Behandlungsstelle "Prop":Vielfältige Suchtprobleme

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Die positive Nachricht ist, immer weniger Jugendliche sagen von sich, sie hätten einmal im Monat einen Vollrausch. Die Negative: Dies könnte auch daran liegen, dass sie den Alkohol gewöhnt sind und nach drei Maß Bier immer noch klar denken können. Bärbel Würdinger, Leiterin der psychosozialen Beratungs- und Behandlungsstelle "Prop" in Freising, berichtete den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses am Donnerstag über den Drogenkonsum im Landkreis. Normalerweise sei für Männer der Alkoholgehalt von drei Maß Bier "hoch riskant", bei Frauen sei nach zwei Maß die verträgliche Dosis überschritten. Allerdings berge der Alkoholkonsum nicht nur das Risiko der Vergiftung. Bereits bei geringen Mengen setze der Kontrollverlust ein. Betrunkene seien leichte Opfer für sexuelle Übergriffe oder sie spürten die Kälte im Freien nicht mehr und erlitten Erfrierungen.

Die einzige belastbare Zahl, die über den Alkoholkonsum von Jugendlichen im Landkreis Auskunft geben könne, seien die Krankenhauseinlieferungen aufgrund von Alkoholvergiftungen pro Jahr. Diese Zahl sei leicht anstiegen. Aber auch sie bilde nicht die Realität ab, sagte die Fachfrau. Landkreisbewohner, die betrunken in München aufgegriffen würden, landeten nämlich im Krankenhaus Schwabing, Minderjährige meist in der Kinderklinik in Landshut. Fest stehe, dass 2015 im Freisinger Krankenhaus 69 Einlieferungen wegen einer Alkoholvergiftung registriert worden seien, darunter mehr Männer als Frauen, einer mit 3,9 Promille. Viel problematischer seien jedoch diejenigen, die gar nicht erst eingeliefert würden, weil sie mehr vertragen würden, ohne auffällig zu sein oder weil sich Freunde und Familien nicht trauten, den Betreffenden in das Krankenhaus zu bringen.

Nicht nur Alkohol sei für viele Jugendliche ein Problem, sondern auch das Rauchen, Spielsucht oder der Cannabiskonsum. Rund 300 junge Klienten kämen alljährlich in die Sprechstunde von Prop, Tendenz steigend. Zunehmen würde der Mischkonsum, verwendet würden auch immer wieder Kräutermischungen oder Stimulanzien wie Kokain oder Amphetamine. Ritalin werde missbraucht, Medien exzessiv konsumiert und immer wieder kämen junge Menschen mit Essstörungen in die Beratungsstelle.

Die Ratsuchenden würden immer jünger, viele seien unter 18 Jahre alt, stellt Würdinger fest. In den Beratungsgesprächen gehe es um Risikokompetenz, niemand werde gedrängt, den Konsum zu beenden. Leider gebe es im Landkreis Freising viel zu wenig Therapieplätze für die Betroffenen, die Wartelisten für eine Psychotherapie seien sehr lang, sagt die Sozialpädagogin.

© SZ vom 23.01.2017 / ka - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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