Einbruchsserie:Lokalstolz der ganz besonderen Art

Lesezeit: 2 min

Einer jugendlichen Einbrecherbande werden 15 Einbrüche zur Last gelegt, tatverdächtig sind sie bei 60 bis 70.

Von Florian Tempel, Erding

Einbruchsserien von Gruppen Jugendlicher oder junger Erwachsene beschäftigen alle paar Jahre Polizei und Justiz. Der Fall, der derzeit am Amtsgericht verhandelt wird, ist somit nicht untypisch, aber dennoch speziell. Drei der vier Angeklagten im Alter von 19 bis 22 Jahren, die in wechselnder Besetzung zwischen Herbst 2013 und dem 9. September 2014 zahlreiche Einbrüche in Erding und Umgebung begangenen haben sollen, hatten sich offenbar zu einer regelrechten Bande zusammengeschlossen. Ihren Bund besiegelten sie mit einem kuriosen Erkennungszeichen: Sie haben sich die drei letzten Ziffern der Erdinger Postleitzahl auf die Arme tätowieren lassen.

Der Leiter der Ermittlungsgruppe der Polizeiinspektion Erding, die die Einbruchserie bearbeitet und aufgeklärt hat, fasste es so zusammen: "Ihre Identifikation mit Erding ist auf alle Fälle vorhanden". Auf einem Handy eines Angeklagten habe sich auch ein Foto gefunden, das einen Mitangeklagten in selbstgewisser Siegerpose vor einem "435"-Graffiti zeigte. Das zur Schau gestellte Zugehörigkeitsgefühl, sei - angesichts der angeklagten Taten - allerdings ein Lokalstolz der ganz besonderen Art: "Nach dem Motto: Wir sind die 435-Gang, das ist unsere Stadt und wird machen, was wir wollen." Ein Satz, den im gut gefüllten Gerichtssaal einige Zuhörer mit lautem Gelächter quittierten. Jugendrichter Michael Lefkaditis fand das gar nicht lustig und warnte die Erheiterten mit ernsten Worten: "Das muss ich mir merken, wenn demnächst der ein oder andere von Ihnen wieder bei mir aufschlägt."

Die Anklage umfasst 15 Einbrüche in Firmen, Geschäfte, Wohnhäuser und Autos sowie der Diebstahl eines 120 000 Euro teuren Mietwagens. Der Leiter der Ermittlungsgruppe machte vor Gericht allerdings deutlich, dass in weit mehr Fällen ermittelt wurde. In den Zeitraum, in dem die Angeklagten aktiv waren, seien bei der Erdinger Polizei 60 bis 70 Fälle aufgelaufen, bei denen zumindest der Verdacht nahe lag, dass auch sie von den immer gleichen Tätern begangen worden waren. Nach dem 9. September 2014, als alle vier Angeklagten nach einem Einbruch in ein Wohnhaus am Stadtpark festgenommen wurden, brach die bis dahin so virulente Serie an Einbrüchen prompt ab. An die Zuhörer im Saal gewandt, die eben zuvor noch so herzlich gelacht hatten, sagte er: "Das muss man sich mal live geben: Ein Einbruch in ein Reihenhaus und wie das dann ist, wenn die Bewohner Angst haben, dass die Einbrecher noch einmal kommen."

Die Beute bei den 15 angeklagten Einbrüchen - Bargeld, Handys, Schmuck, Wertsachen und elektrische Geräte - summiert sich auf mehr als 16 000 Euro. Weit höher ist der bei den Taten angerichtete Sachschaden von insgesamt fast 40 000 Euro. In einigen Fällen hatten die Einbrecher aus Frust am Tatort randaliert. In einen Lebensmittelmarkt mit Imbiss, wo sie vergeblich einen Tresor aufflexen wollten, versauten sie zum Beispiel das gesamte Geschäft mit Tomatenketchup, stachen mit einem Messer in einen großen Joghurt-Drink-Behälter und zerstörten Waren und Mobiliar. Allein hier entstand ein Sachschaden von 12 600 Euro.

Die Festnahme der Angeklagten gelang in der Nacht des 9. September 2014. Eine Nachbarin hatte dunkle Gestalten mit Taschenlampen im Haus nebenan bemerkt und umgehend die Polizei alarmiert. Einer der Beamten beschrieb, wie der Zugriff ablief. In der Nähe des Tatorts habe er einen der Angeklagten, "der mir bekannt war, mitten auf der Straße stehen sehen" und sofort festgenommen. In einer Nebenstraße sah er einen zweiten, "den ich auch schon lange kenne", rannte ihm nach und holte ihn ein. Die zwei weiteren Angeklagten wurden etwas später von Kollegen, "die sie auch kannten", verhaftet. Der Prozess dauert an.

© SZ vom 11.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: