Dorfen:Ehrwürdig gealtert

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Das Ruheheim der Armen Schulschwestern in Dorfen feiert sein 100-jähriges Bestehen. Derzeit verbringen 63 Ordensfrauen auf dem Ruprechtsberg ihren Lebensabend

Von Denis Giessler, Dorfen

Am Südhang des Dorfener Ruprechtsbergs erblüht im Sommer ein wahres Blumenmeer und zahlreiche Beeren warten nur darauf, gepflückt zu werden. Die Ordensschwestern des Schulschwesternheims nehmen sich dieser alljährlichen Aufgabe in ihrem Klostergarten nur allzu gern an. Seit nunmehr 100 Jahren ist die Ordensgemeinschaft im Besitz des ehemaligen Priesterseminars, das nur wenige Meter von der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt und dem Pfarrhof entfernt liegt. 1915 richteten sie in dem historischen Gebäude ein Altenheim ein, um pflegebedürftigen Ordensschwestern einen ruhigen Lebensabend zu ermöglichen. Aktuell leben 63 Schwestern im Schwesternheim. Am Samstag und Sonntag, 20. Juni und 21. Juni, sowie am Samstag, 27. Juni, finden die Jubiläumsfeiern zum 100-jährigen Bestehen mit einem Festgottesdienst, einem Tag der offenen Tür sowie einem Kloster-Trödelmarkt statt.

Die Geschichte des Schulschwesternheims beginnt 1913, als sich die damalige Ordensleitung der Armen Schulschwestern in München für den Kauf des ehemaligen Priesterseminars entscheidet. Ein Wohn- und Pflegeheim sollte es werden, das älteren Schwestern einen ruhigen Lebensabend ermöglicht. Nach der Vertragsunterzeichnung am 16. Juli 1913 begannen aufwendigen Renovierungsarbeiten. "Das Haus aus dem 18. Jahrhundert war verfallen und bedurfte einer grundlegenden Generalüberholung", sagt Franz Streibl vom Historischen Kreis Dorfen, der sich anlässlich des Jubiläums mit der Geschichte des Schulschwesternheims beschäftigt hat. "Dazu gehörten neue, eingezogene Wände, die Erneuerung der Dächer, aber auch der Einbau einer Zentralheizung." Parallel dazu legten die Schulschwestern den bis heute bestehenden Obstgarten an und nahmen eine kleine Imkerei in Betrieb. Am 7. April 1915 weihten sie das generalüberholte Haus ein.

Bei der Heuernte packten alle mit an. (Foto: Schwesternheim/oh)

Um sich ein Stück weit selbst versorgen zu können, kauften die Schulschwestern 1918 ein kleines Gut dazu, das nur wenige Meter nördlich des Ruprechtsbergs lag. "In Zusammenarbeit mit einem Landwirt bauten sie Lebensmittel an. In einer 1925 gegründeten Bäckerei stellten sie dann hauseigene Hostien her, die in ganz Südbayern bekannt waren", sagt Streibl. Das notwendige Mehl lieferte die Klostermühle Algasing. Verschiedene Backeisen und Ausstanzformen machten unterschiedliche Hostien-Motive möglich. Zusammen mit Auftragsstickereien, Handarbeiten, Musik- und Nachhilfestunden kam der Orden so zu Nebeneinnahmen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg boten die Schwestern den Dorfener Schulkindern eine regelmäßige Schulspeisung und unterstützen Flüchtlinge. 1966 wurde das landwirtschaftliche Gut eingestellt, 1979 endet die berühmte Hostienproduktion wegen Personalmangels. Mit einem neuen Anbau bietet das Gebäude seit 1971 für bis zu 85 Schwestern Platz. Die alltäglichen Arbeiten nahmen an Umfang beständig zu, weshalb die wenigen Schwestern Unterstützung benötigen. "1977 stellten sie daher erstmals einen Hausmeister ein, ab 1983 sogar weltliches Personal", so Streibl. Von 2002 bis 2006 fand eine gründlichen Generalsanierung statt, um zeitgemäße Pflegemaßnahmen durch schwellenfreie Zugänge zu den Zimmern, Nasszellen und Pflegebädern zu erleichtern.

Heute ist das Leben im Ruheheim entspannter. (Foto: Schwesternheim/oh)

Aktuell ist Schwester Rosina Maier die Oberin im Schwesternheim. Bis 2017 wird sie voraussichtlich die Einrichtung leiten. Während eines normalen Arbeitstages fallen eine Menge an kleinen und großen Aufgaben an: Büro- und Schreibarbeiten, aber auch die Betreuung der 63 Schwestern und den 37 externen Mitarbeitern. Trotz ihrer mittlerweile 73 Jahre fühlt sich Oberin Rosina Maier nicht als alte Frau, im Gegenteil: "Viele unserer Bewohnerinnen sind mehr als 90 Jahre alt und verbringen hier ihren Lebensabend. Von ihnen als gereifte Persönlichkeiten können wir auch als 70-Jährige noch eine Menge lernen."

Der Tagesablauf im Altenheim der Schulschwestern ist klar strukturiert und richtet sich nach den Gebetszeiten. Waschen, Bügeln oder Gartenarbeit gehören zur täglichen Arbeit, werden aber zu einem großen Teil von den weltlichen Mitarbeitern erledigt. Oberin Rosina Maier betont, dass zwar auch die Bewohnerinnen in Arbeitsprozesse eingebunden werden, allerdings nur im Rahmen ihrer Möglichkeiten: "Beeren pflücken oder kleinere Küchenarbeiten schaffen die meisten, viele Schwestern sind aber pflegebedürftig und zu anstrengenderen Arbeiten nicht mehr in der Lage. Wir sind alle älter geworden und unsere Arbeitsschwerpunkte haben sich im Vergleich zu früher verändert."

Historische Aufnahmen zeigen Schulschwestern in früheren Jahren beim Hostienbacken. (Foto: Schwesternheim/oh)

Für die Jubiläumsfeierlichkeiten ist ein umfangreiches Programm vorgesehen. Am Samstag, 20. Juni, findet um 10 Uhr ein Festgottesdienst in der Pfarrkirche mit dem Kirchenchor statt. Der anschließende Festakt um 11.15 Uhr ist für alle offen, es gibt ein Mittagessen und Vesper. Um 18 Uhr gibt der Männerchor Dorfen ein Abendständchen. Am Sonntag, 21. Juni, ist Tag der offenen Tür, gegen 14 Uhr findet eine Führung durch das Schwesternheim statt, um 16 Uhr gibt es ein offenes Singen im Klostergarten. Eine Woche später am Samstag, 27. Juni, veranstalten die Schulschwestern einen Klosterflohmarkt, bei dem alte und seltene Sachen verkauft werden. "Alte Reisekoffer, Tische, Stühle und zahlreiche Dinge für Sammler sind dabei", sagt Oberin Rosina Maier: "Alle Erlöse fließen in ein Schulprojekt unseres Schulschwester-Ordens in Argentinien."

© SZ vom 15.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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