Der Bründlhof in Wartenberg:Ein Tod auf Raten

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Der Bründlhof muss einem Neubau weichen. Der Besitzer, die Klinik Wartenberg, will an der Stelle des ehemaligen Landgasthofs Personalwohnungen errichten. (Foto: Gehard Willhelm)

Die Gaststätte ist Vergangenheit, sie wurde abgerissen. Bis vor wenigen Jahren beherbergte sie ein französisches Sterne-Restaurant. Jetzt werden dort Wohnungen für das Pflegepersonal der Klinik gebaut

Von Gerhard Wilhelm, Wartenberg

Alteingesessene Wartenberger Bürger dürfte beim Anblick des Bründhofs in den vergangenen Jahren ein Stich durch das Herz gegangen sein, diejenigen, die erst vor kurzem zugezogen sind oder Auswärtige, die vielleicht Angehörige in der Klinik gegenüber besuchen wollten, werden sich gefragt haben, warum der Gasthof mit seinem tollen Baumbestand für einen Biergarten abgewirtschaftet aussieht und geschlossen hat. Jetzt herrscht wieder rege Tätigkeit dort: der Bründlhof wird abgerissen, er muss zwei Gebäuden mit Personalwohnungen der Klinik Wartenberg weichen. Zudem wird nebenan, zur Straße Am Bründlhof hin, die Wohnungsbau- und Grundstücksgesellschaft im Landkreis ein Haus mit Sozialwohnungen errichten.

Ruhiger ist es um den Landgasthof mit seinem großen Biergarten schon seit 2015 geworden, als der letzte Pächter der Wirtschaft sogar mittels Räumungsklage vom Besitzer, der Klinik Wartenberg, herausgeworfen wurde. Seinen einstigen legendären Ruf hatte der Bründlhof von Jean-Luc Garnier. Mit ihm und seiner Frau Traudel zog im Oktober 1985 die Haute Cuisine mit klassischer französischer Küche in das Wirtshaus gegenüber der Klinik ein. Die Küche war so gut, dass der Bründlhof ununterbrochen von 1998 bis 2006 Jahr mit einem der begehrten Michelin-Sterne belohnt wurde. Von 1995 an trug der Bründlhof auch drei Hauben von Gault Millau in seinem Wappen. Ende 2008 zog es Garnier in seine französische Heimat zurück, die Odyssee des Bründlhofs ging los. Die Pächter danach scheiterten alle mit ihren Konzepten, seit 2015 verfällt das Gebäude. "Eine Goldgrube war er es nie. Der Ruf war cool früher, aber auch ein Sternebetrieb ist kein Selbstläufer", sagte Klinik-Geschäftsführer Constantin von Stechow nach dem Scheitern aller Versuche, dem Bründlhof wieder Leben einzuhauchen.

Neben den gescheiterten Pächtern - darunter ein Wiener Kaffeehausbesitzer und eine Wirtshauskette mit wechselnden Unterpächtern - war das Gebäude selber problematisch. Die meisten sahen in ihm einen "alten Kasten mit horrenden Heizkosten". Überlegungen, den Bründlhof bis zum jetzigen Abriss als Wohnkomplex zu nutzen, oder als Demenzzentrum wurden nie realisiert. Auch ein Demenzcafé war im Gespräch - kurzzeitig.

Die Geschichte des Gebäudes geht zurück bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts, wie Professor Hans Selmair, ehemaliges Vorstandsmitglied in der Klinik-Stiftung und Chef der Klinik Wartenberg bis 2003, bei der Erforschung seiner Familiengeschichte heraus gefunden hat. Demnach handelt es sich bei dem Gebäude um eine Ziegelei, die zu der Zeit entstand. Das gesamte Bründlhof-Areal (auf dem auch die Ziegelei stand), wie Irene Hilf von der Klinik mitteilt, wurde 1905 von Anton Selmair, seinem Großvater gekauft, um gemeinsam mit zwei weiteren Höfen die Versorgung des von ihm geplanten überregionalen Kurzentrums sicherzustellen. Anfangs sei das Gebäude als Quarantäne-Station ("Dependance") für die Klinik, die damals eine Lungenheilstätte war, genutzt worden. Mit seinem plötzlichen Tod 1916 seien die Planungen von Anton Selmair aber zum Erliegen gekommen. Sein Sohn Hans Selmair habe dann in dem Gebäude von 1922 an eine chirurgische Praxis betrieben, als er nach dem Tod seines Vaters nach Wartenberg kam. Während des Zweiten Weltkriegs seien laut Hilf dort auch Verwundete nach Bombenangriffen versorgt worden, weil die Münchner Krankenhäuser völlig überlastet gewesen seien. Nach dem Weltkrieg sei der Bründlhof dann als Restaurant betrieben worden - bis 2015. Wie es einmal mit dem Bründlhof endet, sei nach Irene Hilf schon 1905 festgestanden. Professor Selmair sagt, der Abriss sei schon beim damaligen Kauf geplant gewesen. Warum es dann doch nicht dazu kam, sei nicht bekannt.

Rund fünf Millionen Euro sollen in die zwei Häuser auf dem Bründlhof-Areal investiert werden. Notwendig werden sie, um auf dem hart umkämpften Pflegermarkt konkurrenzfähig zu bleiben, da die Klinik sich vergrößern will. Am Neubau für weitere Betten in einer Palliativstation und für Akutkranke und Reha-Patienten wird schon fleißig gebaut. Das auf geriatrische Medizin spezialisierte Krankenhaus will dafür 20 Millionen Euro ausgeben. Auf der Südwestseite des bestehenden Gebäudes sollen auf vier Stockwerken insgesamt 48 Zimmer entstehen. Parallel dazu sollen nun die Personalwohnungen gebaut werden, damit sie mit dem Neubau 2020 fertig sind. Die Klinik Wartenberg ist mittlerweile seit drei Generation ein Familienunternehmen.

© SZ vom 18.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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