Flughafentangente Ost:Gefährliche Verkehrsader

Lesezeit: 3 min

Die Straße ist für das starke Verkehrsaufkommen nicht geeignet. Immer wieder kommt es zu Unfällen nach den gleichen Mustern.

Von Florian Tempel, Erding

Am Freitagmittag verschickte das Polizeipräsidium Oberbayern Nord die Verkehrsbilanz mit den Zahlen und Daten zu den Unfällen des vergangenen Jahres. Der Tenor der Bilanz: alles im normalen Rahmen. Nur wenige Stunden später holte die Realität die Statistiken ein. Bei einem schrecklichen Verkehrsunfall auf der Flughafentangente Ost (FTO) starb am Samstagmorgen eine Frau, neun weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Erst fünf Tage zuvor waren auf der Flughafentangente drei Menschen schwer verletzt worden. Passiert auf der FTO besonders viel? Die Verkehrsbilanz der Polizei bietet nur einen Überblick, listet aber nicht einzelne Straßen als Unfallorte auf. Doch die gesammelten Polizeimeldungen eines Jahres zeigen, dass die FTO tatsächlich eine gefährliche Straße ist. Fast jeden Monat kommt es auf ihr zu schweren Unfällen.

Nur eine Stufe unter der Autobahn

Anton Altmann, der Leiter der Polizeiinspektion Erding, kann sich zwar nicht spontan an alle einzelnen Unfälle erinnern, weiß aber sehr genau, aus welchen Gründen sie auf der FTO passieren. Die Flughafentangente ist eine sogenannte Kraftfahrstraße. Das ist nach der Kategorisierung der Straßenverkehrsordnung nur eine Stufe unter einer Autobahn. Auf die FTO dürfen nur Fahrzeuge, die mindestens 60 Stundenkilometer fahren können. Mofas und Traktoren sind ausgeschlossen, es soll ja zügig vorangehen. Außerdem hat die Flughafentangente Auf- und Abfahrten, die ähnlich und doch ganz anders als bei einer Autobahn sind. Die Beschleunigungsstreifen zum Einfädeln sind viel kürzer und an ihrem Ende geht kein Standstreifen weiter. Der wesentliche Unterschied zu einer Autobahn aber ist, dass die FTO in beide Richtungen nur je eine Fahrbahn hat. Die Fahrspuren sind nicht getrennt, sieht man von der fast überall durchgezogenen weißen Linie in der Fahrbahnmitte ab.

Aus der Art und Weise, wie die Flughafentangente als eine kleine, aber unechte Autobahn daherkommt, erklären sich auch drei wiederkehrende Ursachen für Unfälle. Ein Grund sind gefährliche Überholmanöver. Es sind jedoch nicht immer nur rücksichtslose Raser, die auf diese Weise Unfälle verursachen. Am 21. November 2018 kollidierte auf der FTO ein Krankenwagen im Blaulichteinsatz, der gerade einen Lastwagen überholte, auf der Gegenfahrbahn mit einem Kleinbus. Fünf Menschen wurden verletzt.

Ohne Standstreifen

Ein zweiter Grund für Unfälle auf der Tangente ist, dass es keinen Standstreifen gibt. Bei dem schweren Unfall mit drei Schwerverletzten vor einer Woche war ein Autofahrer ins Bankett gekommen und hatte zu stark gegengesteuert. Am 31. Dezember 2018 war es zu einem Frontalcrash mit zwei Verletzten gekommen, weil ein Lastwagen am Straßenrand mit einer Panne liegen geblieben war.

Ein dritter FTO-Unfalltyp sind Kollisionen von Fahrzeuge beim Auffahren, so wie bei dem tödlichen Unfall am Samstag. Erst am 19. November 2018 war es ebenfalls durch missglücktes Einfädeln zu einem ähnlichen Unfall gekommen. Ein Auto drückte ein anderes seitlich auf die Gegenfahrbahn, wo dieses frontal mit einem Lastwagen zusammenstieß. Alle Beteiligten hatten jedoch viel Glück, es gab hohen Sachschaden, aber niemand wurde schwer verletzt.

"Von Anfang an zu klein gebaut"

Dass es auf der FTO so oft zu den besonders gefährlichen Frontalzusammenstößen kommt, liegt natürlich auch am hohen Verkehrsaufkommen. Dass auf der Straße viel los ist, dürfe freilich niemanden wundern, sagte Altmann. Das sei doch klar bei "einer Verbindung von zwei Autobahnen und einem Flughafen". Eigentlich sei sie von Anfang an zu klein gebaut worden, findet Altmann. Ein geplanter Ausbau auf vier Spuren zwischen Erding und dem Flughafenzubringer soll dezidiert "zur Erhöhung der Verkehrssicherheit" beitragen, wie man in der Projektbeschreibung lesen kann. Südlich von Erding soll sie nur mit einer dritten Spur erweitert werden. Die geplanten "wechselseitigen Überholfahrstreifen" sollen dem "Abbau des vorhandenen Überholdrucks und damit der Erhöhung der Verkehrssicherheit" dienen.

Die polizeiliche Verkehrsbilanz für das Jahr 2018 weist einen Anstieg aller Unfälle im Landkreis Erding vom Ausparkrempler bis zum Frontalzusammenstoß um 3,7 Prozent auf erstmals mehr als 5000 Unfälle aus. Neun Menschen starben im vergangenen Jahr bei einem Verkehrsunfall. Das sind zwar fünf mehr als im Vorjahr, aber im langjährigen Vergleich nicht außergewöhnlich viele Verkehrstote. Die Zahl der Verletzten ist auf 776 leicht zurückgegangen. Auch dieses Zahl ist im Zehn-Jahres-Vergleich nicht hoch. Unfälle wegen zu hohen Tempos und unter Alkoholeinfluss blieben ebenfalls im langjährigen Rahmen. Weiter zugenommen hat die Unfallflucht.

© SZ vom 26.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: