staat bei einer Verurteilung ohne jeden Nutzen mitfinanziert hätte: "Eine Haftstrafe wäre mein berufliches Aus. Doch das alles entlastet ihn nicht. Zumal der Angeklagte wegen Körperverletzung in seinem familiären Umfeld bereits einschlägig vorbestraft ist und mit den Taten gegen seine Freundin gegen eine offene Bewährungsstrafe verstoßen hat.

"Sie sind nicht bereit, die Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen", sagt die Richterin in der Urteilsbegründung. Dass der Angeklagte die Schuld wiederholt bei seinem Umfeld sucht und keine wirkliche Reue zeigt, wertete das Gericht als strafverschärfend. Nun muss er ins Gefängnis. Im Chat nannte er sich ohnehin "El Bandito".

© SZ vom 13.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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