Amtsgericht Erding:Ein langes Sündenregister

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Die QR-Tafel an der Brücke an der Münchner Straße ging bei einem Tritt zu Bruch. (Foto: Renate Schmidt)

Drogen, Waffen, Körperverletzung und Sachbeschädigung: Verfahren gegen 20-jährigen Mann noch nicht abgeschlossen

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Einer Linie ist der 20-jährige Angeklagte treu geblieben: Wenn man etwas von ihm wolle, solle man seinen Rechtsanwalt kontaktieren. So lautete seine Aussage immer dann, wenn er von der Polizei angesprochen worden war. Vor dem Amtsgericht hatte er seinen Rechtsanwalt gleich dabei. Und der war auch notwendig, weil dieses Mal gleich mehrere Verfahren gegen ihn verhandelt werden. Die Vorwürfe reichen von vielfachem unerlaubten Handel mit Marihuana, unerlaubten Waffenbesitz über Beleidigung, mehrfacher Sachbeschädigung bis hin zur vorsätzlicher Körperverletzung. Vor Gericht wollte der 20-Jährige dazu wie gewohnt nichts sagen, womit eine umfangreiche Zeugenvernehmung notwendig wurde. Sie konnte nicht abgeschlossen werden, weil einer der geladenen Zeugen einfach nicht gekommen war und Richter Michael Lefkaditis zudem ein Fehler unterlaufen war: Er hatte einen falschen Zeugen geladen. Die Verhandlung wird am 9. Juli fortgesetzt.

Die Staatsanwältin war eine ganze Zeit damit beschäftigt, bis alle Anklagen verlesen waren, weil am Schöffengericht mehrere Fälle zu einem zusammengezogen worden waren. Für Richter Lefkaditis war der Angeklagte deshalb kein Unbekannter. Die Vorfälle, die am weitesten zurück reichten, bis ins Jahr 2018, handelten alle vom regen Verkauf von Drogen. Insgesamt mindestens 55 Mal. Und dabei, so ein vor Gericht aussagender Polizeibeamter, sei ein Fall wohl noch gar nicht bei der Staatsanwaltschaft angekommen. Erst vor kurzem sei der 20-Jährige bei einer Clique dabei gewesen, die am Kronthaler Weiher Marihuana geraucht habe. Dafür gebe es konkrete Zeugenaussagen. Mangels Zeugen vor Gericht konnte der Vorwurf des unerlaubten Handelns mit Drogen gegen den Angeklagten nicht näher bestimmt werden. Direkt beim Handeltreiben ist der 20-Jährige nie erwischt worden, er wird nur von mehreren Konsumenten belastet, die ausgesagt haben, dass er ihnen Marihuana verkauft haben soll - in der Regel in Portionen von einem Gramm zu je 15 Euro. Bei einer Hausdurchsuchung fand man bei ihm einmal ein Gramm der Drogen sowie zwei Haschpfeifen und Bargeld. "Aber es passt alles zusammen", sagte der Polizist vor Gericht.

Nichts mit Drogen zu tun hat dagegen der jüngste Fall. Am 3. Januar dieses Jahres war der 20-jährige Angeklagte offenbar nicht gut drauf. "Er war wohl über etwas sauer", sagte auch eine Zeugin, die einen Teil des Abends miterlebt hatte. Gegen 23 Uhr hatte es laut Staatsanwaltschaft zunächst einen Vorfall im Bel Air Club in der Erdinger Innenstadt gegeben. Ein 20-Jähriger war dort mit seiner Freundin und einem 18-jährigen Bekannten. Laut Aussage des 20-Jährigen habe der Angeklagte ihn zweimal angesprochen, er habe ihn aber jedes mal gebeten, ihn in Ruhe zu lassen. Beim zweiten Mal habe er den Angeklagten leicht mit einer Hand weggeschubst. Die Folge: Ihm wurde vom Angeklagten ins Gesicht gespuckt und mit der Faust in den Bauch geschlagen. Für beides gibt es aber keinen direkten Augenzeugen.

Kurze Zeit später zog der Angeklagte randalierend durch den Weg Am Herzoggraben in unmittelbarer Nähe. Davon gibt es allerdings Zeugen, und eine sagte vor Gericht aus. Sie sei von dem Gebrülle des Angeklagten auf ihn aufmerksam geworden und habe vom Balkon runter geschaut. Der junge Mann habe immer wieder auf den Holzzaun des Anwesens eingetreten und mehrer Latten zerstört. Daraufhin habe sie herunter gerufen, er soll das gefälligst lassen, sie werde die Polizei rufen. Der Angeklagte habe dann zwar aufgehört, ihr aber noch Beleidigungen an den Kopf geworfen. Wenig später sei es dann im Innenhof der Anlage laut geworden. Dort habe er auf Fahrräder eingetreten und ebenfalls geschrien. Im Anschluss habe sie beobachten können, wie er über die Fehlbachbrücke zur Turmschieber-Skulptur gegangen sei. Den Tritt gegen die QR-Tafel an der Wand bei den Turmschiebern sah sie zwar nicht richtig, hörte aber das Geräusch, "wenn was kaputt geht". Und er sei die einzige Person gewesen, die dort stand. Während der Hausmeister den Schaden am Holzzaun auf 150 Euro bezifferte, schätzt die Stadt den Schaden an der QR-Tafel, einer Spezialanfertigung, auf 1579 Euro.

Eine von der Zeugin alarmierte Polizeistreife, die nach einer Minute vor Ort war, hatte den Angeklagten zuvor sogar auf der Brücke gesehen. "Die Beschreibung hat gepasst", sagte einer der Streifenbeamten, aber da es hieß, dass der Täter schon weiter gezogen sei, habe man zunächst in der näheren Umgebung nach ihm gefahndet und sei dann zurückgekehrt. Auf Höhe des Amtsgerichts wurde der 20-Jährige dann angehalten. Er sei kooperativ gewesen, ein "bisserl hibbelig", aber habe alles geleugnet, sagte der Beamte. "Und mehr war von ihm nicht raus zu bekommen."

Ob der Angeklagte am 9. Juli spricht, wenn die Aussagen ihn weiter belasten, ist offen.

© SZ vom 29.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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