Leistungsschau:Wohnen, arbeiten, spielen

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Im Rahmen der Architektouren stehen fünf weitere herausragende Häuser am Wochenende interessierten Erdingern offen

Gleich sechs Bauwerke sind es dieses Jahr, die der Öffentlichkeit bei den Architektouren 2015 im Landkreis Erding offen stehen. Um bei der beliebten Leistungsschau mitmachen zu können, müssen die Architekten sich bei der Bayerischen Architektenkammer bewerben, und die wählt dann die interessantesten Gebäude aus. In Erding sind heuer drei Wohnhäuser, zwei Kinderhäuser und ein historisches Gebäude dabei. Die Erdinger SZ gibt einen Überblick über Hintergründe und Öffnungszeiten der Gebäude. Weitere Informationen zu den Architektouren gibt es unter www.byak.de.

Schrannenhalle

Oft verstecken sich die Gebäude, die bei den Architektouren dabei sind, in Neubaugebieten oder am Ortsrand. Dieses Bauwerk kennt aber jeder, es ist nicht zu übersehen: Die Schrannenhalle zusammen mit dem Stadtturm Erding stehen für einen gefühlvollen Umgang mit dem historischen Erbe der Stadt. In den vergangenen Jahren wurde die Schrannenhalle vom Erdinger Architekturbüro AIP restauriert, die erhaltene historische Substanz freigelegt und die im Krieg verloren gegangenen Proportionen wieder rekonstruiert. Seitdem strahlt die Halle wieder in oxidrot - der Farbe, die vor dem Zweiten Weltkrieg angebracht wurde. Die Öffentlichkeit kann sich am Samstag, 27. Juni, um 10 Uhr und am Sonntag, 28. Juni, um 15 Uhr ein Bild von den Veränderungen machen.

Kinderhaus Mariä Verkündigung

Eingezogen sind die Kinder und ihre Betreuer schon im Laufe des vergangenen Jahres, im Oktober wurde im neuen katholischen Kinderhaus Mariä Verkündigung in Altenerding die offizielle Einweihung gefeiert. Der Vorgängerbau gleich nebenan in der Langen Feldstraße war marode, eine Renovierung hätte sich nicht gelohnt. Daher der Neubau, der von den Architekten Pollock und Gonzalo aus München realisiert wurde. Es ist ein flacher Bau geworden, mit einer Nutzfläche von knapp mehr als 600 Quadratmetern: Die Gruppenräume ordnen sich dabei um eine zentrale Halle mit natürlicher Beleuchtung an. Fast 90 Kinder werden nun in drei Kindergartengruppen und einer Krippengruppe in Altenerding betreut. Am Sonntag, 28. Juni, wird eine Führung durch das Gebäude angeboten. Sie beginnt um 11 Uhr, Treffpunkt ist am Haupteingang.

Montessori-Kinderhaus

Während sich der Kindergarten in Altenerding mit einem sehr kompakten, strengen Baukörper eher zurückhält, sucht sein Pendant in Klettham, das neue Kinderhaus des Montessori-Vereins, die große Geste: Das Gebäude setzt im Vergleich zur rechtwinkligen Einfachheit der umgebenden Bebauung auf ein wenig Verrücktheit - alles ist ein wenig schräg bei dem Gebäude. Klar an Bauwerke des Dekontruktivismus angelehnt, zieht sich das Kinderhaus in die Länge, rechte Winkel sind die Ausnahme, abfallende Linien und Dächer die Regel. Innen geht es ähnlich chaotisch-kreativ weiter. Das Haus ist ein Passivhaus, die Größe beeindruckt: 1130 Quadratmeter Nutzfläche hat das Haus, und es lädt zum Erobern ein: Das Gebäude ist ein halbes Geschoss nach unten versenkt und bietet so die Möglichkeit, das begehbare Dach zu betreten. Hier wird ein Blick über Erding geboten und ein weiterer Spielbereich geschaffen. Geplant hat das Haus die Architekturwerkstatt Vallentin, die Büros in Dorfen und München betreibt. Die Spezialisten für Passivhäuser sind keine Unbekannten im Landkreis: Vor gut zehn Jahren haben sie bereits die Montessori-Schule in Aufkirchen geplant, 2011 den neuen Kindergarten in Langenpreising und 2013 den Anbau eines Kindergartens in Dorfen. Das Montessori-Kinderhaus in Klettham steht am Samstag, 27. Juni, von 14 bis 16 Uhr offen.

Haus W in Isen

Während sich neue öffentliche Gebäude in Erding finden, stehen zwei Wohngebäude im östlichen Landkreis auf der Liste der Architektouren, die sich unter ihrer Motorhaube gar nicht so unähnlich sind, von außen aber sehr unterschiedliche Wirkungen erzielen. Das eine ist das "Haus für Zwei" in Dorfen (siehe Interview oben), das mit seiner offenen Glasfront beeindruckt, das andere ist das so genannte "Haus W" in Isen. Das Wohnhaus steht in einer Siedlung, die von Doppelhaushälften geprägt ist. Schon optisch fällt es aus seiner Umgebund heraus: Die Bauherren haben sich dazu entschlossen, statt zwei Hälften auf dem Bauplatz ein großes Haus zu bauen - wie in Eibach handelt es sich um ein reines Holzhaus. Die Fassade ist aber mit Lärchenholz gestaltet, ein Holz, das durch natürliche Verwitterung langsam seine Farbe ändert und dunkler wird. Diesen Prozess wollten Bauherren und Architekten (A2freising) beschleunigen, indem eine Lasur aufgebracht wurde. Der Effekt: Das Haus wirkt dunkel, die Bayerische Architektenkammer bezeichnet es sogar als "schwarzes Haus" - in dem jetzt eine vierköpfige Familie auf knapp 200 Quadratmetern Fläche wohnt. Am Sonntag, 28. Juni, kann man von 14 bis 17 Uhr einen Blick in die (durchaus hellen) Räume des schwarzen Hauses werfen.

Genossenschaftlicher Wohnungsbau

Wer sich dem Preisdruck bei Wohnraum nicht mehr beugen kann, der ist auch in Erding zunehmend auf Unterstützung angewiesen. In Erding sorgt seit Jahrzehnten die Baugenossenschaft für günstigen Wohnraum für jene, denen es finanziell nicht so gut geht. Und die Genossenschaft baut nach wie vor: 2005 wurde bereits ein Wettbewerb für den Bau von 51 genossenschaftlichen Wohnungen an der Beethovenstraße in Erding ausgelobt - die Sanierung der bestehenden Wohnungen aus den 50er-Jahren war unwirtschaftlich. Gewonnen hat die Planungsgruppe Heilmaier aus Erding: Dreistöckige Wohngebäude wurden in vier Bauabschnitten errichtet (damit die alten Mieter gleich umziehen können) und mit individuellen Wohnungsgrundrissen versehen. So konnten die Mieter entscheiden, welche Art von Grundriss sie wollten - offen oder jeder Raum für sich. Erschlossen werden die Wohnungen durch Laubengänge. Neben den Eingängen gibt es Sitzmöglichkeiten, so kann man, wenn man sozialen Kontakt wünscht, ein Schwätzchen mit den Nachbarn halten. Wer seine Ruhe will, setzt sich auf der anderen Seite der Wohnung auf den Balkon, mit Blick ins Grüne. Einen Einblick in die Wohnanlage geben die Architekten am Sonntag, 28. Juni, um 10.30 Uhr und um 15.30 Uhr.

© SZ vom 26.06.2015 / webe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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