Dorfen:Nachspiel vor dem Landgericht

Lesezeit: 3 min

Hat Karl-Heinz Figl, der Geschäftsführer der Dorfener Stadtwerke, die Amtszeit von Bürgermeister Heinz Grundner mit der Herrschaft der Nazis verglichen? Es gibt eidesstattliche Versicherungen dafür - und auch dagegen

Von Florian Tempel, Dorfen

Die Kampagne aus dem Herbst 2015 gegen den Geschäftsführer der Stadtwerke Dorfen, Karl-Heinz Figl, hat ein gerichtliches Nachspiel. Figl wehrt sich dagegen, dass CSU-Stadträtin Barbara Lanzinger ihm öffentlich vorgeworfen hat, er habe die Amtszeit von Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) als Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke mit der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten verglichen. Figl hat am Landgericht Landshut eine einstweilige Verfügung erwirkt, die es Lanzinger untersagt, diese Behauptung zu wiederholen. Lanzinger hat die Unterlassungs-Verfügung jedoch nicht akzeptiert und Widerspruch eingelegt. Sie beharrt darauf, Figl habe den Nazi-Vergleich in der Stadtratssitzung am 28. Oktober 2015 gezogen. Am kommenden Freitag wird die Sache am Landgericht Landshut verhandelt.

Nachdem Figl in der besagten Stadtratssitzung die Bilanz der Stadtwerke für 2014 vorgestellt hatte, wehrte er sich in einem "persönlichen Rechenschaftsbericht" gegen die seiner Ansicht nach "gezielte und absichtlichen Diffamierungen (. . .), die meine Person, meinen Ruf und meine Ehre geschädigt haben." Zweieinhalb Wochen zuvor hatte der Dorfener Anzeiger ohne Nennung einer Quelle kolportiert, Figl pokere um sehr viel Geld und habe als Trumpf, um seine Forderungen durchzusetzen, seine Stelle als Geschäftsführer gekündigt. Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) wurde im Dorfener Anzeiger mit dem Worten zitiert, "wir dürfen uns nicht erpressen lassen". Von einer Erpressung eines vermeintlich gierigen und gerissenen Stadtwerke-Geschäftsführers konnte indes keine Rede sein, sagt Figl. Die bösartigen Unterstellungen basierten auf offenkundig intrigant lancierten Falschinformationen.

Figl wehrte sich im Stadtrat auch gegen den Vorwurf, er habe die Absetzung von Bürgermeister Grundner als Aufsichtsratsvorsitzender betrieben. Grundner war von 2008 bis Juli 2014 Aufsichtsratsvorsitzender, bis er von der Mehrheit des Stadtrats aus diesem Amt abgewählt wurde. Figl bestätigte, dass es zwischen ihm und Grundner wiederholt Konflikte gegeben habe. Figl sagte, der Bürgermeister habe versucht, sich in die Geschäftsführung einzumischen. Das habe ihn so sehr belastet, sagte Figl, dass er 2014 seine Anstellung bei den Stadtwerken kündigen wollte.

Figl wies dann daraufhin, dass die Stadtwerke Dorfen seit ihrer Gründung im Jahr 1904 stets ein privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen waren. In einem Unternehmen, das als GmbH konzipiert ist, gebe es aber klare Kompetenzverteilungen. Ein Aufsichtsratsvorsitzender dürfe sich nicht in die Geschäftsführung einmischen. Das sei in der 111-jährigen Geschichte der Stadtwerke immer so eingehalten worden, sagte Figl. Und revidierte sich sogleich, weil ihm offensichtlich spontan ein Gedanke in den Sinn gekommen war: Es habe zwölf Jahre gegeben, in denen das nicht so war, sagte Figl, jeder wisse wohl welche Zeit er meine. Figl meinte die Jahre des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945.

CSU-Stadträtin Barbara Lanzinger ist sich sicher, das Recht auf ihrer Seite zu haben. (Foto: Renate Schmidt)

Bürgermeister Grundner und mehrere Stadträte glaubten, dass Figl mit diesem Hinweis bewusst eine Parallele zwischen der Amtszeit von Bürgermeister Grundner als Aufsichtsratsvorsitzendem und der Nazi-Diktatur gezogen, und Grundner somit beleidigt. Es gab empörtes Grummeln und Zwischenrufe: Das gehe zu weit und Figl solle das zurücknehmen. Figl bemerkte die kurzen Einwürfe nicht und fuhr in seinem Vortrag fort.

In einem Artikel zu Figls Auftritt im Dorfener Anzeiger hieß es zwei Tage später, der Stadtwerke-Chef habe einen Nazi-Vergleich gezogen. Stadträtin Barbara Lanzinger (CSU) wiederholte diese Behauptung in einem Leserbrief, der am 3. November 2015 erschien. Darin hieß es: "Die Amtszeit von Bürgermeister Grundner als Aufsichtsratsvorsitzender mit den zwölf Jahren - gemeint hat er wohl die Schreckensherrschaft im Dritten Reich - zu vergleichen, ist an Geschmacklosigkeit und Frechheit nicht zu überbieten." Laut einem Bericht des Dorfener Anzeigers hat Lanzinger bei einem Treffen der Dorfener Frauen Union wenig später dies noch einmal wiederholt und sinngemäß gefordert, Figl müsste entlassen werden.

Daraufhin forderte Figl Lanzinger in einem Schreiben auf, nicht mehr zu behaupten, er habe einen Nazi-Vergleich gezogen. Außerdem verlangte er eine schriftliche Entschuldigung. Als Lanzinger beides zurückwies, schaltete Figl einen Rechtsanwalt ein, der Anfang Dezember eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Landshut erwirkte. In dieser wird Lanzinger ein vom Gericht festzusetzendes Ordnungsgeld in Höhe von 5000 bis 250 000 Euro, ersatzweise bis zu sechs Monate Haft angedroht, sofern sie ihre Behauptung noch einmal wiederholen sollte. Gegen diese Verfügung hat Lanzinger durch ihren Rechtsanwalt Widerspruch eingelegt.

Lanzinger bleibt dabei, dass Figl einen Nazi-Vergleich gezogen habe. Zur Untermauerung haben sie, Bürgermeister Grundner und sechs weitere Stadträte eidesstattliche Versicherungen abgegeben, in denen sie beteuern, Figls Äußerungen seien für sie nicht anders zu verstehen gewesen als ein bewusster Vergleich. Figl hat seinerseits Zuhörer gefunden, die eidesstattlich das Gegenteil versichern.

© SZ vom 17.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: