Boom-Gemeinde Eitting:"Der Zuwachs ist schon enorm"

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Zwei Arbeitgeber Eittings auf einem Foto: Das Gebäude des Abwasserzweckverbandes und ein Flugzeug vom Münchner Flughafen. Foto: Renate Schmidt (Foto: Renate Schmidt)

Kaum eine Gemeinde im Landkreis wächst so rasant wie Eitting. Darüber kann sich ihr erster Bürgermeister Georg Wiester freuen - und stellt ihn auch vor Herausforderungen, über die er im SZ-Interview spricht.

Von Regina Bluhme, Eitting

Der Landkreis Erding wächst und wächst. Die Gemeinde Eitting zum Beispiel hat bei der Einwohnerzahl in den letzten zehn Jahren (2004 bis 2014) um 18 Prozent zugelegt. Damit steht die Gemeinde in dieser Hinsicht auf Platz eins im Landkreis, wie die neuen Daten des Planungsverbands Äußerer Wirtschaftsraum München belegen. Die Erdinger SZ hat mit Eittings erstem Bürgermeister Georg Wiester (parteilos) über Baugebiete, Wirtshäuser vor Ort, Kindergarten und Grundschule gesprochen - und dem Flughafen München als riesigem Nachbarn.

SZ: Herr Bürgermeister, beim prozentualen Einwohnerzuwachs liegt Eitting im Landkreis auf Platz 1. 2004 zählte der Planungsverband 2224 Einwohner, 2014 waren es 2618. Wie viele sind es aktuell?

Georg Wiester: Zum 3. Januar 2016 haben wir 2710. Ehrlich gesagt war ich selber ein wenig überrascht, als ich die Wachstumsrate gelesen habe. Ich weiß noch, als ich 1972 in der Gemeindeverwaltung angefangen habe, da hatte Eitting 1500 Einwohner. Der Zuwachs ist schon enorm.

Wie kommt's?

Ein Grund ist zum Beispiel, dass in den letzten Jahren einige Gebäude innenverdichtet wurden. Das heißt, Einfamilienhäuser wurden zu Häusern umgebaut, in denen jetzt sechs oder sieben Familien wohnen. Dann haben wir in den letzten sechs Jahren zwei große Baugebiete im Einheimischenmodell ausgewiesen. Einmal waren es 32 Parzellen, einmal 15. Da sind alle gemeindlichen Grundstücke vergeben. Erst letzte Woche habe ich einen Anruf bekommen, ob nicht in Reisen ein neues Baugebiet möglich wäre.

Ist überhaupt ein neues Baugebiet in Planung?

Wir stoßen ehrlich gesagt langsam an unsere Grenzen. Es wird immer schwieriger, Grundstücke zu erhalten. Wir bestehen ja aus den vier Ortschaften Eitting, Reisen, Gaden und Eittingermoos und überall sind wir in der Entwicklung eingeschränkt, durch den geplanten Bau der Dritten Startbahn oder den geplanten Erdinger Ringschluss oder den Mittleren Isarkanal. Aber wir wollen auf jeden Fall wieder ein Einheimischenmodell auf die Füße stellen. Nur wo genau, das steht noch nicht fest.

Apropos Erdinger Ringschluss. Nach dem Erörterungstermin Ende März haben Sie angekündigt, dass die Gemeinde gegen den Bau klagen werde, sollte keine einzige Einwendung der Gemeinde Berücksichtigung finden. Haben Sie schon irgendeine Rückmeldung erhalten?

Nein. Aber ich war kürzlich bei der Eröffnung des Satellitengebäudes am Münchner Flughafen. Da habe ich einen der Verantwortlichen des Verfahrens getroffen und ihn erneut auf das Thema angesprochen. Ich habe ihm gesagt, dass unsere Forderungen absolut gerechtfertigt sind, dass wir zum Beispiel große Probleme bei den Ausgleichsflächen haben. Und dass wir keine Angst haben, die Sache durch alle Instanzen durchzuziehen. Ist ja nicht das erste Mal, dass ich Eittinger Belange vor Gericht darlegen muss.

Georg Wiester steht einer boomenden Kommune vor. (Foto: lkn)

Da ging es sicher um die dritte Startbahn, oder?

Genau. Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Ich gehe zu Veranstaltungen am Flughafen und versuche, Kontakt zu halten, weil viele Eittinger dort arbeiten. Aber ich kämpfe als Bürgermeister auch ganz entschieden gegen den Bau der geplanten dritten Startbahn, weil dazu derzeit überhaupt keine Notwendigkeit besteht. Das erste Mal hab ich am 11.11.2008 im Ballhaus-Forum Eittings Bedenken gegen den Bau vorgetragen. Das weiß ich noch genau, das war nämlich an meinem Geburtstag. Und dann wieder vor zwei Jahren am Verwaltungsgerichtshof.

Jetzt könnte man meinen, der nahe Flughafen und die geplante Startbahn wirken eher abschreckend. Aber Eitting wächst weiter.

Abgesehen davon passt bei uns halt alles. Wir haben Wohngebiete und Arbeitsplätze vor Ort, wir haben ein tolles Vereinsleben, wir haben fünf Wirtschaften am Hauptort Eitting, eine Bäckerei, eine Metzgerei, eine Brauerei, Kindergarten und Krippe und eine Grundschule - und einen tollen Fußballverein, der sogar einen Bundesligaspieler hervorgebracht hat. Der Stefan Lex vom FC Ingolstadt schaut oft bei uns vorbei. Erst neulich war er zur Autogrammstunde an der Grundschule. Das gab vielleicht ein Hallo.

Nach Angaben des Planungsverbands ist Eitting auch beim Punkt "Sozialversicherungspflichtige Beschäftigte am Arbeitsort in den Gemeinden" vorne dabei. Laut Unterlagen haben sie 1353 Arbeitsplätze innerhalb Ihres Gemeindegebiets.

Das ist bei unserer Einwohnerzahl natürlich eine Superquote. Wir haben zum Beispiel als Arbeitgeber das Unternehmen Rewe mit Verwaltung und Logistikhalle mit ca. 400 Arbeitsplätzen. Derzeit wird an einem zusätzlichen Frucht- und Logistiklager gebaut mit weiteren ca. 100 Plätzen. Dann haben wir das Unternehmen Wurzer mit ca. 300 Mitarbeitern auf unserer Flur. Und den Abwasserzweckverband mit Verwaltung und Kläranlage. Das sind auch noch mal ca. 80 Arbeitsstellen. Daneben haben wir auch viele kleinere Betriebe in der Gemeinde.

Man kann sagen: Es läuft in Eitting.

Ich muss sagen, es passt. Wenn es die nächsten vier Jahre, bis zum Ende meiner Amtszeit, so weitergeht, dann bin ich mehr als zufrieden.

Wenn halt der Flughafen nicht ganz so nahe wäre.

Eitting ist wirklich eine lebenswerte Gemeinde. Aber es ist auch ganz klar, dass wir Fluglärm haben. Manchmal ist es schon enorm laut. Die Leute hier sind sehr heimatverbunden, sie haben gelernt, den Lärm zu akzeptieren. Soweit ich mich erinnern kann, ist bislang nur ein einziger wegen des Fluglärms aus Eitting weggezogen. Meine Frau ist eine Ebersbergerin und sie hat immer gesagt: Wenn der Flughafen kommt, dann bleibe ich auf keinen Fall da. Und jetzt? Jetzt würd' sie nie mehr weggehen.

© SZ vom 09.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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