Denkmalschutz:Heilig Blut in Gefahr

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Beim Bau der Dreifachhalle am Anne-Frank-Gymnasium stellt der Denkmalschutz plötzlich Forderungen zur Sicherung der Kirche

Von Antonia Steiger, Erding

Seit sechs Jahren darf die Wallfahrtskirche Heilig Blut in Erding wegen Einsturzgefahr nicht betreten werden. Ein Förderverein ist gegründet worden in der Hoffnung, die Erzdiözese werde nun bald mit der Sanierung beginnen, worin man sie hätte unterstützen wollen. Doch noch ist nicht erkennbar, dass die Diözese den Zustand der Kirche verbessern möchte. Verschlechtern soll er sich aber auch nicht, weswegen die Erzdiözese nun vom Landkreis fordert, beim Bau der neuen Turnhalle am benachbarten Anne-Frank-Gymnasium mit besonderer Vorsicht voranzugehen, damit die Kirche keinen weiteren Schaden durch Erschütterungen nimmt. Kirche und Baustelle sind mehr als 150 Meter voneinander entfernt.

Die Baukosten für die Turnhalle erhöhen sich unter anderem wegen dieser Forderungen um gute vier Millionen auf 36 Millionen Euro. Planer und Architekt Wendelin Burkhardt rechnet aber auch mit weiteren Mehrkosten aufgrund der aktuellen Marktsituation, die so sei, wie er es noch nie erlebt habe, sagte er am Mittwoch in der Sitzung des Kreisausschusses.

Der Ingenieur Peter Helmprecht erläuterte, wie man mit den Forderungen der Erzdiözese umgeht: Es werden Sensoren in der Kirche angebracht, die unter anderem direkt in das Cockpit des Baggers übertragen werden, der über die Baustelle am Anne-Frank-Gymnasium rattert. Werden ihm Erschütterungen signalisiert, könnte er sofort stoppen. Bislang hätten aber die Müllfahrzeuge die größten Ausschläge verursacht, sagte Helmprecht.

Was die Sensoren messen, wird aufgezeichnet, sodass der Landkreis umgekehrt auch nachweisen könne, dass bei etwaigen Schäden eben nicht die Bauarbeiten die Ursache sind. Auf Wunsch von Hans Wiesmaier (CSU) prüft das Landratsamt aber auch noch einen Versicherungsschutz. Denn wenn doch etwas passieren sollte, sagte Wiesmaier, "dann wird es richtig teuer." Nicht nur wegen möglicher Schäden an der denkmalgeschützten Kirche Heilig Blut, sondern auch wegen der sich daraus ergebenden Verzögerungen beim Bau. Einige Kreisräte ließen Zweifel erkennen, ob die Forderungen der Erzdiözese, die selbst nichts beitrage zum Erhalt der Kirche, so einwandfrei seien und ob der Landkreis nicht doch abgezockt und für die Beseitigung von Schäden finanziell herangezogen werden soll, die die Diözese schon lange hätte beheben können.

Wie Burkhardt erklärte, wird die Baugrube mit einem Spezialverbau in Form einer Bohrpfahlwand abgesichert, damit sich unterirdisch keine Erschütterungen fortsetzen können, die zu weiteren Rissen im Kirchenbau führen könnten. Auch der tragende Untergrund der Kirche wurde bereits auf seinen Feuchtegehalt untersucht, wie es in der Sitzungsvorlage heißt. Der feuchte Boden neige zu Setzungen und müsse daher stets beobachtet werden. Burkhardt zeigte sich erstaunt über diese Auflagen des Denkmalschutzes. Das sei für ihn so "nicht absehbar" gewesen. Ebenso wenig absehbar war demnach auch eine weitere Verteuerung von Baukosten, die laut Burkhardt noch einmal neue Dimensionen angenommen habe und im Frühjahr nicht vorhersehbar gewesen sei.

Die Materialknappheit gehe beim Holz los, die Preise hätten sich auf das Dreifache erhöht. "Baustahl wird wie Gold an der Börse gehandelt", sagte Burghardt. Die anderen zögen dann auch nach: Die Kosten für Dämmstoffe und Installationsmaterialien seien seit Bekanntgabe der Kostenschätzung im Mai dieses Jahres für die Dreifachhalle die Höhe geschossen. Die Mehrkosten aufgrund dieser Marktsituation schätzt Burghardt auf 2,9 Millionen Euro, dazu die 1,2 Millionen Mehrkosten für die erschütterungsfreien Bau mitsamt Monitoring, das ergibt in der Summe eine Verteuerung um 4,1 Millionen. Dazu kommt ein zeitlicher Mehraufwand bei Planung und Vorbereitungen wegen der Maßnahmen zur Sicherung der Baugrube. Daher gehen die Architekten nun davon aus, dass die Dreifach-Halle erst im Frühjahr 2024 fertig wird. Im Mai hatte es noch geheißen, dass sie zu Beginn des Schuljahres 2023/2024, also im September 2023, fertig wird.

© SZ vom 17.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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