Freising:Dramatisch und ergreifend

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Das Heinrich-Schütz-Ensemble hat sein Publikum in der Christi-Himmelfahrtskirche begeistern können. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Aufführung der Matthäus-Passion in der Christi-Himmelfahrtskirche mit dem Heinrich-Schütz-Ensemble gerät zum Ereignis. Chöre und Orchester sind dem hohen Anspruch gewachsen und begeistern das Publikum

Von Rebecca Seeberg, Freising

Bereits in den ersten Takten, die am Sonntag in der Christi-Himmelfahrtskirche erklungen sind, liegt eine Düsternis, die auf die Dramatik des Stoffes hindeutet - die Passion Jesu. Die Zuhörer erwartete eines der größten Werke in der Geschichte der protestantischen Kirchenmusik, die Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach. Dank einer beeindruckenden Besetzung durch das Vokal-Ensemble Icking unter der Leitung von Peter Francesco Marino und das Heinrich-Schütz-Ensemble Freising unter Zoltán Ambrus erwachte die Passion zum Leben.

Das Barockorchester "La Banda", eines der gefragtesten Orchester für alte Musik in München, begleitete die Sänger, während die hellen Stimmen des Nachwuchschores der Tölzer Knaben losgelöst von allem Weltlichen über dem vollen Klang der Musik schwebten. "Dieses Stück geht nur ab einem gewissen Niveau", sagte Zoltán Ambrus. Und sowohl Chöre als auch Orchester waren diesem hohen Anspruch gewachsen. "Großartig", meinte auch Pfarrerin Dorothee Löser. Denn obwohl Bach aufgetragen worden war, ein für die Kirche gefälliges Stück zu komponieren, schuf er Anfang des 18. Jahrhunderts ein Werk überdimensionalen Ausmaßes - ganze drei Stunden dauert es - und voll opernhafter Dynamik. So ist die Matthäus-Passion bis heute einzigartig, ja zu einem "Traum eines jeden Chores" geworden, so Ambrus weiter. Um die unterschiedlichen Themen darzustellen, gab Bach seinem Werk verschiedenste klangliche Facetten. Zunächst sind da die gewaltigen Turba-Chöre, die die aufgewühlten Menschenmassen verkörpern. Dabei wetteifern die beiden Gruppen miteinander, stehen sich Rede und Antwort, als ob das angestachelte Volk aus mehreren Ecken zugleich schreien würde, um dann im nächsten Augenblick wieder in einem weichen und tragenden Choral zusammenzufinden.

Hier interpretierte Bach Kirchenlieder, in denen er Frömmigkeit zum Ausdruck brachte. Der Evangelist Tobias Hunger führte fesselnd durch das Geschehen. Mit klarer Stimme und ausdrucksstarker Mimik tritt er teils als listiger Erzähler, dann wieder als trauernder Beobachter auf. Den "Schmerzensmann", als welcher Jesus im Matthäus-Evangelium gesehen wird, stellt Manuel Adt mit seinem tiefen Bass überzeugend dar. Und mit ruhiger Autorität fragt Burkhard Mayer als Pontius Pilatus "Bist du der Jüden König?".

Das laufende Geschehen wird immer wieder von Arien durchbrochen, die das Publikum innehalten lassen und in denen die Sänger eindringlich die Thematik aufgreifen. Die dem Freisinger Publikum bestens bekannten Solisten Beate Hariades (Sopran) und Nicholas Hariades (Altus), zupfen die hohen Töne der klagenden Passagen mit Leichtigkeit aus der Luft. Begleitet werden die Arien vom ständigen Lauf der Contiuogruppe, dem ununterbrochenen Takt Bachs.

Nicht nur das Publikum, auch die Musiker selber waren offenkundig erfüllt von der Musik. Es sei eine Freude gewesen, den Musikern zuzusehen, sagte eine begeisterte Zuschauerin. Denn, so Zoltán Ambrus, die Matthäus-Passion behandle nicht nur das geistliche Thema, sondern das, was "mit unserem eigenen Dasein verbunden ist".

© SZ vom 16.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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