Nahverkehr:E-Bus-Projekt auf der Erfolgsspur

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Ein batteriebetriebener Elektrobus soll von Dezember 2026 an Neufahrn mit Garching verbinden. Dieses Fahrzeug des Busunternehmens Scharf aus dem Landkreis Erding steht gerade an einer Ladestation. (Foto: Renate Schmidt)

Ende 2024 werden in Erding fast nur mehr E-Busse zu sehen sein. Über Möglichkeiten und Herausforderungen dieses Pilot-Projektes.

Von Simon Kienzl, Erding

Derzeit klappert und dröhnt es noch laut, wenn einer der weit über zehn Tonnen schweren Stadtbusse auf den Erdinger Straßen an einem vorbeirollt. Doch schon bald - am 14. Dezember 2024 - soll dieses altbekannte Geräusch der Vergangenheit angehören. Dann steht nämlich nach zehn Jahren wieder ein Fahrplanwechsel an, bei dem alle Linien des Erdinger-Stadtverkehrs neu ausgeschrieben werden. Dieselbusse werden dann größtenteils aus der Stadt verschwunden sein. In der vor wenigen Tagen veröffentlichten Auftragsbekanntmachung des Münchner Verkehrs- und Tarifverbundes (MVV) - Geschäftsbesorger für den Stadtverkehr in der Region München - findet sich der kleine, aber wichtige Passus "der Einsatz von Elektrobussen (Batterie) ist vorgegeben".

Alle Busunternehmen, die an der Ausschreibung teilnehmen, verpflichten sich demnach, den Erdinger Stadtverkehr mit elektrischen Bussen zu betreiben. Damit soll in die Tat umgesetzt werden, was Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) vor über einem Jahr im Stadtrat als "anspruchsvolles Ziel" angekündigt hatte: Erding würde - als eine der ersten Kommunen Bayerns - ab 2024 auf E-Busse setzen. Die Entscheidung, so hieß es damals, soll einen messbaren Beitrag zur Verkehrs- und Energiewende leisten. Und sie wurde tatsächlich über die Fraktionsgrenzen hinweg begrüßt.

Die Stadt schreibt von erfolgreichen Erfahrungen mit der Linie 580

Im Mitteilungsblatt der Stadt Erding, Ausgabe März 23, liest man hierzu: "Möglich machen das Pilotprojekt erfolgreiche Erfahrungen mit der Stadtbus-Linie 580." Und in der Tat fahren schon seit Dezember 2021 zwei kleine, elektrisch betriebene Busse auf dieser Linie und haben zusammen fast 45 000 Kilometer zurückgelegt und pro Jahr 55 000 Tonnen CO₂ eingespart. Seit Anfang des Jahres fährt ein weiterer, größerer Elektro-Stadtbus der Firma Scharf im Testbetrieb auf verschiedenen Linien.

Das Landratsamt findet auf eine Presseanfrage demnach auch nur lobende Worte: "Die Testphase der beiden eingesetzten E-Busse auf der Linie 580 ist als durchweg positiv zu bewerten. Es kam - nach unserer Kenntnis - zu keinerlei Problemen im Betrieb." Dieser problemlose Betrieb war aber mit vielen Hürden verbunden, wie Martin Scharf vom Unternehmen Scharf-Reisen - Betreiber des Stadtbus-Verkehrs in Erding - zu berichten weiß: "Durch extremen Einsatz der Beteiligten, um viele kleine Hürden zu meistern, hat der E-Bus-Betrieb bisher gut funktioniert. Aber die Umstellung war schwierig. Da gehört viel mehr dazu, als nur E-Busse zu kaufen."

Fest steht, Erding geht hier mit großem Tempo voran

Was genau die noch viel größere jetzt bevorstehende Umstellung mit sich bringen wird, war bis vor kurzem unklar. Antworten darauf geben erst die Zahlen aus der vor wenigen Tagen veröffentlichten MVV-Auftragsbekanntmachung: Elf E-Busse, davon acht neue 12-Meter-Busse und drei neue oder gebrauchte 8,6 Meter lange Fahrzeuge, die insgesamt 104 Haltestellen anfahren werden. Ein geschätzter Auftragswert von 26 bis 30 Millionen Euro ohne Mehrwertsteuer. Der Betreiber-Vertrag gilt dabei für die längst mögliche Laufzeit von zehn Jahren und damit bis 2034, wodurch wohl die große Investition in eine E-Bus-Flotte erleichtert werden soll. Dabei dürfen die Unternehmen aber ohnehin mit Unterstützung rechnen. Neben Bundesförderungen wird auch der Freistaat Verkehrsunternehmen allein 2023 mit 95 Millionen beim Einkauf von E-Bussen und dem Aufbau der E-Infrastruktur bezuschussen. Bis 2028 sollen dann 2000 E-Busse gefördert werden. Fest steht, Erding geht hier mit großem Tempo voran.

Um dieses "anspruchsvolle Ziel", von dem OB Gotz sprach, zu erreichen, fehlen aber noch einige zentrale Schritte: "Was wir zum Beispiel noch nicht haben, ist eine innerstädtische Ladeinfrastruktur", so Herbert Meier, Fraktionssprecher der Grünen im Erdinger Stadtrat. Deshalb müssen die E-Busse des Unternehmens Scharf bisher zur Aufladung in den Betriebshof nach Tittenkofen und währenddessen teilweise durch Dieselfahrzeuge ersetzt werden. Tatsächlich hatte OB Gotz angekündigt, eine Ladeinfrastruktur aufbauen zu wollen und schon von Ladepunkten an Verkehrsknoten, etwa am S-Bahnhof und von Photovoltaikanlagen gesprochen.

Das bisher beauftrage Busunternehmen will gerne den E-Betrieb fortführen

Auf die Frage, ob der E-Betrieb nun mit Investitionen von Seiten des Landkreises einhergeht, fällt die Antwort aus dem Landratsamt aber eindeutig aus: "Nein, für die ,Betankung' der Flotte sind die Busbetreiber als Privatunternehmen zuständig." Welches Privatunternehmen dabei den Zuschlag erhält, entscheidet sich aber erst Ende des Jahres. Der bisherige Dienstleister Scharf-Reisen bringt sich jedenfalls schon einmal in Stellung für den lukrativen Deal: "Wir werden alles dafür tun, dass wir den Stadtverkehr auch im E-Betrieb weiterführen und gestalten können. Erding ist schließlich unsere Heimatstadt," so Martin Scharf.

Man verfüge über die Erfahrung und das nötige Personal und würde diesen Bestand gerne weiterführen, so Scharf. Zudem habe das Unternehmen schon einiges in E-Busse und Ladeinfrastruktur investiert. Tatsächlich hat der Betrieb dabei aber schon 2019 eine E-Bus-Förderung durch den Bund erhalten und sich jetzt frühzeitig um eine weitere beworben. Bewerbungen für die Ausschreibung des Erdinger Stadtverkehrs können jedenfalls noch bis zum 9. Oktober 23 erfolgen.

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