Erding:Publikumsmagnet in der Bayernhalle

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Der Landkreis ist zum ersten mal mit einem Messestand auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin vertreten. Dabei erweist sich der Erdinger Weißbräu als hervorragender Partner: Der Besucherandrang übertrifft alle Erwartungen

Thomas Daller

Bei einem Messerundgang erörterte Landrat Martin Bayerstorfer (2. von links) mit Parteifreunden am Stand des Biogasverbandes neue Ideen für Erdinger Landwirte. (Foto: N/A)

Tete de Moine-Käse aus der Schweiz, Bourbon-Vanille aus Madagaskar, Russischer Kaviar, Känguru-Salami aus Australien, Masala aus Nepal und Austern aus Frankreich: Die Internationale Grüne Woche in Berlin gilt als die "größte Fresstheke" der Welt. Sie ist aber auch eine wichtige Tourismusbörse und nicht zuletzt eine Fachmesse der Landwirtschaft. 1630 Aussteller aus 67 Ländern präsentieren sich dort in 26 Hallen. Und der Landkreis Erding war das erste mal mit dabei.

Zusammen mit dem Erdinger Weißbräu, den Edelbrennern Franzl und Pointner und der "Anbietergemeinschaft Urlaub und Gäste auf dem Bauernhof im Münchner Osten" wirbt der Landkreis auf 30 Quadratmetern in der "Bayernhalle" um Touristen. Rund eine Million Übernachtungen hat der Landkreis allein im vergangenen Jahr registriert. Und dabei sind kleinere Anbieter mit weniger als zehn Betten noch gar nicht mitgerechnet. Das Deutsche Institut für Fremdenverkehr in München hat für den Raum Oberbayern Tagesausgaben der Übernachtungsgäste von 154,20 Euro ermittelt. Somit fließen durch den Tourismus jährlich mehr als 150 Millionen Euro in den Landkreis Erding. Und jedes Jahr werden es mehr: Der Landkreis Erding hat mit die höchste Steigerungsrate in ganz Oberbayern. Diesen dynamischen Wirtschaftsmotor hat Landrat Martin Bayerstorfer zur Chefsache erklärt und flog zur Premiere mit nach Berlin. Ein ganzer Tross begleitete ihn: Der Landtagsabgeordnete Jakob Schwimmer war mit dabei, Bezirksrat Franz Hofstetter, Gemeindetagssprecher Hans Wiesmair und Pamela Kruppa, Vorsitzende der Tourismusregion Erding. In Berlin stieß auch noch der Bundestagsabgeordnete Max Lehmer dazu. Gemeinsam wollten sie nicht nur erleben, wie der Erdinger Stand ankommt, sondern auch, wie sich die Konkurrenz präsentiert und was man dabei von anderen Regionen lernen kann. Und nicht zuletzt interessierten sich die Erdinger Politiker auch für den Stand des Biogasverbandes oder den einer Windparkgemeinschaft in Franken.

Die Messehallen waren am ersten Ausstellungswochenende gut frequentiert. 100 000 Besucher wurden an den ersten drei Tagen gezählt; bis zum Ende der zehntägigen "Grünen Woche" sollen es nach offiziellen Schätzungen rund 400 000 werden. Kein anderes Bundesland kann jedoch mit dem Andrang in der Halle 22b mithalten; der sogenannten "Bayernhalle". Das Geschiebe erinnerte an die Kaufingerstraße zur Vorweihnachtszeit. Sogar andere Aussteller versuchten sich auf bayerische Art anzubiedern: Eine Blaskapelle aus Schleswig-Holstein zog durch die Bayernhalle; ausstaffiert mit Kniebundlederhosen und Leinenhemden. Und eine Holländergruppe in Tracht spielte "Ja mia san mim Radl da."

