Evangelische Hochschulgemeinde:Raus aus der Wegwerfgesellschaft

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Der Freisinger Ortsverband von "Fridays for Future" organisiert erstmals eine Kleidertauschparty. Es kommen mehr Teilnehmer, als erwartet. Übrig Gebliebenes wird an das Gebrauchtwaren-Kaufhaus "Rentabel" gespendet

Von Laura Dahmer, Freising

Noch ein paar mitgebrachte Kleider muss Luca-Marie Beck provisorisch an einem Brett aufhängen, ein Spiegel muss auch noch aufgestellt werden. Der Saal füllt sich langsam mit Menschen, Beck huscht schnell von links nach rechts, um noch die letzten Vorbereitungen zu treffen. Es ist das erste Mal, dass sie mit dem Freisinger Ortsverband von "Fridays for Future" eine Kleidertauschparty veranstaltet haben. Und es sind mehr Teilnehmer gekommen, als sie erwartet hat.

"Irgendwie ist das im Moment oft so: Man startet eine Sache und von allen Seiten kommt Unterstützung", sagt Beck lachend. Ob das daran liege, dass die Aktion das bekannte Etikett der Schülerbewegung trägt, die zurzeit in aller Munde ist? "Jein. Mein Eindruck ist, dass sich unter dem Deckmantel viele Aktivistengruppen zusammenfinden, die vorher getrennt voneinander agiert haben. Das zieht Leute", befindet sie. Dass die Studentin damit Recht hat, zeigen die Besucher, die sich nach und nach in der Evangelischen Hochschulgemeinde einfinden: Junge Familien mit Babys, Fridays for Future-Aktivisten, internationale Studenten. Unter ihnen Lina Giratá, die sich akribisch durch die Kleiderstapel arbeitet. Die Kolumbianerin studiert an der TU München in Weihenstephan und geht gerne auf Kleidertauschpartys. "Aus meinem Heimatland kenne ich das gar nicht", sagt die 32-Jährige. "Da ist es ganz selbstverständlich, dass man seine Klamotten entweder trägt, bis sie auseinanderfallen oder an Freunde und Verwandte weitergibt." Dass in Deutschland eher eine Wegwerfgesellschaft herrscht, war für die Studentin ein ganz schöner Kulturschock. "Dann habe ich Secondhandläden und diese Tauschaktionen kennengelernt - dass es das jetzt auch in Freising gibt, finde ich total super." Während sie redet, schweift ihr Blick ab, Richtung Kleider. "Mist, da hat mir gerade eins so gut gefallen, jetzt ist es schon weg!" Schnell begibt sich Giratá wieder auf die Suche, bevor ihr noch mehr weg ist.

Johann Zierer sitzt währenddessen etwas abseits auf einem Stuhl und begutachtet das Treiben. "Ich hab das Gefühl, das ist eher eine Mädchensache", sagt er etwas enttäuscht. Obwohl auch einige männliche Gäste dabei sind, liegen außer den von ihm mitgebrachten Klamotten nur ein paar Winterjacken da. "Aber es ist eine schöne Idee: Den Klamotten, die bei mir nur noch rumliegen, noch einmal Sinn und Zweck zukommen zu lassen." Auch wenn heute nichts für ihn dabei war, wiederkommen will der 28-jährige Student trotzdem. "Dann wird das vielleicht auch noch mehr Männersache", fügt er lächelnd hinzu.

Aber was hat denn Kleidertauschen eigentlich mit der Protestbewegung Fridays for Future zu tun? "Jeder kennt das ja: Man macht den Kleiderschrank auf und er quillt fast über mit Dingen, die man nie trägt", resümiert Beck. Anstatt die Kleidungsstücke wegzuschmeißen, kann sie jeder bei der Kleidertauschparty mitbringen und mit anderen tauschen. Übrig Gebliebenes wird an das Gebrauchtwaren-Kaufhaus Rentabel gespendet. "Aber es geht uns nicht nur um den Nachhaltigkeitsgedanken", so Beck. Man wolle zeigen, dass Fridays for Future mehr sein kann als nur "Teenies auf der Straße". "Wir wollen hier in Freising viele Veranstaltungen organisieren. Daraus soll ein sozialer Wandel werden, der sich durch alle Bevölkerungsschichten zieht." Auch Kleidertauschpartys sollen jetzt regelmäßig stattfinden.

© SZ vom 28.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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