Erding:Das Kleid, das Haar, der große Tag

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Abiturbälle sind ein Event: Der Aufwand ist beachtlich, manche finden ihn sogar übertrieben. Doch die jungen Damen sind glücklich mit ihren festlichen Roben und Frisuren

Von Simone Bernard

Elisabeth Bedner hat gewählt: Sie geht in diesem Kleid zum Abiball (Foto: Renate Schmidt)

Vor zehn, zwölf Jahren sind die großen Ballkleider gekommen. Davor war es auf den Abiturfeiern- und Bällen nicht so festlich zugegangen. Inzwischen sind die Roben nicht mehr so ausladend, wie sie vor einigen Jahren waren, dafür scheint der Frisörtermin für die Hochsteckfrisur schon fast verpflichtend zu sein. Bei der Gelegenheit werden oft gleich auch noch Make-up und Nägel gemacht. Die Feier des bestandenen Abiturs und auch die Vorbereitungen auf diese werden zelebriert - immer wieder fällt der Vergleich mit der Hochzeit. Manche finden das übertrieben. Nicht alle, wohlgemerkt: Den Schülerinnen gefällt es durchaus.

"Der Aufwand, der betrieben wird, ist verschieden. Aber es ist allen wichtig", sagte Madeleine Arena vom Korbinian-Aigner-Gymnasium in Erding. "Ich finde es ist nicht zuviel, sondern vollkommen okay." Die meisten ihrer Mitschülerinnen ließen sich die Haare hochstecken, Nägel und Make-up würden vereinzelt gemacht. Neben der Hochzeit sei das Abitur die einzige Gelegenheit, für die man sich so zurechtmachen könne. "Man feiert, das man es durchgeschafft hat, und das gönnt man sich dann." Beziehungsweise gönnen es Eltern und Großeltern den Schülerinnen.

Die Abiturientinnen des Korbinian-Aigner-Gymnasiums haben eigens eine Facebook-Gruppe eingerichtet, auf der jede ihr Kleid hochlädt. So wird mit wenig Aufwand ausgeschlossen, dass zwei Mädchen das gleiche Kleid tragen. Arena hat sich ein langes, hellrosa Kleid mit Pailletten gekauft. Damit liegt sie im Trend.

Seit einigen Jahren trage man bei Abschlussfeiern eher schlichte, lange Kleider, erklärte Barbara Gruber vom Gewandhaus Gruber. "80 bis 90 Prozent der Kleider sind lang." Viele sind asymmetrisch geschnitten oder trägerlos, dafür mit Strass-Verzierung. In diesem Jahr verkaufe sie viele Kleider in Pastell- oder zarten Sommerfarben. Viel Chiffon ist zu sehen, fließend fallende Roben mit glitzernden Steinchen-Applikationen unter gerafften Oberteilen. Zwischen und neben Kleiderständern die passenden Schuhen und Accessoires. Sie werden oft gleich dazu gekauft. Das kleine Schwarze wird kaum noch getragen.

Auch bei Gruber ergreift man schon seit Jahren Vorsichtsmaßnahmen: An bereits verkaufte Kleider werden Zettel geheftet, welche Schule die Käuferin besucht. "Auch normale Mädchen möchten sich wie ein Star fühlen und allein mit ihrem Kleid sein", erklärt Gruber. Bisher habe das gut geklappt. Der Kleiderkauf ist ein regelrechtes Ereignis für die ganze Familie: "Da kommen der Freund, die Freundin, Oma und Papa mit. Es gleicht dem Kleiderkauf für die Hochzeit." Manche Mädchen probieren drei bis vier Stunden lang Kleider an.

"Es wird mehr Aufwand betrieben als vor zehn, 15 Jahren", findet Wolfgang Huber, Betreuer der Q12 am Korbinian-Aigner-Gymnasium. Dort bekommen am Freitagmorgen 109 Schüler ihre Zeugnisse, am Samstag ist Ball. Er finde das aber schön, schließlich sei der Abschluss eines Lebensabschnitts ein entsprechender Anlass. Seine Kollegin Elisabeth Ringler vom Anne-Frank-Gymnasium in Erding findet den Aufwand leicht übertrieben: "Aber Anzug und ein schönes Kleid machen schon was her, das ist schöner als ausgeleierte Jeans." "Ihre" 102 Abiturienten werden am Freitagnachmittag verabschiedet, der Ball findet Abends statt.

So läuft auch die Feier für die 128 Abiturienten des Gymnasiums Dorfen ab. Betreuungslehrer Gerd Flören hat vor zwei Jahren ein neues Wort gelernt: Probestecken, also eine Art Generalprobe für die Frisur vor dem großen Tag. Das findet er übertrieben. "Wir orientieren uns mehr und mehr am amerikanischen Vorbild."

Juliette Lallet hat ihr Abitur in Dorfen geschrieben. Und ihren Frisörtermin für Hochsteckfrisur und Make-up hat sie schon seit Langem reserviert. "Es gibt immer welche, denen das nicht so wichtig ist, aber dem Großteil schon", sagt sie. "Man macht das halt, weil man es macht." Sie finde das sorgfältige Herausputzen ein bisschen übertrieben, etwas weniger würde ihr auch genügen. Trotzdem gefällt es ihr. "Ich freue mich darauf."

Bestimmt freut sich auch Joseph Berglehner auf das Wochenende. Er betreibt den Frisörsalon "Cool Cut" und hat mit den Abiturientinnen gut zu tun. Die ersten Terminreservierungen bekam er schon vor einigen Wochen. "Es kommen schon einige für Hochsteckfrisuren und Make-up. Die Zahl der Abiturientinnen, die zu uns kommen, ist von Jahr zu Jahr verschieden. Aber sie steigt, dieses Jahr sind es sicher mehr als im letzten."

Auch er vergleicht die Ballvorbereitungen mit denen auf eine Hochzeit. Er habe sogar schon Dankeskarten bekommen, erzählt Berglehner. Er habe schon mit dem Gedanken gespielt, an Schulen Kurse anzubieten, damit sich die Schülerinnen selbst frisieren könnten. "Es will ja auch nicht jeder so viel Geld ausgeben." Eine Hochsteckfrisur kostet immerhin 20 bis 40 Euro. Bei den männlichen Abiturienten geht es einfacher zu: "Es kommen auch Jungs vorher zum schneiden und stylen", sagt Berglehner. Aber bei weitem nicht so viele wie Mädchen.

Marcel Ostermaier vom Korbinian-Aigner-Gymnasium hat es sich einfacher gemacht. Seinen Anzug hat er in der vergangenen Woche gekauft. Das sei nicht problematisch gewesen, erzählt er. Die Mädchen hätten schon vor einem halben Jahr mit dem kleiderkaufen angefangen. Wochen vor der Feier Frisörtermine auszumachen finden er ein bisschen übertrieben. "Das geht eigentlich den meisten Jungs so. Wir machen nicht so ein Tam-Tam, ihre Anzügen haben alle in den letzten Wochen gekauft." Da gibt es eben einen Unterschied zwischen den Geschlechtern. Oder, in Madeleine Arenas Worten: "Die Mädels wollen, dass es super-schön wird. Und die Jungs machen halt mit."

© SZ vom 28.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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