Ebersberg:Unbekömmliche Kräuter

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Plötzlich wurde der Rausch zum Horrortrip: Ein 23 Jahre alter Mann hat sich mit einer Modedroge aus Kräutern berauscht - dennoch spricht das Gericht ihn frei.

Martin Mühlfenzl

Ebersbergs Amtsrichter Otto Kick pflegt seine Verhandlungen gerne mit einer humoristischen Note zu versehen. Daher konnte sich der Vorsitzende in der Verhandlung gegen einen 23-jährigen Münchner, der sich dem Vorwurf des unrechtmäßigen Erwerbs von Betäubungsmitteln gegenüber sah, einen spöttischen Kommentar nicht verkneifen: "Sie waren von der Wirkung also enttäuscht."

Die Kräutermischung "Spice" kann zwar Rauschzustände auslösen, fällt aber bisher nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. Ein 23-jähriger Münchner behauptet, sich an einer ähnlichen Droge berauscht zu haben. Doch dann bekam er Herzrasen und Kreislaufprobleme. (Foto: ag.dpa)

Schließlich musste der junge Mann, nachdem er in Markt Schwaben mit seiner 28-jährigen Freundin eine spezielle Kräutermischung genossen hatte, einen Notarzt rufen - ihn plagten auf einmal Herzrasen und Kreislaufprobleme.

Zur Anklage war es gekommen, weil der Mann der Polizistin in der Notrufzentrale gesagt hatte: "Ich habe etwas geraucht und mein Körper sackt ab. "Da hat es bei mir sofort geklingelt und ich habe die zuständigen Kollegen informiert", erinnerte sich die Polizeibeamtin in ihrer Zeugenaussage vor Gericht. Außer dem Notarzt habe sie daher sofort eine Streife nach Markt Schwaben geschickt. Beim Eintreffen der Beamten befand sich der Angeklagte allerdings bereits auf dem Weg in ein Klinikum.

Nach Rücksprache mit dem zuständigen Staatsanwalt durchsuchten die Beamten die Wohnung und stellten dank des Spürsinns eines Polizeihundes einen Teller und eine Dose mit Rückständen sowie eine selbst gebastelte Bong sicher. Drogen - wie etwa Cannabis - fanden die Beamten aber nicht vor. Auch aus der Vernehmung der Freundin ergab sich kein konkreter Verdacht auf den Konsum illegaler Drogen. "Das Wort Cannabis ist nicht gefallen", sagte der zuständige Beamte.

Vor dem Amtsgericht in Ebersberg behauptete der Münchner nun, am Hauptbahnhof für 15 Euro eine - nicht verbotene - Kräutermischung erworben zu haben, ähnlich der Droge Spice. Diese habe er mit seiner Freundin konsumiert. "Die habe ich nicht vertragen und den Notarzt gerufen", beteuerte er. Aus Mangel an Beweisen sprach Kick den Angeklagten unter Zustimmung der zuständigen Staatsanwältin frei. Einen Hinweis hatte der Richter aber noch parat: "Vielleicht lassen sie künftig die Finger auch von legalen Sachen."

© SZ vom 28.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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