Experte empfiehlt Drück- und Erntejagden:Schlaflose Nächte wegen der Schweinepest

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Von infiziertem Schweinefleisch, das zu Rohwurst verarbeitet wurde, geht derzeit die größte Gefahr aus. Schilder warnen daher an den Autobahnen. (Foto: dpa)

Zur Prävention schießen die Jäger so viele Wildsauen wie noch nie. Manche fordern sogar Nachtzielgeräte

Von Thomas Daller, Isen

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) bereitet den Schweinezüchtern und -mästern schlaflose Nächte. Sie ist in Teilen Osteuropas ausgebrochen und ganz aktuell ist am 13. September ein Fall in Belgien aufgetreten. Sollte sie sich weiter nach Deutschland ausbreiten, drohen ein Importverbot und der wirtschaftliche Schaden würde in die Milliarden gehen. Der Kreisjagdverband und die Arbeitsgemeinschaft Schwarzwild im Landkreis Erding haben anlässlich der steigenden Bedrohung in Isen eine Informationsveranstaltung abgehalten, bei der sie über Maßnahmen zur Wildschweinbekämpfung berichteten. Die Tiere können sowohl an ASP erkranken als auch Hausschweine damit anstecken. Deswegen sollen die Jäger möglichst viele dieser Tiere schießen, fordern die Landwirte, um diesen Übertragungsweg einzuschränken.

Im aktuellen Fall in Belgien sowie bei einem Fall im Nachbarland Tschechien gehen die Fachbehörden davon aus, dass nicht Wildschweine die Krankheit übertragen haben, sondern weggeworfene Fleischabfälle, insbesondere Rohwurst, den Erreger in Inselpopulationen eingeschleppt haben. Mit mehrsprachigen Schildern wird derzeit an Autobahnraststätten auf diese Gefahr hingewiesen. Zudem stehen seit Beginn des Jahres auch die Jäger unter Druck, die Wildschweinpopulation einzudämmen. Das sei auch geschehen, sagte der Vizepräsident des bayerischen Jagdverbandes, Thomas Schreder, der zugleich Vorsitzender des Kreisjagdverbandes Erding ist. Bayernweit seien 2018 bislang 95 000 Wildschweine geschossen worden, so viel wie noch nie. Im Landkreis waren es etwa 250; "wir sind kein Hotspot", sagte Schreder. Allerdings gehen die Jäger davon aus, dass sich die Tiere aufgrund der für sie idealen Bedingungen bald enorm vermehren könnten. Auf eine "unfassbare Obstflut" folge nun eine Eichelmast in seltener Fülle, sagte Max-Peter Graf von Montelas, Fachreferent des Bayerischen Jagdverbandes: "Schwarzwild kann wie keine andere Wildart Energie in Nachwuchs umsetzen."

Rudi Brandl, Lehrbeauftragter für Jagdmanagement, riet deswegen den Jagdbeauftragten im Landkreis Erding und den angrenzenden Landkreisen, die zu Gast waren, ihre Taktik zu ändern: "Eine Begrenzung über die Einzeljagd funktioniert nicht. Dafür sind die Viecher zu schlau. Bei einer Zehner-Rotte wird ein Tier geschossen und neun haben was gelernt." Brandl empfahl Drück- und Erntejagden, die aufwendiger, aber weitaus effizienter seien. Schreder ergänzte, dass im Landkreis Erding noch keine revierübergreifenden Drückjagden stattgefunden hätten.

Dr. Karin Deischl, neue Leiterin des Fachbereichs Veterinärwesen im Landratsamt, erläuterte unter anderem, dass das Landratsamt in Kürze eine Drohne erwerbe, die man auch für Erntejagden zur Verfügung stelle. Außerdem habe man zwei Genehmigungen für Saufänge im Bereich Isen erteilt, die aber bislang noch nicht in Anspruch genommen worden seien.

Einzelne Jäger und Landwirte waren der Auffassung, es sei am effizientesten, die Tiere mit Nachtsichtgeräten zu erlegen. Bayernweit seien dafür schon 400 Ausnahmegenehmigungen erteilt worden, sagten sie und kritisierten den anwesenden Landrat Martin Bayerstorfer (CSU), warum er noch keine Ausnahmegenehmigung erteilt habe. Bayerstorfer sagte, das sei nicht unmöglich, aber es gebe dafür sehr strenge rechtliche Vorgaben. So müsse ein Ausnahmetatbestand vorliegen wie beispielsweise in manchen Landkreisen Nordbayerns, wo 5000 Wildschweine pro Jahr erlegt würden und nicht 250, wie im Landkreis Erding.

Außerdem müsse nachweislich vorher alles ausgeschöpft werden, was an anderen Möglichkeiten zur Verfügung stehe: Solange es beispielsweise noch keine Drückjagden im Landkreis Erding gegeben habe, seien ihm rechtlich die Hände gebunden. Denn im Bundeswaffenrecht seien Nachtzielvorsatzgeräte ein Verbotstatbestand, für die es bei der Jagd nur Ausnahmen gebe, wenn der Jäger im "hoheitlichen Auftrag" des Staatlichen Landratsamtes agiere. Wenn dabei beispielsweise nicht genauestens rechtskonform gehandelt werde, sei er als Landrat haftbar für Verfehlungen.

© SZ vom 22.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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