Freising:Drei Komplimente in 72 Sekunden

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Mit einem Festgottesdienst hat Kardinal Reinhard Marx am Samstag das Jugendkorbiniansfest in Freising eröffnet. (Foto: Marco Einfeldt)

Beim Jugendkorbinian in der Freisinger Luitpoldanlage geht es um den Glauben und um die Begegnung mit anderen

Von Nadja Tausche, Freising

Erst gemeinsam beten, dann gemeinsam feiern: So lässt sich die Idee der Jugendkorbinianswallfahrt zusammenfassen. Zum 76. Mal sind am Samstag Jugendliche aus der Erzdiözese nach Freising gepilgert, manche mit öffentlichen Verkehrsmitteln, andere zumindest ein Stück weit zu Fuß. Die Korbinianswallfahrt gehört zu den größten Jugendwallfahrten Süddeutschlands, sagt Claudia Hoffmann, Öffentlichkeitsreferentin beim Bund der Katholischen Jugend (BDKJ). Sie schätzt, dass 2500 Besucher in Freising waren.

In elf Areas haben die Verbände des BDKJ Aktivitäten organisiert. Eine davon die Aktiv-Area mit dem 72-Sekunden-Glücksrad. Die Aufgabe für einen Jungen: drei Komplimente an Mitmenschen verteilen. "Du bist ein sehr guter Fußballer", sagt er zu seinem Freund, "du hast einen schönen Schal" zu dem Mädchen hinter ihm. Ziel der Aktion ist, die 72-Stunden-Aktion bekanntzumachen, bei der sich junge Leute bundesweit 72 Stunden lang sozial engagieren. "Wir wollen darauf aufmerksam machen: Wir sind die Jugend, wir können was bewegen", erklärt eine Betreuerin.

Nicht alle Aktivitäten auf dem Festival haben mit Religion zu tun. In der Kino-Area schauen sich Besucher Filme an, den Ton hören sie über Kopfhörer. Es gibt ein weißes Wohnmobil, das als Bücherbus dient. In den Büchern sind Stellen markiert, die zum Motto der Wallfahrt passen: "Wofür es sich lohnt". In der Aktiv-Area stehen Mini-Tischtennisplatten bereit, in einem Zelt spielt eine Band Nenas "99 Luftballons". An Essensständen bekommen Besucher Kaiserschmarrn und Currywurst, zu trinken gibt es fast alles außer Alkohol.

Zum zweiten Mal fand das Korbiniansfestival in diesem Jahr in der Luitpoldanlage statt. Den Auftakt machte am Samstagnachmittag der Gottesdienst mit Kardinal Reinhard Marx. Danach sind die Besucher zur Luitpoldanlage gewandert, vorne dran die Stadtkapelle. "Für die Jugendlichen ist die Mischung interessant: Wallfahren, Gottesdienst, Informationen und Aktivitäten", sagt Hoffmann. Auch das Feiern gehört dazu. Bekehren wolle man die Jugendlichen mit der Wallfahrt nicht: "Wer da mitgeht, steht sowieso positiv zum Glauben." Es geht um die Begegnung mit anderen.

Genau das gefällt dem 13-jährigen Johannes. Er ist mit einer Gruppe Firmlingen und Ministranten aus Inzell angereist. Vorhin seien sie im Escape Room gewesen und mussten in 15 Minuten Denkaufgaben lösen, um den Raum wieder verlassen zu dürfen, erzählen sie. Dabei habe man neue Leute kennengelernt. Julia,13, ist vor allem vom Gottesdienst begeistert. Der sei ganz anders gewesen als normale Gottesdienste: "Mit viel mehr Stimmung". In der Band haben Schlagzeug und Saxofon gespielt, ungewöhnlich in einer Kirche, erzählen sie und ihre Freundinnen, die bald Firmung haben und aus Lenggries angereist sind.

An einer Station will man den Besuchern etwas mitgeben, das den Abend überdauert. Die jungen Leute basteln durchsichtige kleine Plastikkugeln. Jede ist ein sogenannter "Erinnermich", angelehnt an Harry Potter, wo eine Glaskugel den vergesslichen Neville Longbottom erinnert, wenn er etwas vergessen hat. Nach dem Korbiniansfestival sollen sich die Besucher daran erinnern, wofür es sich für sie lohne, weiterzumachen, erklärt Michaela Lutter von der Katholischen Jugendstelle Fürstenfeldbruck. Im Alltag überwiege der "Jammermodus", man vergesse das Positive.

Teresa und Diotima haben ein Stück ihres Korbinian-Armbands abgeschnitten und in die Kugel geklebt, die füllen sie mit Glitzer und Kleeblättern. "Dann kann man sich erinnern, dass man hier war", sagt Teresa, 15. Die beiden sind von Pulling zu Fuß nach Freising gelaufen, 1,5 Stunden haben sie gebraucht. Das habe sich gelohnt, meint Teresa: "Man merkt, dass es viele andere Jugendliche gibt, die gläubig sind." In der Schule bekomme man davon nicht viel mit. Den Abschluss des Festivals bildet der Nachtimpuls, um gemeinsam zur Ruhe kommen. Auch an die nächste Korbinianswallfahrt wurde schon gedacht. Die findet am 16. November 2019 statt, das Motto lautet: "Wachgeküsst".

© SZ vom 19.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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