Tourismus:Hotels profitieren von Flugausfällen

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Im Juli war eine Person unkontrolliert in den Sicherheitsbereich gelangt, auch das sorgte für Flugausfälle. Wenn Flüge abgesagt werden, bringen die Airlines ihre Gäste in Hotels in der Umgebung unter. Das sorgt dort für höhere Umsätze und steigende Übernachtungszahlen. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Übernachtungsstatistik weist wieder einmal steigende Kennzahlen aus. Doch in diesem Jahr gibt es dafür sogar zwei Gründe - abseits von Wellness und Weißbier

Von Antonia Steiger, Erding

Die Zahl der Übernachtungen in den Hotels der Stadt Erding wird in diesem Jahr die Schallmauer von 500 000 Übernachtungen aller Voraussicht nach übertreffen. Zum ersten Mal überhaupt. Was auf den ersten Blick wie ein Erfolg für die Tourismusbranche aussieht, wirkt auf den zweiten Blick nicht ganz so glamourös: Der Anstieg ist zum großen Teil auf Übernachtungen von Fluggästen zurückzuführen, die unfreiwillig am Flughafen München gestrandet sind. Seit April prägt dieses Phänomen die Statistiken, das sagt einer, der sich auskennt: Christian Wolf ist Direktor des Best Western Airport Hotels in Erding und stellvertretender Vorsitzender des Vereins Tourismusregion Erding.

Erst vor zwei Tagen hat Lufthansa-Chef Harry Hohmeister gesagt, dass der Konzern in diesem Jahr 18 000 Flüge gestrichen habe, 60 am Tag. Das hat auch den Flughafen München betroffen - und mit ihm die Hotels, zu denen Lufthansa seine Fluggäste bringt, wenn sie eine Nacht hier verbringen müssen. Doch was für die Fluglinie schlecht ist, ist für die Hotelbranche gut, zum Beispiel für das Best Western Airport Hotel, das mit 281 Zimmern größte Haus in Erding. Auch dort haben in diesem Sommer viele Fluggäste übernachtet wie in den Hotels in Schwaig, was vor allem die Zahlen der Übernachtungen von Gästen aus dem Ausland hat anwachsen lassen. Etwa 19 000 waren es im August in Erding (2017: etwa 15 000) und 119 000 von Januar bis August in Erding (106 000).

Wolf sieht einen weiteren Faktor abseits des normalen Tourismus für die landkreisweit steigenden Zahlen: Pensionen und Boarding-Häuser im südöstlichen Landkreis sind ihm zufolge voll mit Monteuren, die auf der Baustelle der A 94 arbeiten. Diese beiden besonderen Konstellationen werden eines Tages jedoch Vergangenheit sein: die Flugausfälle und die Autobahn-Baustelle. Und deswegen rühren die Tourismusregion Erding und der Erdinger Stadtmarketing-Chef Günther Pech weiter kräftig die Werbetrommel. Messebesuche in Bremen und Erfurt folgen noch in diesem Jahr, sagt Pech. Und auch der Online-Auftritt der Tourismusregion zeigt sich verbessert. Dort kann der Gast nun rund um die Uhr eine Unterkunft buchen. Fernziel sei jedoch, sagt Wolf, eine dauerhafte Ansprechbarkeit im Herzen der Stadt Erding, am besten im Rathaus. Dazu aber bräuchten die Hoteliers die Hilfe der Stadt Erding. Ideen gebe es bereits, fügt Wolf an.

Die aktuellen Zahlen dokumentieren anschaulich, wie viele Menschen die Hoteliers nach Erding holen: Knapp 50 000 waren es alleine im August, ein Plus von 16,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, knapp 340 0000 von Januar bis August, 30 000 mehr als zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr. Damals zählten die Hoteliers am Ende des Jahres 490 000. Diese Marke wird Ende 2018 pulverisiert sein.

Die Auslastung der Betten erreichte im August eine ebenso gute Marke: 70,5 Prozent in Erding, womit die Kreisstadt nicht nur die Stadt Freising (64,7 Prozent), sondern auch München (67,2), Oberbayern (62,4) und Bayern (57,3) mühelos in den Schatten stellte. Keine Veränderung zum Positiven gibt es dagegen bei der Aufenthaltsdauer: Sie betrug im August 1,7 Tage - mehr oder weniger unverändert seit Jahren. Kein Wunder: Gestrandete Fluggäste bleiben selten länger als eine Nacht.

Wellness und Weißbier bleiben trotzdem wichtige Faktoren in der touristischen Vermarktung von Stadt und Landkreis Erding. Pech und Wolf sagen übereinstimmend, dass den Österreichern weiterhin eine übergroße Affinität zur Therme zu eigen ist, "und das obwohl es auch in Österreich jede Menge Thermen gibt", wie Wolf sagt. "Aber keine, die mit Saunen und Rutschen so auf Familien ausgelegt ist wie die Therme Erding."

© SZ vom 18.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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