Dieb vor Gericht:Flucht in Schrittgeschwindigkeit

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34-Jähriger wird zu Geldstrafe verurteilt, weil er fünf Kubikmeter Sand im Wert von 50 Euro von einer Baustelle gestohlen hat

Von Alexander Kappen, Freising

Es war eine "wüste" Verfolgungsjagd, sagte Richter Manfred Kastlmeier mit einem leichten Grinsen. Einer der Polizisten, die den Flüchtigen in ihrem Streifenwagen verfolgt hatten, konnte es in der Verhandlung am Freisinger Amtsgericht noch etwas präzisieren. Der Angeklagte sei "ungefähr in Schrittgeschwindigkeit" unterwegs gewesen - mit einem Rasenmäher-Bulldog samt Anhänger.

Der heute 34-Jährige musste sich am Dienstag in einem Prozess wegen Diebstahls verantworten, weil er vergangenen Oktober mitten in der Nacht fünf Kubikmeter Sand im Wert von 50 Euro von der Westtangenten-Baustelle geklaut hatte. Dummerweise kam ihm dabei eine Polizeistreife entgegen, die ihn verfolgte und schließlich schnappte. Das Gericht verurteilte den im Wesentlichen geständigen, mehrfach vorbestraften Dieb zu einer Geldstrafe von 150 Euro. Die Staatsanwältin hatte 1350 Euro gefordert.

Der Polizist, der in der Verhandlung als Zeuge aussagte, stand mit seiner Kollegin seinerzeit nach Mitternacht an der Bahnhofskreuzung in Freising an einer roten Ampel, als ihnen ein unbeleuchteter Rasenmäher-Bulldog mit Anhänger entgegenkam. "Das war schon ein bisschen ungewöhnlich um diese Zeit", sagte der Polizist. Die Beamten wendeten und fuhren dem Rasenmäher hinterher. Mit einem Anhaltesignal und dem so genannten Yelp-Ton, wie es ihn auch in amerikanischen Polizeiautos gibt, wollten sie den Rasenmäherfahrer stoppen. Der habe sich zwar umgedreht und die Polizisten gesehen, aber nicht angehalten, berichtete der Zeuge. Die Beamten überholten den Rasenmäherfahrer nicht, "weil es zu gefährlich war und wir niemanden gefährden wollten".

Das nutzte der 34-Jährige schließlich aus: Er bog ab und verschwand in einem Hinterhof. Die Polizisten fanden dort den verlassenen Rasenmäher mit abgezogenem Zündschlüssel vor. Der Fahrer war verschwunden. Durch eine Nahbereichsfahndung habe man dann den Angeklagten ziemlich schnell ausfindig gemacht. Der habe zunächst angegeben, nur eine Testfahrt gemacht zu haben, weil an seinem Rasenmäher-Bulldog was kaputt gewesen sei. Die Polizisten glaubten ihm nicht - zumal sie an seiner Wohnanschrift einen Haufen Sand vorfanden. Der Angeklagte räumte schließlich ein, diesen an der Westtangenten-Baustelle mitgenommen zu haben.

In der Verhandlung behauptete er, einen Bauarbeiter zuvor um Erlaubnis gefragt zu haben. "Ich wusste nicht, dass er nicht dazu berechtigt war, mir das zu erlauben - das war mein großer Fehler, ich hätte den Bauleiter fragen müssen." Er habe den Sand nutzen wollen, um seine Hofeinfahrt herzurichten. Zwei Fuhren habe er von der Baustelle geholt, sagte der 34-Jährige. "Eigentlich wollte ich schon noch mal losfahren", sagte er. Aber dann kamen die Polizisten.

Der als Zeuge geladene Beamte hatte nach dem Vorfall beim zuständigen Bauleiter nachgefragt. Nach dessen Auskunft komme es öfter vor, dass Privatleute mit einem Schubkarren vorbei kämen und fragten, ob sie ein bisschen Sand haben könnten. "Und er ist da normal sehr großzügig, weil so eine Menge auf dieser Baustelle nicht ins Gewicht fällt." Der Angeklagte habe aber nicht gefragt. Da der 34-Jährige derzeit von Hartz IV lebt, seine Frau nur einen Minijob hat und zwei Kinder zu versorgen sind, blieb der Richter mit seiner Strafe von 30 Tagessätzen zu je fünf Euro unter dem Antrag der Staatsanwältin, die 90 Sätze zu je 15 Euro beantragt hatte.

© SZ vom 28.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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