"Farbenspiel":Malen mit Licht und Schatten

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Robert Grundler hat schon als Kirchenmaler gearbeitet und Kulissen für die Bayerische Staatsoper gestaltet. Erfüllt hat ihn das nie. Nun betreibt er in Isen ein eigenes Atelier und bekommt so manchen ungewöhnlichen Auftrag

Von Franziska Hartmann, Isen

Wer nach einem zweistündigen Gespräch mit Robert Grundler nach Hause fährt, hat das Gefühl, die Welt mit wacheren Augen zu sehen. Der glaubt, den klaren Abendhimmel zum ersten Mal in seiner ganzen Pracht wahrzunehmen, den Einfall der Sonnenstrahlen in der baumbestandenen Allee erst jetzt zu bemerken. "Malen, das ist vor allem das Sehen von Licht und Schatten", sagt Grundler, der Besitzer des Isener Ateliers "Farbenspiel".

Etwas mehr braucht es aber schon, um wie der ausgebildete Kirchenmaler Grundler von der Malerei leben zu können und sich zum Beispiel an Deckengemälde im Stil des berühmten venezianischen Malers Giovanni Battista Tiepolo heranzuwagen. Einmal bat ihn der Vater eines seiner Malkurs-Kinder um ein Deckenbild für sein Haus. Der Auftraggeber hatte eine Vorliebe für sakrale Motive, Grundler hatte das Können und eine Begeisterung für den Barock-Maler Tiepolo. Drei Wochen brauchte Grundler für seine Adaption Tiepolos, inklusive Skizzenzeichnung, Grundierung und der finalen, farbigen Ausarbeitung. "Ein Tiepolo für Isen", sagt Grundler und lacht. "Wer hätte das gedacht?"

Er hat schon viel ausprobiert, viele Stilrichtungen, Maler und Kulturen kennengelernt. Aber irgendwann war die Zeit reif, sich selbständig zu machen. Mit seiner Familie hatte Grundler sich da gerade in Isen niedergelassen. "Reiner Zufall, dass ich hier gelandet bin. Reiner Zufall, dass ich mein Atelier hier habe." Das erste eigene Atelier. Ein dunkler Raum in einem Isener Hinterhof. Genug für den Anfang, sagt der Maler. Mittlerweile ist er direkt gegenüber in größere Räume einer ehemaligen Autowerkstatt umgezogen. Das meiste dort hat er selbst eingerichtet und ausgebaut. Hier arbeitet Grundler, hier gibt er Malkurse für Kinder und Erwachsene, hier trifft sich abends seine Malgruppe. Ein bunt gemischter Haufen malbegeisterter Frauen. "Ja, ein bisschen männliche Verstärkung würde ich mir schon manchmal wünschen", sagt Grundler schmunzelnd. "Männer lassen sich nicht so gerne korrigieren und dreinreden." Dabei wäre Grundler durchaus ein kompetenter Lehrer, der über ausreichend Erfahrung verfügt.

Eigentlich wollte Robert Grundler Kommunikationsdesign studieren. Weil er keinen Platz bekam, widmete er sich der Malerei. (Foto: Franziska Hartmann)

Nach dem Besuch der Fachoberschule für Gestaltung wollte der Münchner eigentlich Kommunikationsdesign studieren. Wie viele seiner Mitabsolventen bekam er keinen Platz. "Ich fand das damals schon komisch, da geht man extra auf die Fachoberschule für Gestaltung und dann nehmen sie nur zwei. Aber irgendwie war das wohl dann doch Schicksal", sagt Grundler heute. Er ließ sich nicht beirren, orientierte sich neu, bewies vor allem Hartnäckigkeit: Ein Jahr lang rief er einmal wöchentlich in einem Münchner Malerbetrieb an, bis der Inhaber schließlich ein Einsehen hatte, Grundler einstellte und zum Maler, Lackierer und Kirchenmaler ausbildete.

Grundler durfte als Auszubildender und später als Geselle an spannenden Projekten mitarbeiten. So war sein damaliger Betrieb beispielsweise mit der Neugestaltung der Innenflächen aus Gemälden und Ornamenten der Arkaden des Münchner Maximilianeums, Sitz des Bayerischen Landtags, betraut. Noch immer gebe es gerade in Bayern mit seinen vielen Sakralbauten genügend Aufträge für Kirchenmaler, glaubt Grundler.

Er selbst fand aber auf Dauer keine Erfüllung: "Als Kirchenmaler steht man meist vor vollendeten Tatsachen. Die Dinge sind schon da - meist in einem miserablen Zustand. Der Kirchenmaler reinigt, konserviert, restauriert und retuschiert. Wenn er denn darf. Meistens darf er nur reinigen und konservieren."

Von der Skizze zum fertigen Deckengemälde: Robert Grundler benötigte drei Wochen für seine Adaption des berühmten venezianischen Malers Giovanni Battista Tiepolo. (Foto: Privat)

Er suchte sich etwas anderes, bewarb sich als Theatermaler, arbeitete zehn Jahre lang als Kulissen- und Bühnenmaler in den Poinger Werkstätten der Bayerischen Staatsoper. Der damalige Intendant der Staatsoper, der Brite Sir Peter Jonas, brachte viele Regisseure und Bühnenbildner aus seiner Heimat mit nach Bayern. Grundler kam dadurch mit völlig neuen Stilen und Techniken in Berührung. Und mit klassischer Musik. Obwohl Grundler an der Oper wieder selbst malen konnte, fehlte ihm die kreative Herausforderung. "Beim Regisseur ist es noch Kunst. Wenn die Vorgaben dann beim Maler ankommen, ist es leider nur noch öffentlicher Dienst. Für eigene Kreativität ist da wenig Platz." Also wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit.

Ganz leicht fiel ihm das nicht: "Mit zwei Kindern und Familie gibt man nicht einfach so seine Anstellung auf." Aber bereut hat er die Entscheidung nicht. Gerade hatte die Truppe eine Ausstellung im Klinikum Erding. Kirschblütenmotive auf goldenem Hintergrund. Dazu tausend Origami-Schwäne, die in Japan zur Genesung verschenkt werden. Und Hähne. Neben seinen Kursen übernimmt Grundler verschiedene Aufträge. Er gestaltet Innenräume malt Wandbilder und Gemälde. Gelegentlich stellt er selbst aus. Für ein japanisches Theater malte er die Kulissen. Für das Aufspannen der 25 auf 50 Meter große Leinwand musste er in die Isener Mehrzweckhalle ausweichen. Ein Spezialunternehmen transportierte die fertige Arbeit dann an ihren Bestimmungsort.

Robert Grundler hat schon viel ausprobiert, viele Stilrichtungen, Maler und Kulturen kennengelernt. Hier die vervollständigte venezianische Adaption. (Foto: Privat)

Infos zum Atelier "Farbenspiel" gibt es online unter www.farbenspiel-isen.de

© SZ vom 25.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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