Freising:Aufruhr im Netz

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Wie der AfD-Abgeordnete Huber eine Meldung hochspielt, die von der Polizei aus gutem Grund nicht veröffentlicht wurde

Von Nadja Tausche, Freising

Der Fall eines demolierten Taxis am Freisinger Bahnhof sorgt für Aufruhr. Bereits am vergangenen Donnerstagmorgen hatte ein Mann mit einem Ast und einem Stein auf die Frontscheibe eines am Bahnhof wartenden Taxis eingeschlagen, weil der Fahrer ihn nicht mitnehmen wollte. Weil es sich bei dem Täter um einen Asylbewerber handelte, griff der AfD-Bundestagsabgeordnete Johannes Huber das Thema am Samstagmorgen auf. Im sozialen Netzwerk Facebook postete er unter anderem ein Video, in dem die Festnahme des Mannes durch die Polizei zu sehen ist. Dazu ist die Stimme eines Anwesenden zu hören, der die Abschiebung des Geflüchteten fordert.

Die Freisinger Polizei hatte den Vorfall ursprünglich nicht öffentlich gemacht, weil sich der Täter in einer "psychischen Ausnahmesituation" befunden habe, erklärte der stellvertretende Leiter der Polizeiinspektion Freising, Michael Ertl, am Montag. In einem solchen Fall gebe man grundsätzlich keine Pressemitteilung heraus: "Jeder Mensch hat bestimmte Persönlichkeitsrechte", sagte er. Am Montag hat sich die Polizei schließlich doch dazu entschieden, den Fall öffentlich zu machen. Grund ist Ertl zufolge das große öffentliche Interesse - das nicht zuletzt Huber geweckt hat. Die Aufmerksamkeit kommt unter anderem dadurch zustande, dass mehrere Seiten Hubers Beitrag übernommen haben. So teilt unter anderem die Plattform "Journalistenwatch" den Beitrag, die als rechtspopulistisch eingestuft wird.

Als er den Beitrag am Samstag verfasst habe, sagte Huber am Montag auf Nachfrage, habe er von dem psychischen Zustand des Täters nichts gewusst. Erfahren habe er von dem Vorfall über verschiedene Gruppen auf den Nachrichtenplattformen Whatsapp und Telegram. Dort sei auch das Video geteilt worden, das Huber auf Facebook gepostet hat. Die Nachricht habe sich dort "rumgesprochen wie ein Lauffeuer", meint er. Obwohl Huber mittlerweile weiß, dass die Polizei Menschen in einem Zustand wie dem des Täters eigentlich schützen will, findet er das Posten des Videos richtig. Es sei "notwendig, für Aufklärung zu sorgen", sagt er. Huber findet, es bestehe ein allgemeines öffentliches Interesse an der Sache und sagt, auf die Taxifahrer müsse auch jemand aufpassen.

Unter Hubers Beitrag auf Facebook haben seit Samstag Hunderte Nutzer kommentiert, mit teils rassistischem Inhalt. Die drastischsten Kommentare sind zwar mittlerweile gelöscht worden - einer seiner Mitarbeiter moderiere die Kommentare, so Huber. Die Beiträge standen aber über das Wochenende für jeden einsehbar auf der Seite. Auch jetzt sind dort noch hetzerische Inhalte zu lesen. In einigen Kommentaren werden zudem die Medien dafür kritisiert, nicht von dem Vorfall berichtet zu haben. Auch Huber selbst merkt das im Post an.

Der Täter ist unter den Taxifahrern laut Freisinger Polizei bereits als "Zechpreller" bekannt. Am vergangenen Montag hatte der 22-jährige Nigerianer einem Taxifahrer das Nasenbein gebrochen, als dieser sich geweigert hatte, ihn mitzunehmen. Er war auf dem Weg in seine Unterkunft gewesen und hatte kein Geld dabei. Diesen Vorfall hatte die Polizei öffentlich gemacht, die Freisinger SZ hatte ihn ebenfalls gemeldet.

In seinem Facebook-Beitrag spricht Huber von drei demolierten Taxis, laut Polizei war es nur eines. Auch der Tatzeitpunkt stimmt nicht. Huber sagt, er habe bei der Polizei angerufen, um sich nach dem Vorfall zu erkundigen. Polizeihauptkommissar Ertl will einen möglichen Anruf von Huber nicht kommentieren. Er sagt aber, über Menschen mit psychischen Problemen gebe die Polizei grundsätzlich keine Auskunft - weder der Presse noch Politikern oder Privatpersonen.

Das Video von der Festnahme des Mannes ist noch immer auf der Facebook-Seite des Bundestagsabgeordneten zu sehen. Huber betont, alle Persönlichkeitsrechte gewahrt zu haben, man sehe schließlich keine Gesichter. Der Täter ist nach der Tat in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen worden.

© SZ vom 30.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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