Der Andrang am Stand des Landkreises Erding übertraf alle Erwartungen. 40, teilweise bis zu 50 Besucher scharten sich gleichzeitig um die Stehtische, ein Zwischengang war kaum noch passierbar. Die Messehostessen am Stand des Allgäus gegenüber legten eine Zwangspause ein, weil zeitweise kaum noch jemand zu ihnen durchkam. Die Sogwirkung ging vom Erdinger Weißbräu aus, der am Erdinger Stand in 0,33er-Gläsern Weißbier ausschenkte. Das Team, das aus Anneliese Gritscher, Helmut Altmann, Heinz Nätsch und Messe- und Veranstaltungsleiter Philipp Herold besteht, hatte auf engstem Raum jederzeit alles im Griff. Freundlich und zuvorkommend zapften sie wie ein Uhrwerk; mehr als eine Minute musste niemand anstehen. Allein am Samstagnachmittag füllten sie rund 750 Gläser.

Birgit Becker, die im Landratsamt für den Bereich Tourismus zuständig ist, findet die Zusammenarbeit mit der Weltmarke Weißbräu "einfach Klasse", "das sind Vollprofis". Die Infrastruktur, die der Weißbräu zum Stand mitgebracht habe, sei ausschlaggebend für den Messeerfolg: "Wie die ausgerüstet sind - das haben wir am Landratsamt gar nicht."

Und wenn sich so eine Traube gebildet hatte, kamen die Gäste auch mit den anderen Anbietern am Stand ins Gespräch. Beispielsweise mit Benedikt und Siglinde Pointner aus Isen, die ihre Edelbrände in Berlin präsentieren. Zusammen mit Andreas Franzl aus Oberkorb bei Dorfen, der sie am Mittwoch am Messestand ablösen wird, stehen sie für eine neue Generation von Premium-Obstbrennern. Franzl hat drei mal in Folge beim "World Spirits Award" den Titel als bester deutscher Edelbrenner in der Kategorie "reine Destillate" erhalten und belegt international den sechsten Gesamtrang und die Klassifizierung als "World-Class Distillery". Wenn Edelmarken wie Jaguar oder Davidoff ein Event veranstalten, werden dabei auch Premium-Obstbrände aus dem Landkreis Erding gereicht. Pointner bezeichnet Franzl als seinen Mentor und er selbst versteht es mittlerweile ebenfalls, hervorragende Edelbrände zu destillieren. Und weil Pointner auch eine Ausbildung zum Edelbrand-Sommelier absolviert hat, kann er den Messestand-Besuchern sehr anschaulich erklären, wie sich Premiumqualität von guter unterscheidet und woran man sie erkennt. Er hatte sichtlich Spaß daran, sie schnuppern und kosten zu lassen. Wenn auch noch ein Norddeutscher lobte "jetzt hab' ich wirklich was gelernt, das ist bayerische Kultur", dann leuchteten Pointners Augen und der Landkreis sammelte Pluspunkte.

Gabi Hofstetter vom "Kramerhof" in Taufkirchen warb unterdessen für die "Anbietergemeinschaft Urlaub und Gäste auf dem Bauernhof". 22 Mitglieder hat die Gemeinschaft, die seit 2005 besteht. "Die Leute sind interessiert und aufgeschlossen", sagte sie. Sie nutzte die Therme als Aufhänger, um mit den Messebesuchern ein Gespräch anzuknüpfen. Manche kannten sie bereits und fingen gleich an zu schwärmen. Den anderen drückte sie das Faltblatt in die Hand und freute sich, wenn sie beim Auseinanderklappen über die Größe des Bades staunten: "Das ist ja riesig!" Und manchmal kam es auch zur optimalen Konstellation in puncto Glaubwürdigkeit, wenn ein Messebesucher, der die Therme nicht kannte und einer, der sie bereits kannte, am Erdinger Stand aufeinandertrafen und der eine dem anderen erklärte, dass man die Therme unbedingt gesehen haben müsse; die sei "sensationell".

