Fliegerhorst Erding:Genervt, aber weiterhin optimistisch

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Auf dem ungefähr 350 Hektar großen Areal des Fliegerhorstes soll ein neuer Stadtteil für 6500 Menschen entstehen. Zumindest nach der Planung der Stadt Erding. (Foto: Architekten Hähnig-Gemmeke)

Im Oktober 2011 hat der Bundestag die Konversion des Fliegerhorstes Erding beschlossen. Doch die Sache zieht sich hin. Die Bundeswehr räumt das ausgedehnte Gelände erst Ende 2024, und die Verhandlungen über den Kauf des Areals dauern bereits seit Jahren an. OB Gotz macht seinem Ärger Luft.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Auf der einen Seite tut sich viel: Die Stadt Erding erstellt Studien, Gutachten und Konzepte und bindet die Bürger in die Überlegungen mit einer Vortragsreihe ein. Was mit dem ungefähr 350 Hektar großen Areal geschehen soll, wenn die Bundeswehr Ende 2024 vom Fliegerhorst abgezogen ist, wird schon seit langem besprochen und diskutiert: Geplant ist ein neuer Stadtteil für 6500 Menschen und ein neuer Erdinger Bahnhof, der zum Knotenpunkt für S-Bahn- und Regionalbahnverkehr wird. Obwohl der Beschluss des Bundestags, in die Konversion zu gehen, bereits vom Oktober 2011 ist, kommt aber eines nicht voran: die Verkaufsverhandlungen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) mit der Stadt. Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) ist darüber nicht amüsiert: "Wie man mit den Kommunen umgeht, das ist schon harte Kost."

Es gibt eine Reihe von Problemen. Auf der einen Seite geht es um die Definition des Umgriffs, auf der anderen Seite um die Werteermittlung. Die Aussage, dass die Stadt Erding die Flächen weitestgehend erwerben möchte, stehe laut OB Gotz nach wie vor. Ein weiteres Dilemma sei, dass die Stadt auch den Erdinger Ringschluss im Auge behalten müsse. Auch dort benötige die Stadt Planungskapazitäten und eine entsprechende Verwaltungsinfrastruktur. Denn wenn der Planfeststellungsbeschluss für den Ringschluss komme, müsse die Stadt den dazu notwendigen Grunderwerb tätigen. "Insofern ist es ein dickes Brett, das man da bohren muss", sagte OB Gotz jüngt bei der Jahrespressekonferenz der Kreis-CSU. Man müsse sich auch im Klaren sein, dass man alleine durch das Hinauszögern über viele Jahre, gerade was die Infrastruktur betreffe, eine Preissteigerung habe, "die nahezu unverantwortlich und nicht mehr stemmbar ist".

In Teilen des Fliegerhorstes stehen seit Jahren Gebäude leer. Die Natur hat sich dort bereits Terrain zurückerobert. (Foto: Renate Schmidt)

Über einen möglich Grundstückspreis sei bisher aber noch gar nicht gesprochen worden. Zumal für die Stadt ein wichtiges Thema noch offen sei: die Ermittlung, was an Schadstoffbelastung auf dem Areal ist. "Wir reden über mehr als 390 Gebäude. Und wer den Fliegerhorst kennt, weiß, das einige Gebäude schon seit 30, 40 Jahren sich selbst überlassen wurden", so Gotz. Im Raum stünden Belastungen mit Asbest, Lösungsmittel, Schmierstoffe. "Der ganze Cocktail dessen, was höchst schwierig zu entsorgen ist. Das sind einerseits die Gebäude, aber auch die Böden haben ein entsprechendes Risiko." Darin liege auch das Risiko, das die Stadt am Ende eingehen werden müsse. "Ich verlasse mich schon ein Stück darauf, dass es noch was gilt, dass man uns als Kommune nicht im Stich lässt." Immerhin gehe es um viel: "Wenn man die Dimensionen sieht, ist Erding die größte Konversionsfläche in Deutschland."

"Es ist etwas Besonderes, wenn man einen Stadtteil neu entwickeln darf"

Es sei für Erding aber schon "etwas Besonderes, wenn man einen Stadtteil neu entwickeln darf. Ich sehe das schon auch als große Chance". Was OB Gotz jedoch die "Zornesröte als Steuerzahler ins Gesicht treibt" ist, "dass wir eine vom Steuerzahler bezahlte Einrichtung mit Steuergeld ablösen sollen." Wenn man es genau nehme, so Gotz, sei den Langengeislinger Bauern während der NS-Zeit der Grund einfach weggenommen worden. "Es ist schon ein sehr eigenartiges Gebaren, aber ich muss mich mit der Rechtssituation abfinden. Es ist nicht nur ein besonderes Projekt für die Stadt, sondern auch den Landkreis und ich hoffe, dass wir es hinbekommen."

Der östliche Bereich der Start- und Landebahn liegt auf Bockhorner Gemeindegebiet. (Foto: Renate Schmidt)

Lob gibt es von Gotz für die Gemeinde Bockhorn, mit der man sehr partnerschaftlich zusammen arbeite und sich austausche. Der östliche Teil der Start- und Landebahn des Fliegerhorstes, rund 65 Hektar, sei im Gemeindebereich Bockhorn. Denen gehe es genau so wie der Stadt. "Und trotzdem bin ich optimistisch, dass wir es hinbekommen." Denn, wenn Kommunen nicht Eigentümer werden, werden sie nur noch mehr getrieben sein, auch wenn die Kommunen die Planungshoheit haben. "Dort, wo die Kommune nicht Eigentümer geworden ist, haben Entwicklungen stattgefunden, die wir in Erding nicht haben wollen."

Das Auslaufen der Verbilligungsrichtlinie Ende 2024 führt zu Verunsicherung

CSU-Bundestagsabgeordneter Andreas Lenz sieht zwei andere Problem auftauchen: Es erschwere das ganze Projekt und "ist aus meiner Sicht schwer erklärbar, wenn der Bund sagt, dass er Ausgleichflächen im Fliegerhorst Erding für den Zulauf des Brennerbasistunnels benötige". Dies sei für die Akzeptanz nicht gerade förderlich. Lenz sieht auch noch ein zweites Problem, wo er in Berlin "noch nachhaken" will: "Die sogenannte Verbilligungsrichtline läuft Ende 2024 aus". Damit sei der Erwerb von Grundflächen im Eigentum des Bundes zu Sonderkonditionen möglich. Und die Verhandlungen mit der Bima. Nur so sei die Möglichkeit der Kommunen sichergestellt, Grund zu erwerben. "Das diese Richtlinie 2024 ausläuft, führt auch zur Verunsicherung für die Verhandlungen mit der Bima. Es ist notwendig, für die Verhandlungen Planungssicherheit zu schaffen indem man die Gültigkeit der Richtlinie verlängert."

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