Erding: Flughafen verklagt Rentner:Wer arm ist, fliegt

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Erst Hausverbot, dann Strafanzeige: Am Münchner Flughafen herrscht in den Terminalhallen Ordnung. Nun geht die Betreibergesellschaft gegen einen Rentner vor, der Pfandflaschen eingesammelt hat.

Florian Tempel

Er ist 71 Jahre alt, bekommt 380 Euro Rente im Monat - und er sammelt weggeworfene Pfandflaschen, "damit ich etwas mehr Geld habe". Früher tat er das gerne am Flughafen München. Doch die Betreibergesellschaft FMG will in ihren schicken Terminalhallen keine Armen, die zwischen all den Geschäftsreisenden und Touristen in Mülleimern kramen. Der Rentner bekam deshalb im Februar Hausverbot. Weil er das ignorierte und erneut kam, um ein paar Pfandflaschen aufzuklauben, wurde er vom Amtsgericht Erding wegen Hausfriedensbruch zu 200 Euro Geldstrafe verurteilt.

Sicherheitsbereich Flughafen München Zwei Bundespolizisten stehen am Donnerstag (21.01.2010) im Flughafen von München (Oberbayern) vor dem Sicherheitsbereich des Terminal 2. Der Terminal 2 des Münchner Flughafens wurde am Mittwoch für mehrere Stunden gesperrt. Nachdem bei der Kontrolle des Notebooks eines unbekannten Mannes das Sprengstoff-Erkennungsgerät angeschlagen hatte, flüchtete der Verdächtige in den Sicherheitsbereich, und konnte nicht mehr aufgefunden werden. Foto: Angelika Warmuth dpa/lby +++(c) dpa - Bildfunk+++ (Foto: dpa)

"Seit zehn Jahren gehe ich zum Flughafen", erzählte der Rentner im Prozess, zehn bis 15 Euro habe er jedes Mal eingesammelt. "Meine Einkünfte sind gering. Flaschen zu sammeln ist doch keine Straftat!" Niemand habe sich an ihm gestört. Ganz im Gegenteil, "ich habe dort Freunde, alle respektieren mich."

Ein Polizeioberkommissar gehört wohl nicht zu den Freunden. Am 3. Februar nahm er den Rentner mit auf die Wache und informierte einen Vertreter der FMG, dass er den Mann beim Flaschensammeln erwischt habe. "Die FMG hat festgelegt, dass sie das nicht will", sagte der Beamte vor Gericht.

Auf den Abfalleimern stehe sogar klar und deutlich, dass auch ihr Inhalt "Eigentum der FMG" sei. Der 71-jährige Pfandsammler erhielt umgehend ein schriftliches Hausverbot ausgehändigt. Am 30. März fand ihn der Polizeibeamte erneut beim Flaschensammeln. Und weil er "wieder keine Flugabsichten nachweisen konnte", informierte der Polizist abermals die FMG, damit diese einen Strafantrag stellen konnte.

Der weißhaarige Angeklagte, der bei der Verhandlung in Erding in Anzug und Krawatte einen gepflegten äußeren Eindruck machte, versuchte sich vergeblich zur rechtfertigen. Er habe nicht gewusst, wie lange so ein Hausverbot gelte. Dass es tatsächlich unbefristet ist, empörte ihn. "Darf ich da nie wieder hin? Und wenn ich einen Verwandten abholen muss, darf ich auch nicht? Das ist doch eine Schande!"

Ein Flughafen-Sprecher sagte auf Nachfrage, dass am Flughafen weggeworfene Pfandflaschen nicht aussortiert, sondern nur "als Wertstoffe ordnungsgemäß recycelt" werden.

© SZ vom 24.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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