Bahnausbau ABS 38:Auf Mission im Bundesverkehrsministerium

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Eine Delegation aus Dorfen will in Berlin mit einer Alternativlösung für den Ausbau im Stadtgebiet überzeugen

Von Florian Tempel, Dorfen

Seit Jahren hat man in Dorfen darauf hingearbeitet, an diesem Dienstag soll es vollendet werden: Eine Delegation mit 14 Teilnehmern hat sich nach Berlin aufgemacht, um die Verantwortlichen im Bundesverkehrsministerium von einer Alternativlösung für den Bahnausbau um Stadtgebiet zu überzeugen. Der Termin im Ministerium an der Invalidenstraße zwischen Hauptbahnhof und Naturkundemuseum beginnt um 10 Uhr und soll bis 13 Uhr zu Ende sein. Ziel der Mission ist, dass nach diesem Vormittag die Deutsche Bahn ihre bisherigen Planungen aufgibt und auf die vom Münchner Verkehrsplaner Martin Vieregg vorgelegte Variante umschwenkt, die eine Tieferlegung der Gleise in einem breiten Graben vorsieht - und so kilometerlange Lärmschutzwände und Monsterbrücken überflüssig macht.

Die Vieregg-Variante ist, nach den Kostenberechnungen ihres Erfinders, sogar günstiger als der von der Bahn bislang geplante weitgehend ebenerdige Bahnausbau. Und sie beinhaltet zudem weitere Dinge, die für die Stadtentwicklung wünschenswert und wichtig sind. In Viereggs Planung wird die Staatsstraße von Isen neben die Bahngleise bis zur Bundesstraße B 15 verlegt, der Hochwasserschutz bei Starkregen berücksichtigt und eine vernünftige Erschließung des Meindl-Geländes möglich gemacht, auf dem ein großer neuer Stadtteil entstehen soll.

Bei so vielen Pluspunkten - möchte man glauben - müsste sich doch das von Andreas Scheuer und somit CSU-geführte Ministerium recht leicht überzeugen lassen. Doch bei den Dorfener ist die Anspannung immens. Bei einer Vorbesprechung der Berlin-Fahrt am vergangenen Freitag akzeptierten die meisten Delegationsmitglieder die Vorgabe von Bürgermeister Heinz Grundner (CSU), bis nach der Rückkehr aus Berlin Stillschweigen zu bewahren. Bürgermeister Grundner, der sich als Jäger aufs leise Anpirschen versteht, hat eines im Vorfeld immer wieder gesagt: "Wir haben nur einen Schuss." Damit dieser sitzt, setzt Grundner auf die Taktik, durch sein Schweigegebot mögliche verbale Querschläger jeder Art zu vermeiden. Auch er selbst will erst am Mittwoch, wenn er wieder Dorfener Boden unter den Füßen hat, über die Ergebnisse der Berlin-Fahrt etwas sagen.

Auch das Bundesverkehrsministerium hält sich bedeckt. Die Bedeutung des Termins wird mit hauptstädtischer Selbstverständlichkeit herabgespielt. Es handle sich lediglich "um einen Informationsaustausch im Rahmen eines Arbeitsgespräches" und deshalb sei "Kommunikation derzeit nicht vorgesehen", heißt es aus der Pressestelle, die sich modernistisch "Neuigkeitenzimmer" nennt.

Einem taugt diese ganze Stillhaltetaktik wenig: Georg Brandhuber, der vor mehr als zehn Jahren die Bürgerinitiative (BI) "Für einen Bahnausbau ohne Mauern und Schranken" in Dorfen ins Leben gerufen hat. Brandhuber ist der Ansicht, dass die Fahrt nach Berlin für die Stadt Dorfen von epochaler Wichtigkeit sei und entsprechend publik gemacht höre. Dass Äußerungen von Delegationsteilnehmern die Chancen der Mission verringern könnten, glaubt er nicht: "Ich denke, entscheidend sind Fakten, Argumente und Kosten."

In den vergangenen Jahren hat Brandhuber die Sache entschieden und entscheidend vorangetrieben. Er hatte, als schon beinahe alles aussichtslos schien, als Privatmann eine Petition beim Bundestag eingereicht, um die drohende "Verschandelung" Dorfens zu verhindern. Seine Petition hatte eine außergewöhnlichen Zwischenerfolg. Im Juni 2017 kamen tatsächlich drei Mitglieder des Petitionsausschusses nach Dorfen, um sich ein Bild zu machen. Solche Reisen unternimmt der Petitionsausschuss nur sehr selten. Auf die Empfehlung und Aufforderung der Abgeordneten, die Stadt Dorfen sollte eine Alternativlösung vorschlagen, begann dann Vieregg im Auftrag der Stadt seine Variante zu planen. Vieregg zu engagieren war ebenfalls eine Idee von Brandhuber gewesen. Er war zudem einer der ersten, die darauf hinwiesen, dass sich durch die Stilllegung der Dachziegelfabrik Meindl neue Chancen für eine Tieferlegung ergeben.

Da auf dem ehemaligen Fabrikgelände ein neues Wohnquartier geplant ist, ist der städtebauliche Aspekt eines Bahnausbaus noch wichtiger geworden. Deshalb ist auch die für Dorfen tätige Münchner Stadtplanerin Martina Schneider mit dabei. Denn die größte Herausforderung für einen gutes Konzept für einen neuen Stadtteil auf dem Meindl-Gelände ist ihren Worten nach "der Sprung über die Bahn". Wenn die Gleise tiefer gelegt werden, ergäben sich einfachere Lösungen.

© SZ vom 01.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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