Eitting:Kunststoffsortierung für Wurzer unrentabel

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Das Entsorgungs­unternehmen trennt sich von dieser Sparte und schließt seine Tochterfirma. Die Firma Prezero will in Eitting eine neue Sortieranlage errichten und dabei 30 Millionen Euro investieren

Von Michael Kienastl, Eitting

Das Entsorgungsunternehmen Wurzer Umwelt GmbH in Eitting will von 2022 an nicht mehr selbst die Kunststoffe aus der Region sortieren. Stattdessen wird die international tätige Firma Prezero, die Teil der Schwarz-Gruppe ist, eine neue Sortieranlage in Eitting errichten und dabei etwa 30 Millionen Euro investieren. Die Anlage soll in Eigenverantwortung betrieben werden. "Das ist nur ein Mietverhältnis", sagt Wurzer-Geschäftsführer Manfred Krieck. Als Partner der Dualen Systeme war das Eittinger Unternehmen mit der 2006 gegründeten Tochterfirma Wurzer Wertstoff GmbH über Jahre hinweg für die Kunststoffsortierung aus den Gelben Säcken verantwortlich. Die Tochterfirma soll nun aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden.

"Wir haben eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung gemacht und dann festgestellt, dass wir im Zuge des Plastikpreisverfalls ab 2022 nicht mehr sortieren wollen, das heißt wir schließen unsere alte Anlage", begründet Krieck die Entscheidung. Bereits im kommenden Jahr soll in Eitting weniger sortiert werden. Das habe aber für die Verbraucher keine Auswirkungen. Verantwortlich sind die Dualen Systeme, die Entsorgungsunternehmen mit Transport und Sortierung der Gelben Säcke beauftragen.

Die Menge des Verpackungsmülls in Deutschland steigt seit Jahrzehnten an. 18,9 Millionen Tonnen waren es laut dem Umweltbundesamt im Jahr 2018, das sind fast 228 Kilogramm pro Kopf. Und während beispielsweise Aluminium zu 90 Prozent und Papier und Karton zu 88 Prozent recycelt werden können, sind es beim Plastik nur 47 Prozent. Der Rest wird, mit schweren Folgen für das Klima, verbrannt. Die Kunststoffrecyclate werden zum Beispiel in der Autoindustrie eingesetzt. Weil der Preis für neue Kunststoffe aber mit dem des Rohöls in diesem Jahr stark gesunken ist, ging auch die Nachfrage für recyceltes Plastik nach unten - laut Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser-, und Rohstoffwirtschaft (BDE) um 41 Prozent. Vermehrt wird also wieder neues Plastik verwendet, die Recyclingunternehmen sind in der Krise. Krieck fordert deshalb: "Wir brauchen mehr Akzeptanz für Recyclate statt Lippenbekenntnisse."

Den angekündigten Rückzug aus der Plastiksortierung begründet er auch mit der Größe seiner Firma. "Der Kunststoffmarkt ist global organisiert, da sind wir als mittelständisches Familienunternehmen nicht groß genug um zu konkurrieren", so Krieck. International tätige Handelsunternehmen, wie die Schwarz-Gruppe, zu der auch die Supermarktketten Lidl und Kaufland gehören, seien dafür besser geeignet. Die Schwarz-Gruppe ist nach Umsatzvolumen das größte Handelsunternehmen Europas. Sie beschäftigt sich mit dem gesamten Wertstoffkreislauf, von der Produktion über den Handel bis hin zur Entsorgung und dem Recycling, also dem Herstellen von Recyclaten. "Was wir im Kleinen für manche Stoffkreisläufe haben, das haben die für Kunststoffe, die im großen Maßstab global gehandelt werden", so der Wurzer Geschäftsführer. Die neue vollautomatische Sortieranlage von Prezero soll von Januar 2022 an in einer eigenen Halle auf dem Gelände der Wurzer Umwelt GmbH jährlich bis zu 120 000 Tonnen Kunststoff sortieren. Außerdem ist der Einsatz von Sortierrobotern und die Entwicklung einer sich selbst steuernden Sortieranlage geplant.

Prezero ist international mit mehr als 3700 Mitarbeitern an mehr als neunzig Standorten in Europa und Nordamerika tätig. Das Vorgängerunternehmen Tönsmeier aus Porta Westfalica wurde 2018 von der Schwarz-Gruppe übernommen und kurz darauf in Prezero umfirmiert. Das Unternehmen mit Sitz im baden-württembergischen Neckarsulm expandiert seit Jahren. Vor kurzem wurde bekannt, dass es im kommenden Jahr das Entsorgungsgeschäft des Unternehmens Suez in Deutschland, den Niederlanden, Luxemburg und Polen übernehmen will. Insgesamt geht es nach eigenen Angaben um 125 Standorte, 6700 Mitarbeiter und einen Unternehmenswert von 1,1 Milliarden Euro. Prezero und Wurzer beabsichtigen zwar, auch für weitere Projekte zusammenzuarbeiten. Krieck betont jedoch, dass die restlichen Unternehmenssparten in eigener Hand bleiben sollen: "Wir bleiben selbständig. Wurzer bleibt Wurzer."

Durch die Auflösung der Wurzer Wertstoff GmbH werden auch Mitarbeiter ausgestellt werden. Krieck hofft aber auf eine Weiterbeschäftigung unter dem neuen Unternehmen: "Wir kümmern uns gemeinschaftlich mit Prezero, um diesen Menschen eine Arbeit zu geben, in welcher Art und Weise wird sich zeigen. Wurzer lässt niemanden im Regen stehen." Nach eigenen Angaben sollen durch die neue Sortieranlage etwa fünfzig neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

© SZ vom 31.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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