Dorfen:"Ich tät' mich an Ihrer Stelle schämen"

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Bürgermeister Grundner (CSU) muss sich wegen seiner unwahren Aussagen zum Verkauf des Dorfener Bahnhofs vor dem Stadtratsgremium rechtfertigen. Es gelingt ihm nicht, wieder eine Vertrauensbasis herzustellen

Von Florian Tempel

Im Kreuzfeuer der Kritik steht Heinz Grundner (CSU), Bürgermeister von Dorfen (Foto: Bauersachs)

Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) ist es nicht gelungen, die Vorwürfe zu entkräften, er habe den Dorfener Stadtrat im Zusammenhang mit dem Verkauf des Dorfener Bahnhofs belogen. Vertreter aller Stadtratsfraktionen - mit Ausnahme der CSU - waren empört und werteten den Vorfall als herben Vertrauensverlust.

Grundner hatte am 2. Oktober auf eine Anfrage von Ursula Frank-Mayer (GAL), ob seines Wissens an den Gerüchten "etwas dran sei", dass der Dorfener Bahnhof verkauft werden solle, laut Sitzungsprotokoll geantwortet, "dass er von einem anstehenden Verkauf nicht informiert wurde". Grundner räumte nun ein, dass er bereits Ende Juli mit den Erdinger Investoren Helmut Sedlmeir und Maximilian Neumayr ein Gespräch geführt habe, "in welchem diese ihr Interesse am Bahnhof schilderten". Sedlmeir und Neumayr haben am 9. Oktober den Bahnhof inklusive knapp 7000 Quadratmeter Grund von einer britischen Fonds-Gesellschaft erworben.

Grundners Versuche, seine offensichtlich unwahre Antwort auf Frank-Mayers Frage "ins rechte Licht zu rücken" scheiterten. Grundner sagte zunächst, er habe die Frage der Stadträtin anders verstanden. Sie hätte gefragt, ob das Bahnhofsgebäude schon verkauft worden sei. Von einem bereits getätigten Verkauf habe ihm logischerweise nichts bekannt sein können, da der Verkauf erst eine Woche später erfolgte.

Die Mehrheit des Stadtrats war sich indes sicher, dass Frank-Mayer den Bürgermeister eindeutig zu Gerüchten über einen bevorstehenden Verkauf befragt hatte. Genau so ist ihre Frage und Grundners Antwort, er habe dazu keine Erkenntnisse, auch in einem am 11. Oktober erschienenen Zeitungsbericht wiedergegeben. Zudem heißt es in der am 2. Oktober protokollierten Antwort Grundners, er habe keine Informationen zu einem "anstehenden" Verkauf.

In einem zweiten Anlauf versuchte sich Grundner damit zu verteidigen, er habe beim Gespräch mit Sedlmeir und Neumayer nicht erkennen können, ob sie den Bahnhof ernsthaft kaufen wollten. Er habe deshalb auf Frank-Mayers Frage nicht mit "Nein" geantwortet, sondern sinngemäß und nicht wahrheitswidrig gesagt, "ich weiß es nicht". Neumayr hat der SZ allerdings versichert, dass er und sein Geschäftspartner Grundner unmissverständlich klar gemacht hätten, dass sie den Dorfener Bahnhof kaufen wollten.

Vertreter aller Fraktionen - mit Ausnahme der CSU - kritisierten Grundner scharf. Günther Drobilitisch (Landlisten) fasste zusammen: "Wir sind jetzt so weit, dass feststeht, dass nicht die Wahrheit gesagt worden ist." Der stellvertretende Bürgermeister Hans Haberstetter (Landlisten) sagte, "der Fall hat schon irgendwie zweifelhafte Züge". Grundner hätte den Stadtrat schon gleich nach dem Gespräch mit Neumayr und Sedlmeir von sich aus über deren Kaufabsichten informieren müssen. Auf Nachfrage einer Stadträtin abzuwiegeln, "das geht gar nicht".

Für SPD-Fraktionssprecherin Michaela Meister war das, "der eigentliche Skandal". Gerald Forstmaier (GAL) sagte, das Verhalten des Bürgermeisters sei "ein Schlag ins Gesicht - was soll ich Dir überhaupt noch glauben?" Jakob Baumgartner (SPD) fragte, "ist das ein Einzelfall, dass wir bewusst nicht informiert werden?" Doris Minet (ÜWG) verwies auf die Gemeindeordnung und die Geschäftsordnung laut derer der Bürgermeister den Stadtrat über wichtige Grundstücksangelegenheiten nicht nur frühzeitig informieren, sondern ihn auch einbinden müsse. Frank-Mayer ließ Grundner wissen, "ich tät' mich an Ihrer Stelle so was von schämen".

Michael Oberhofer (CSU) versuchte Grundner in Schutz zu nehmen. Der Dorfener Bürgermeister sei eben ein Mann "mit Ecken und Kanten", "nicht weich gespült" und keiner, der schon ein halbes Dutzend Diplomatie-Seminare besucht habe. Ludwig Rudolf (CSU) fragte, "was ist uns letztlich entgangen?" Es mache für die finanziell klamme Stadt eh keinen Sinn, einen maroden Bahnhof zu kaufen. Ein Vorstandsmitglied der Dorfener CSU sagte der SZ allerdings, selbst innerhalb des CSU-Ortsverbandes gebe es nicht wenige, die einen Kauf des Bahnhofareals befürworten würden. Das Thema Bahnhofskauf sei vor mehr als einem Jahr innerhalb der Dorfener CSU kontrovers diskutiert worden.

Auch der stellvertretende Bürgermeister Haberstetter sagte: "Ich denke, das Projekt Bahnhof wäre für die Stadt interessant", zumal es "ja keine Unsumme kostet". Das Bahnhofsgebäude könnte man beispielsweise als Heimatmuseum nutzen. Der Erwerb der dazugehörigen Grundstücke wäre allein deshalb interessant, weil die Stadt für Auto- und Fahrradparkplätze jährlich 8500 Euro Pacht zahlen muss.

Frank-Mayer kritisierte vehement, dass durch die irreführende Nichtinformation des Stadtrats, die Möglichkeit eines Vorkaufsrechts verspielt worden sei. Die Stadt hätte sich ein Vorkaufsrecht durch einen Bebauungsplan für das Bahnhofsgelände sichern können - was sträflich versäumt worden sei.

Die Stadt prüft nun zwar, ob sie dennoch ein Vorkaufsrecht geltend machen kann. Nach einer ersten, noch nicht abschließenden Beurteilung, ist das aber wohl nicht möglich.

© SZ vom 08.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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