Landkreis Erding:Investition in den Klimaschutz

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Auf dem Dach der Herzog-Tassilo-Realschule wurde vor einem Jahr eine Photovoltaikanlage installiert. Die Anlage hat eine maximal mögliche Leistung bei idealen Verhältnissen von 70 kWp (Kilowatt Peak). Sie ist für den Eigenverbrauch der Schule konzipiert, nur der Überschuss soll ins öffentliche Netz eingespeist werden. (Foto: Stephan Görlich)

Die "Energievision Landkreis Erding" erwägt die Gründung einer eigenen Projektgesellschaft zum Betrieb von Photovoltaik- oder Windkraftanlagen. Ein Klimaschutznetzwerk soll den Erfahrungsaustausch fördern.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Selbsterzeugte Energie für den Landkreis und nachhaltige Projekte sollen künftig an vorderster Stelle stehen bei der Gesellschaft "Energievision Landkreis Erding Projektentwicklung" (EVE GmbH). Das hätten im Sommer die Gesellschafter - 26 Kommunen und der Landkreis - gefordert, sagte Landrat Martin Bayerstorfer am Mittwoch bei seiner Jahrespressekonferenz. "Die EVE hat neue Bedeutung bekommen, nämlich die alte", sagte Bayerstorfer weiter. Auslöser sei Aushebelung der bisherigen 10-H-Abstandsregelung bei Windkraftanlage. Die Gemeinden müssen nun Teilflächennutzungspläne für Windkraftstandorte ausweisen. Dabei kann der Landkreis auf die Vorarbeit der EVE 2013 aufbauen.

Christian Pröbst (Bürgermeister Markt Wartenberg), einer der drei Geschäftsführer neben Christoph Ruthner (Geschäftsführer der Stadtwerke Erding) und Nadia Fussari (Abteilungsleiterin Zentrale Angelegenheiten am Landratsamt Erding), berichteten von den Beschlüssen in zwei Gesellschafterversammlungen. 2023 werde man die bereits vorhandenen Projekte für Photovoltaikanlagen weiter vorantreiben. So soll im nächsten Jahr zum Beispiel die Baugenehmigung für den "Solarpark Deponie Isen" Anfang des Jahres erfolgen. Für das Projekt sei bereits ein Ingenieurbüro beauftragt und der Vertrag mit den Staatsforsten sei unterschrieben. Ebenfalls in Planung sei eine große Fotovoltaikanlage auf dem Dach des Recyclinghofes Erding (circa 190 Kilowattstunden Nennleistung), auf der Katharina-Fischer-Schule (18 Kilowattstunden) und auf dem Anne-Frank-Gymnasium.

24 Gemeinden im Landkreis haben Interesse an einer Teilnahme an dem Netzwerk geäußert

Eine der Aufgaben der Gesellschaft solle zudem künftig sein, ein kommunales Klimaschutznetzwerk im Landkreis zu etablieren, sagte Pröbst. Ein diesbezüglicher Förderantrag sei bereits im Dezember 2021 gestellt worden, eine Zusage liege aber vom Zuschussgeber, dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), noch nicht vor. Da es eine Vielzahl von Anträgen gebe, sei es schwer, Angaben zum möglichen Beginn zu treffen. Das kommunale Klimaschutz-Netzwerk soll Möglichkeiten schaffen, um Kräfte und Ressourcen zu bündeln, Handlungsoptionen zu identifizieren sowie den Erfahrungsaustausch unter den Kommunen zu intensivieren. 24 Gemeinden im Landkreis haben laut Landratsamt bereits Interesse an einer Teilnahme an dem Netzwerk geäußert.

Die EVE will sich künftig aber nicht nur mit der Projektierung von Anlagen beschäftigen, sondern will Photovoltaik- oder Windkraftanlagen selber betreiben. Dazu soll eine eigene Projektgesellschaft gegründet werden, sagte Christian Pröbst. "Anders geht es nicht. Wir können auch nicht alle Gesellschafter der EVE dazu zwingen, dass sie investieren. Jede Gemeinde kann dann für sich selber entscheiden, ob sie in ein Projekt finanziell einsteigen will."

Bei der Windkraftanlage bei Auerbach sind die Standortsicherungsverträge bereits unterschrieben

Eines der Projekt ist eine Windkraftanlage bei Auerbach im Markt Wartenberg. Mit den Eigentümern seien die beiden Standortsicherungsverträge bereits unterschrieben und die Wirtschaftlichkeitsberechnung wurden laut Landratsamt mit den neuen Pachtzinsvorstellungen neu berechnet. Im Ergebnis komme man nun derzeit auf eine Eigenkapital-Rendite von rund 5,4 Prozent. Auch die Prüfung der luftfahrtrechtlichen Belange (militärisch und zivil) ist erfolgt, das Bayernwerk habe eine Stelle zur Einspeisung in das Stromnetz zugewiesen. Die Windkraftanlage so laut Pröbst inklusive der nötigen Stromtrasse rund sieben Millionen Euro kosten. Mit einer Nabenhöhe von 160 Meter und einem Rotordurchmesser von 130 Meter soll das Windrad eine Nennleistung von rund 4,2 Megawatt erzielen, neun Millionen Kilowattstunden im Jahr liefern.

Ein weiteres großes Vorhaben 2023 steht im direkten Zusammenhang mit der Nutzung der Windkraft. Dazu ist primär eigentlich 2013 die EVE gegründet worden: für die Realisierung von Windkraftanlagen. Im Sommer 2013 wurde dann ein "Gemeinsamer Teilflächennutzungsplan Wind" des Landkreises von allen Kommunen abgesegnet. Der Plan enthielt 13 Flächen für Windkraftanlagen. 2014 kam dann der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und erließ die H-10-Regelung. Eine Windkraftanlage musste im Freistaat von Wohnbebauung zehnmal so weit entfernt sein, wie sie hoch ist. Das war erstmal das Aus. Doch vom Bund wurde diese Regel jetzt gekippt und bis 2027 muss nun 1,1 Prozent der Landesfläche - das sind in Bayern etwa 776 Quadratkilometer - für Windkraft ausgewiesen werden, bis Ende 2032 sogar 1,8 Prozent. Auch der Landkreis Erding muss nun einen "Teilflächennutzungsplan" für Windkraftstandorte ausweisen. Und dies soll einheitlich für den Landkreis erfolgen, mit einheitlichen Abständen. Denn einzelnen Kommunen dürfte es teilweise schwer fallen, die Prozentregelung einzuhalten. Zum Beispiel auch wegen der Einschränkungen durch den Flugverkehr. Ein externes Büro soll mit der Erarbeitung des Planes beauftragt werden.

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