Dorfen:Schlamm von gestern

Lesezeit: 2 min

Das Isenwehr galt seit 2018 als gefährdet: Bei Hochwasser hätte der vorgelagerte Schlamm die Schütze verstopfen können, befürchtete man. (Foto: Stephan Goerlich)

Wasserwirtschaftsamt sieht aktuell keine Gefahr mehr für eine Verstopfung des Isenwehrs

Von Thomas Daller, Dorfen

Nach der Flutkatastrophe im Juli in Rheinland-Pfalz macht man sich auch andernorts Gedanken, wie die Flüsse und Anwohner mit so einem ausgeprägten Starkregen zurecht kämen. In Dorfen will sich der Umwelt-, Natur- und Klimabeirat in der nächsten Sitzung im Oktober sowohl mit den Südzuflüssen der Isen als auch mit einer Sturzflutuntersuchung für ganz Dorfen befassen, sagte Hochwasserreferent Gerald Forstmaier (GAL). Als weitere Schwachstelle beim Hochwasserschutz galt bislang auch der Schlamm, der sich am Isenwehr angesammelt hatte. Das Wasserwirtschaftsamt will ihn seit Jahren ausbaggern, weil er bei einem Hochwasser das Wehr verstopfen könnte. Doch nun hat das Wasserwirtschaftsamt Entwarnung gegeben. Neuere Untersuchungen hätten gezeigt, dass kleinere Hochwasser der vergangenen Jahre bereits genügend Volumen mit sich gerissen hätten. Der Abflussquerschnitt sei nunmehr wieder ausreichend.

Bei halbwegs klarem Wasser konnte man das Problem mit eigenen Augen sehen: Hinter dem Pfeiler der B15-Isenbrücke hatte sich so viel Schlamm angesammelt, dass Wasservögel dort stehen konnten. Bereits im März 2018 hatte das Wasserwirtschaftsamt angekündigt, dass man diesen Schlamm dringend ausbaggern müsse, weil es bei einem Hochwasser die Schütze des dahinter liegenden Isenwehrs verstopfen könnte. Das eigentliche Ausbaggern wollte das Wasserwirtschaftsamt mit einem Schwimm- oder Schreitbagger selbst vornehmen, das Vorhaben scheiterte aber daran, dass sich auf die Ausschreibung des Abtransportes keine Baufirma meldete.

Ursprünglich wollte das Wasserwirtschaftsamt dieses Projekt zusammen mit dem Straßenbauamt umsetzen, als die Straßenbauer noch vorhatten, 2018 die B15-Brücke über die Isen abzureißen und neu zu bauen. Als das Straßenbauamt sich entschied, dieses Projekt auf 2020 aufzuschieben, sprang das Wasserwirtschaftsamt ab. Das Ausbaggern des Schlamms, der sich in den vergangenen zehn Jahren abgelagert habe, könne nicht länger warten. Er habe mittlerweile eine Dicke von etwa einem Meter und damit sei der Punkt erreicht, an dem man reagieren müsse. Die Situation galt damals als kritisch.

Erschwerend kam hinzu, dass solche Arbeiten immer erst im Herbst stattfinden können. Das hängt einerseits mit den Laichzeiten der Fische zusammen und andererseits muss man Rücksicht auf Vögel und Fledermäuse in den Bäumen am Isenufer nehmen. Denn damit der Bagger zu Wasser gelassen werden kann, muss der eine oder andere Baum weichen und das sollte nicht in der Brutzeit der Vögel geschehen.

Und teuer wäre die Entsorgung obendrein auch geworden, denn der Schlamm in der Isen ist so stark mit Quecksilber belastet, dass er auf eine Deponie gebracht werden müsste. Fast alle Flüsse in Deutschland haben eine zu hohe Belastung mit Quecksilber, die Isen im Landkreis Erding ist kein Einzelfall. Ursache sind Deutschlands Kohlekraftwerke, die jährlich insgesamt rund sieben Tonnen giftiges Quecksilber ausstoßen sowie Altlasten der Kohleverfeuerungen, die schon vor 100 Jahren aus Schornsteinen in der Region kamen.

Doch das scheint nun Schlamm von gestern zu sein: Nach Angaben von Christian Leeb, Leiter des Wasserwirtschaftsamtes München, hat die Untersuchung nicht nur ergeben, dass der Abflussbereich vor dem Wehr bereits genügend freigespült wurde. Wider Erwarten hat sich zudem herausgestellt, dass der Schlamm nicht so stark verbacken ist, wie man angenommen hatte. Im Rahmen des sogenannten Regelunterhalts besteht nun aus Sicht des Wasserwirtschaftsamtes keine Notwendigkeit mehr, das Wehr freizubaggern.

Wie aber sähe es aus, wenn Gefahr im Verzug wäre? Müsste das Wasserwirtschaftsamt dann auch erst eine Ausschreibung machen und darauf hoffen, dass sich eine Baufirma für den Abtransport meldet? "Nein", sagte Leeb. "Dann würden wir einen Bagger anmieten und am Ufer ein paar Container aufstellen, in denen wir den Schlamm vorübergehend lagern könnten." Das sei aber derzeit nicht erforderlich. Aktuell bestehe "keine Gefahr".

© SZ vom 24.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: