Dorfen:Digitale Daseinsvorsorge

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Die Stadtwerke Dorfen bauen in Eigenregie ein lokales Glasfasernetz auf. Am 1. Januar 2016 geht es in Betrieb

Von Florian Tempel, Dorfen

Wer in Landersdorf ins Internet geht, muss Geduld haben. Wenn es gut läuft, fließen die Daten aus dem weltweiten Netz nur im Schneckentempo von einem Megabit pro Sekunde in die Computer. Am 1. Januar 2016 wird sich das erheblich ändern. In Landersdorf und anderen bislang abgehängten Dorfener Außenorten - und auch in der Stadt selbst - wird man sich aussuchen können, ob man mit 60 oder lieber gleich mit 100 Megabit pro Sekunde im Internet surfen will. Das ist dann nicht mehr Provinz-, sondern Großstadtniveau.

Dass die Internetversorgung auf einen zeitgemäßen Standard steigt, ist bemerkenswert, aber nicht die eigentliche Nachricht. Das machte Stadtwerke-Chef Karl-Heinz Figl bei einer Informationsveranstaltung in Landersdorf zum bevorstehen Start der Sparte "Glasfaser" der Stadtwerke Dorfen deutlich. Auch in vielen anderen Kommunen im Landkreis ist der Breitbandausbau in Planung und im Aufbau. Das Besondere in Dorfen aber ist, dass hier die lokalen Stadtwerke die Sache in die Hand genommen haben. Der Aufbau eines Glasfasernetzes ist als örtliche Infrastrukturaufgabe erkannt worden. So wie die Stadtwerke seit 101 Jahren Strom liefern, 1987 die städtische Wasserversorgung übernommen haben und seit 2007 Nahwärme zum Heizen anbieten, werden nun eben auch Leitungen für den digitalen Datentransfer bereitgestellt.

Für Figl ist der Aufbau eines Glasfasernetzes im Versorgungsgebiet der Dorfener Stadtwerke ein Aspekt der "Daseinsvorsorge". Da die Stadtwerke keine ganz normale Firma sind, sondern "ein Bürgerunternehmen", habe man zudem den Auftrag "nachhaltig zu wirtschaften und langfristig zu denken". Die "Gewinnmaximierung" sei hingegen "kein Auftrag der Stadtwerke".

Denjenigen, die meinten, Datennetze aufzubauen, sollte dennoch anderen Unternehmen überlassen bleiben, hielt Figl mehrere Argumenten entgegen. Die Deutsche Telekom, die bislang in Dorfen allein im Festnetzbereich präsent war, habe bisher zu wenig getan. Die Telekom hat zwar entlang von Hauptrouten wie der Bundesstraße B 15 leistungsfähige Glasfaserkabel verlegt, aber den Aufbau eines lokalen Glasfasernetzes stets abgelehnt. Die Telekom werden nun zwar in vielen Kommunen tätig, aber eben nur im Rahmen eines staatlichen Förderprogramm. Die Stadtwerke Dorfen bauen hingegen ein modernes Glasfasernetz ohne Subventionierung auf. Seit das so ist, verbessert die Telekom auch in Dorfen - ohne Steuergeld - ihr Netzangebot.

Das technische Konzept der Stadtwerke sieht so aus: In die Außenorte Eibach, Hampersdorf, Oberdorfen, Zeilhofen, Landersdorf, Esterndorf und Watzling sowie in großen Teilen der Stadt werden Glasfaserkabel bis zu den Verteilerkästen gelegt. Die Haushalte und Betriebe im Umgriff der Verteilerkästen können Leistungen von 60 oder 100 Megabit pro Sekunde buchen. Ein zweite Möglichkeit gibt es für die etwa 3500 Dorfener Haushalte, die an das Fernsehkabelnetz des Unternehmens KMS angeschlossen sind. Die Stadtwerke und KMS kooperieren und bieten den Fernsehkabel-Kunden an, über diese Leitung künftig auch mit Hochgeschwindigkeit ins Internet zu gehen. Der dritte Weg ist, dass man sich ein Glasfaserkabel direkt ins Haus legen lässt. Dann sind sogar 150 Megabit pro Sekunde möglich. Ein eigener Hausanschluss kostet allerdings einen Anschlussbeitrag von mehreren hundert Euro. Nur bei Neubauten, die an die Nahwärme angeschlossen werden, gibt es den eigenen Glasfaseranschluss gratis.

Grundsätzlich ist ein Glasfaserkabel im Haus nach Ansicht aller Experten die Zukunftstechnologie. Glasfaser erlaubt noch weitaus größere Leitungsgeschwindigkeiten als 150 Megabit pro Sekunde. Die Stadtwerke böten nur deshalb zunächst nicht mehr an, sagte Figl, weil kaum jemand derzeit mehr brauche. In wenigen Jahren könnte das aber schon ganz anders sein. Dann werden womöglich ein Gigabit pro Sekunde zum Standard. Nur wer Glasfaser im Haus hat, habe für solche Steigerungen in den nächsten Jahrzehnte vorgesorgt. In Labortests ist es bereits gelungen 40 Terabit pro Sekunde durch eine Glasfaser zu schicken - das ist 40 Millionen Mal so viel, wie derzeit noch in Landersdorf durch die Leitungen geht.

© SZ vom 10.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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