Erding:Gestank liegt in der Winterluft

Lesezeit: 2 min

Eigentlich ist es verboten, bei Dauerfrost zu odeln. Doch einige Bauern haben sich nicht daran gehalten und Jauche auf ihre Feldern ausgebracht. Jetzt gehen die Behörden gegen sie vor.

Florian Tempel

Zwei Monate lang durfte keine Gülle mehr auf die Felder ausgefahren werden. Als die in der Düngeverordnung festgelegte Sperrfrist am 1. Februar ablief, lag gleich wieder ein Jauchegeruch in der Luft und zuvor noch mit Schneeresten weiß überzogene Felder waren auf einmal braun gefärbt. Dabei ist es verboten, bei Dauerfrost zu odeln. Denn sobald das Thermometer umschlägt und es dann regnen sollte, droht die ausgebrachte Gülle auch noch in Wochen in Bäche und Flüsse abzufließen und die Gewässer zu schädigen. Gegen mehrere Landwirte aus dem Landkreis wurden Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.

Matthias Junge vom Wasserwirtschaftsamt München war in der vergangenen Woche an der Sempt bei Erding, als ihm ein unverwechselbarer Geruch in die Nase stieg. Als er sich umblickte, sah er das Schlamassel. Ein großes Feld in Hanglage voller Gülle. Wenn irgendwann Regen fällt, der Boden aber noch immer gefroren ist, "geht das ungebremst in die Gewässer". Junge vermutet resigniert, "die Bauern werden wohl eine Sondergenehmigung gehabt haben".

Die hatten sie sicher nicht. Es gebe "definitiv keine Ausnahmegenehmigungen", sagt Josef Schächtl vom Erdinger Landwirtschaftsamt. Allerdings müsse "man sich die Entwicklung der Temperaturen in den letzten Tagen genau ansehen". Am Mittwoch, 1. Februar, sei der Boden noch nicht überall gefroren gewesen. "Es war ein Grenzfall", sagt Schächtl. Auf manchen ebenen Flächen und mit spezieller Technik sei das Ausbringen von Gülle oder Gärsubstrat aus Biogasanlagen gerade noch möglich gewesen - "aber nicht in Hanglagen".

Seit Donnerstag, 2. Februar, sei Düngen jedoch in jedem Fall unzulässig gewesen. Das Landwirtschaftsamt Erding war deshalb zu Kontrollen im Landkreis unterwegs und hat mehrere Fälle beim zuständigen Fachzentrum für Agrarökologie am Landwirtschaftsamt Pfaffenhofen zur Anzeige gebracht. Den ertappten Landwirten droht nun ein Bußgeld und die Kürzung ihrer Betriebsprämien.

Matthias Junge vom Wasserwirtschaftsamt "tut es in der Seele weh", wenn er im tiefsten Winter braune und stinkende Felder sieht. Die Bäche und Flüsse im Landkreis Erding seien eh nicht unbedingt "in ökologisch gutem Zustand". Besonders die Große Vils und die Strogen seien durch "zu viel Nährstoffe", sprich Dünger, geschädigt. Was sich vor allem in vermehrtem Algenwuchs bemerkbar mache, der den gesamten Lebensraum der Gewässer beeinträchtige.

Abgesehen davon, dass das Odeln auf gefrorenen oder mit Schnee bedeckten Feldern, aber auch auf durchnässten Äckern "aus gutem Grund" verboten sei, wären mehrere Meter breite Gewässerrandstreifen, "die sinnvollste Maßnahme zum Gewässerschutz" sagt Junge. Während Abstandstreifen in anderen Bundesländern längst Pflicht sind, setzt der Freistaat jedoch weiterhin "auf Freiwilligkeit". Das bedeutet, dass Landwirte entweder wirklich aus freien Stücken den Gewässern nicht zu nahe rücken oder über staatliche Programme dafür Geld bekommen.

Die Realität sehe allerdings noch ganz oft so aus, dass vor allem der allgegenwärtige Mais "fast schon bis ins Wasser steht". Der Mais sei dabei "in dieser Hinsicht das übelste landwirtschaftliche Gewächs", da der Ackerboden unter ihm stets frei bleibe und er stark gedüngt werden müsse, "damit er überhaupt wächst".

© SZ vom 07.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: