Dorfener Stadträte sitzen nach:Es wird Öffentlichkeit velangt

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Nach Rüge des Landratsamtes tagt der Dorfener Stadtrat öffentlich zu den Themen Sobon und Bahnhofsumfeld. Die Stadträte diskutierten vor allem darüber, ob sie wirklich offen diskutieren sollten. Sie wollten es nicht.

Von Florian Tempel, Dorfen

Auf Anweisung des Landratsamtes hat der Dorfener Stadtrat zwei Themen, die er Anfang Oktober hinter verschlossenen Türen beraten hatte, noch einmal öffentlich behandeln müssen. Die Rechtsaufsicht am Landratsamt hatte festgestellt, dass über das Modell der sozialgerechten Bodennutzung (Sobon) und eine Sanierungssatzung für das Bahnhofsumfeld nicht im Geheimen beraten werden durften. Die deshalb angeordnete öffentliche Wiederholung geriet jedoch zu einer sonderbaren Übung. Die Stadträte diskutierten vor allem darüber, ob sie wirklich offen diskutieren sollten.

Mit einer offenen Diskussion über die Idee, das Bahnhofsumfeld großräumig zum Sanierungsgebiet zu erklären, taten sich die Stadträte sehr schwer. Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) beklagte einleitend, er sei immer noch der Ansicht, man sollte dazu eigentlich besser gar nichts sagen. Es gehe darum, sich beim Bahnausbau "gegenüber der Deutschen Bahn zu positionieren". Auf welche Weise man das vorhabe, sollte "der Bahn nicht gleich über die Medien auf dem Präsentierteller übermittelt werden".

Heiner Müller-Ermann (SPD) war derselben Meinung. Es gehe immerhin um wichtige "strategische Vorbesprechungen". Das alles klang weiterhin geheimnisvoll und blieb es auch.

Bauamtsleiter Franz Wandinger erklärte "unsere Idee" nur halbwegs. Als Sanierungsgebiet soll ein etwa 1,2 Kilometer langer, aber relativ schmaler Streifen entlang der Gleise ausgewiesen werden. In der Mitte liegt der Bahnübergang der Bundesstraße B 15. Um diesen geht es in erster Linie. Denn die Planungen der Deutschen Bahn sehen bislang vor, dass beim Streckenausbau an dieser Stelle eine Straßenbrücke erreichtet wird. Die Gleise sollen zwar tiefer gelegt werden, aber nur ein bisschen. Die Brücke droht nicht nur ein scheußlicher Anblick zu werden. Es fragt sich auch, wie man später von der B 15-Brücke in die Bahnhofstraße gelangen kann und wie die Anwohner in der unmittelbaren Umgebung vor dem Verkehrslärm geschützt werden sollen.

Wenn man nun das betroffene Gebiet zu einem Sanierungsgebiet mache, so Wandinger weiter, erhöhe die Stadt dadurch ihre Einflussmöglichkeiten. Zum einen habe die Stadt dann ein Vorkaufsrecht für alle Flächen, die die Bahn nicht unbedingt benötige. Zum anderen erhalte sie eine stärkere Position in den Verhandlungen über den B 15-Übergang.

In der vom Landratsamt gerügten Geheimsitzung war in Skizzen vorgestellt worden, wie sich der Bahnübergang verträglicher gestalten ließe, als es die Bahn-Planer bislang vorhaben. Diese Skizzen wurden in der öffentlichen Sitzung aber nicht gezeigt. Warum? Offenbar aus den von Grundner und Müller-Ermann angesprochenen strategischen Gründen.

Das führte allerdings zu einer verzwickten Situation. Im Beschluss, den der Stadtrat im Oktober gefasst hatte und den er nun auf Anordnung des Landratsamtes öffentlich wiederholen sollte, war auf die "vorgestellten Skizzen" ausdrücklich Bezug genommen worden. Wie sollte man aber, ohne die Skizzen öffentlich vorzustellen, etwas dazu beschließen? Die Mehrheit vertrat die Ansicht, das gehe schon. Die Wiederholung des zunächst geheimen Beschlusses sei lediglich ein formaler Akt.

Nur die Stadtratsmitglieder Dorette Sprengel, Ursula Frank-Mayer (beide GAL) und Martin Bachmaier (CSU) sahen darin sehr wohl ein Problem und stimmten nicht mit der Mehrheit. Auch Michael Oberhofer (CSU) hatte sich kurz aufgeregt, die Öffentlichkeit erfahre nicht wirklich, was der Stadtrat vorhabe: "Was wir hier machen, ist nur eine Scheinöffentlichkeit." Zu einer wünschenswerten Erhellung trug er jedoch auch nichts bei.

Beim Thema Sobon hielten sich die Stadträte fast gänzlich zurück. Kämmerin Maria Bauer fasste eine Vortrag eines Fachanwalts zusammen, der in der Geheimsitzung die Grundzüge des Konzeptes dargelegt hatte. In München werden mit dem Sobon-Modell Wohnbauunternehmen verpflichtet, bei größeren Bauprojekten einen bestimmten Anteil der Wohnungen zu vergünstigten Kauf- und Mietpreisen auf den Markt zu bringen.

Was der Stadtrat davon hält, ob das womöglich auch etwas für Dorfen wäre? Das war nicht zu erfahren. Nur Gerald Forstmaier (GAL) sagte, Sobon sei "aktuell und trifft den Zeitgeist". Und wenn er sich recht an die geheime Sitzung im Oktober erinnere, hätten das damals auch viele andere Stadträte so gesehen.

© SZ vom 04.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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