Die Gemeinschaft, sagte Gabi Hofstetter, bestehe überwiegend aus Häusern in der Kategorie unter zehn Betten und mit der Auslastung sei jeder ganz zufrieden. Ihre Gäste würden vor allem ein gutes Frühstück schätzen: "Der Preiß mag eine g'scheide Semmel, weil er daheim nur so Aufbackbrötchen kriegt und auch keine hausgemachte Marmelad'."

Plötzlich kam der bayerische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner vorbei und er durfte auch gleich für die Fotografen an der Weißbräu-Schenke ein Bier zapfen. Das machte er offenbar nicht zum ersten mal, wie man am Ergebnis sah. Auch Brunner war zufrieden: "Ehrlich ei'gschenkt. Ned wia beim Oktoberfest."

Immer mehr Bekannte trafen ein: die Sankt Wolfganger Apfelkönigin Veronika Lohmaier schaute vorbei, die Jungbauernschaft Altenerding zischte freudig ein paar kleine Biere und auch die Stoarösler, der Trachtenverein aus Dorfen, bereiteten sich mit rund 35 Leuten auf ihren Auftritt auf der Bayernbühne vor.

Die Politiker aus dem Landkreis brachen dann zu ihrem Rundgang auf. Beim Fachverband Biogas stand unter einer Plexiglashaube ein Modell einer Biogasanlage. Bevor einer der beiden Fachberater reagieren konnte, umriß Landrat Bayerstorfer anhand des Modells bereits neue Pläne für den Landkreis: Er will die Tierhalter für die Idee gewinnen, sich gemeinschaftlich zu organisieren und gemeinsam größere Biogasanlagen zu bauen; eine pro Gemeinde, beispielsweise. Diese Anlagen sollen jedoch nicht mit Mais beschickt werden, sondern mit Gülle. Die falle nämlich in diesen Betrieben in "riesigen Mengen" an, sagte Bayerstorfer. Für den einzelnen Betrieb rechne sich eine Anlage noch nicht, aber eine gemeinsame biete viele Vorteile: Neben dem Strom und der Wärmenergie, die man zum Beispiel für eine Hackschnitzeltrocknung einsetzen könne, entstehe auch weniger Kohlendioxid und Methan. Diese aufbereitete Gülle könne auch von den Pflanzen besser aufgenommen werden und sie stinke auch nicht mehr so, wenn man sie auf die Äcker ausbringt.

Auch in der Halle mit den Landmaschinen war der Landrat als gelernter Landwirt in seinem Element. Jede Maschine konnte er bis ins kleinste Detail erklären. Wenn er mal keine Lust mehr auf Landrat hat, könnte er sicher einen florierenden Landmaschinenhandel aufziehen.

Am Stand des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung blieb die Gruppe vor einer interaktiven Deutschlandkarte stehen, auf der gute Beispiele an überörtlicher Zusammenarbeit und Netzwerke aufrufbar sind, die sich am Wettbewerb 2012 beteiligt haben. Und siehe da, auch ein Projekt aus dem Landkreis Erding war darunter: der Rufbus im Holzland. Mit stolzgeschwellter Brust marschierte man weiter.

Bei der Rückkehr zum Erdinger Messestand war dort noch immer viel los. Erst am Abend ebbte der Andrang ab. Sowohl Anneliese Gritscher vom Weißbräu-Team als auch Birgit Becker vom Landratsamt waren vom Publikumsinteresse angenehm überrascht. Beide wollten zwar weder Landrat Bayerstorfer noch der Weißbräu-Geschäftsführung vorgreifen, aber dass man nächstes Jahr bei der Grünen Woche einen doppelt so großen Stand mieten sollte, sei nicht auszuschließen. "Das war überragend", fasste Gritscher ihre Eindrücke zusammen. Und Gemeindetagssprecher Hans Wiesmaier juxte beim Abflug gutgelaunt, er plädiere nun für einen Messestand in Dubai: "Da ist's nicht so kalt."

© SZ vom 22.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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