Frauenhaus Erding:"Ganz furchtbar"

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Helga Stieglmeier und Ulla Dieckmann kritisieren die Kündigung des Trägers mit scharfen Worten

Von Florian Tempel, Erding

Seit 25 Jahre betreibt der Sozialdienst katholischer Frauen München (SkF) das Frauenhaus für den Landkreis Erding und seit zehn Jahren die Interventionsstelle für Opfer häuslicher Gewalt. Am Dienstag wurde bekannt, dass Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) dem Sozialverband den langjährigen Vertrag als Träger des Frauenhauses aufgekündigt hat - weil er ein kostengünstigeres Frauenhaus haben will. Es war eine einsame Entscheidung, die Bayerstorfer zuvor in keinem politischen Gremium des Landkreises mit anderen diskutiert hat.

Die Fraktionsvorsitzende der SPD im Kreistag, Ulla Dieckmann, kritisiert die Kündigung des Vertrags als "nicht hinnehmbar". Die angebliche Unwirtschaftlichkeit des bisherigen Trägervereins sei nicht nachvollziehbar. Grundsätzlich sei der Landkreis Erding sowieso "ein finanziell gesunder Landkreis, in dem die Finanzierung eines Frauenhauses eigentlich gar kein Thema sein dürfte". An der fachlichen Arbeit und der Qualität des Frauenhausens und seiner Mitarbeiterinnen habe es bislang keine Kritik gegeben, sagt Dieckmann. Zudem sei die Höhe der Zuschüsse, mit denen der Landkreis die Existenz der Einrichtung sicherstellt, in den vergangenen Jahren nie beanstandet worden. Warum auch, "es gab keine Steigerung".

Helga Stieglmeier, Fraktionssprecherin der Grünen, sagte, "ich finde das ganz furchtbar, weil der Sozialdienst katholische Frauen hervorragende Arbeit geleistet hat". Dass durch die Kündigung zugleich auch die weitere Existenz der Interventionsstelle infrage gestellt sei, mache die Sache doppelt bitter. Die Signale die Bayerstorfer aussende, seien fatal. Stieglmeier verweist auf die von der CSU geführte bayerische Staatsregierung, die erst unlängst erkannt und betont habe, "dass Frauenhäuser mehr Unterstützung brauchen".

Der Forsterner Bürgermeister und Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Kreistag, Georg Els, sieht die ganze Sache nicht so dramatisch. Er hält es für gut möglich, dass der SfK bei der Neubewerbung um das Frauenhaus Erding dann auch wieder den Zuschlag erhalte, weil er mit besonderer Erfahrung und Kompetenz punkten könne. "Ich gehe davon aus, dass sich gar nicht viel ändern wird."

Der Taufkirchener Bürgermeister Franz Hofstetter (CSU), der seit kurzem auch Kreisvorsitzender des Roten Kreuzes (BRK) ist, bestätigte, dass Landrats Bayerstorfer angefragt habe, ob das BRK das Frauenhaus womöglich weiterführen wolle: "Wir würden das schon machen, aber nicht, weil wir wen anderes rausdrängen wollen." Ob das BRK den Betrieb des Frauenhauses wirtschaftlich günstiger gestalten könne, wusste Hofstetter nicht zu sagen. Es gebe dazu noch keine Zahlen, "wir arbeiten an einem Wirtschaftsplan". Ähnliches sagte Fritz Steinberger (SPD), der Kreisvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Berechnungen zu den Kosten gebe es noch keine. Die AWO Erding würde prinzipiell aber auch das Frauenhaus betreiben können und das dann eventuell gemeinsam mit dem Dachauer AWO-Kreisverband tun, um "Synergieeffekte zu nutzen". Mit der oberbayerischen AWO-Vorsitzenden, der Ottenhofener Bürgermeisterin Nicole Schley (SPD), habe er noch nicht über das Thema gesprochen. Schley sagte de SZ, sie halte einen Trägerwechsel beim Frauenhaus Erding nicht für richtig und Bayerstorfers Kündigung für eine falsche Entscheidung.

Laut Aussage der Geschäftsführerin des gekündigten Sozialdienstes katholischer Frauen, Elke Prumbach, will Bayerstorfer eine Kostenreduzierung um etwa ein Drittel. Das sei für ihren Verband unmöglich, sagte Prumbach. Die Personalkosten des SkF, seien höher als anderswo, da im Frauenhaus Erding sehr erfahrene Mitarbeiterinnen angestellt sind, die laut dem Tarifvertrag entsprechend ihrer großen Berufserfahrung höher entlohnt werden.

Auch im Ordinariat des Erzbistums München-Freising registriert man die Kündigung des SfK als Träger des Erdinger Frauenhauses mit einem gewissen Unverständnis. Andrea Thiele, die Leiterin der Abteilung Soziale Verbände und Träger im Erzbischöflichen Ordinariat, schreibt: "Besonders wichtig ist den kirchlichen Trägern generell eine hohe Qualität und Professionalität des Hilfeangebots."

© SZ vom 06.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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