Dorfen:Warnung vor "falsch verstandener Toleranz"

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Platzhirsch ist die CSU mit ihrem Vorsitzenden Martin Bayerstorfer. Sie hat etwa 2000 Mitglieder. (Foto: Renate Schmidt)

Landrat Bayerstorfer rügt beim Neujahrsempfang der Dorfener CSU, dass Tausende von Flüchtlingen nicht registriert wurden

Von Florian Tempel, Dorfen

Beim Neujahrsempfang der Dorfener CSU im Kulturzentrum Jakobmayer war die Flüchtlingspolitik das zentrale Thema. Landrat Martin Bayerstorfer, Hauptredner des Abends, lobte an erster Stelle die "vielen freiwilligen Helfern", die sich im Landkreis in der Flüchtlingshilfe einbringen: "Ohne sie würde es nicht funktionieren - vielen Dank." Er hoffe, dass sie auch im neuen Jahr weitermachten und "nicht ihren Mut verlieren". Der CSU-Kreisvorsitzende sagte, es könne auch in Hinblick auf die Belastung der freiwilligen Helfer "nicht so weiter gehen", dass Deutschland unbeschränkt Flüchtlinge aufnehme.

Gleichwohl "dürfen wir bei unserem Bemühen, weiteren Wohnraum für Flüchtlinge zu finden, nicht nachlassen, denn die Menschen, die in den nächsten Monaten zu uns kommen, sind schon unterwegs", sagte Bayerstorfer. Sollte der Landkreis weiterhin jede Woche 30 neue Flüchtlinge aufnehmen müssen, würde sich ihre Gesamtzahl von derzeit etwa 1300 binnen Jahresfrist mehr als verdoppeln. Er sei froh darüber, dass im Gegensatz zu vielen anderen im Landkreis Erding aktuell keine Turnhalle als Notunterkunft gebraucht werde. Er halte die dezentrale Unterbringung auch in kleineren Orten oder in Außenbereich für gut und richtig.

Bayerstorfer sagte, dass Deutschland nur denjenigen Asylschutz gewähren könne, die wirklich verfolgt und bedroht seien, "alle anderen aber nicht". Er sehe sehr wohl, dass es sehr vielen Menschen in vielen Ländern der Welt schlecht gehe. Doch nicht jeder könne deshalb nach Deutschland kommen. Der Landrat berichtete weiter, wie schwierig es nicht selten für die Behörden sei, rechtsstaatlich abgelehnte Asylbewerber abzuschieben. Das scheitere oft aus dem einfachen Grund, dass der Betroffene keine Ausweispapiere habe und sich weigere, sich bei der Botschaft seines Herkunftslandes Passersatzdokumente zu besorgen. Ohne Papiere sei jedoch eine Abschiebung unmöglich.

Auch aus dieser Erfahrung sei er "maßlos enttäuscht", dass im Warteraum Asyl am Erdinger Fliegerhorst seit seiner Eröffnung Mitte Oktober 2015 "mehr als 6000 Menschen nicht registriert worden sind". Besonders schlimm sei es, dass unter den Nichtregistrierten auch Jugendliche und Kinder seien: "Jeder kann sich ausmalen, welche Kreise Interesse an nicht registrierten Minderjährigen haben." Deshalb "müssen wir schnellstens dazu kommen, dass es eine Registrierungspflicht für jeden gibt", sagte Bayerstorfer. Dass im Warteraum am Fliegerhorst Erding eine Registrierung noch immer freiwillig sei, nannte er ein "Totalversagen der Verantwortlichen."

Bayerstorfer sagte weiter, es sei falsch verstandene Toleranz, "wenn wir uns anpassen müssen". Dazu brachte er ein Beispiel: Immer häufiger beschwerten sich männliche Flüchtlinge, dass sie bei Behördengängen im Landratsamt ihre Angelegenheit mit einer Frau besprechen müssten. Solches Verhalten sei inakzeptabel, da es die "Gleichstellung von Mann und Frau" infrage stelle. Er habe "Angst davor", sagte Bayerstorfer, "wenn die Menschen sich nicht mehr auf die Straße trauen und nicht mehr ihre freie Meinung zu sagen trauen", hoffe aber, "dass das nicht eintritt".

Der Dorfener Bürgermeister Heinz Grundner hob bei seinem allgemeinen Lob des Ehrenamts ebenfalls die freiwilligen Flüchtlingshelfer hervor. Grundner sagte, dass die Integration der Flüchtlinge eine noch größere Herausforderung werde, als die aktuelle Hilfsarbeit. Ohne auf eine bekannte "Floskel" anspielen zu wollen, sage aber auch er, "ich bin überzeugt, dass wir diese Aufgabe schaffen können". Integration sei jedoch "wechselseitig" und müsse von Flüchtlingen ebenso ernst genommen werden: "Sie verlangt diesen Menschen ab, dass sie sich auf unsere Wurzeln und Traditionen einlassen."

© SZ vom 19.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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