Anlieger schöpfen Hoffnung:Schlechte Karten für Wartenberg

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Die Zustorfer Straße, die Gehwege und der Busparkplatz wurden 2009 saniert. Unnötigerweise sagen die Anlieger. Ein Gutachter gibt ihnen nun Recht. (Foto: Renate Schmidt)

Gutachter sieht im Gerichtsstreit um Ausbaubeiträge Sanierung der Zustorfer Straße 2009 als nicht notwendig an

Von Gerhard Wilhelm, Wartenberg

Die Anwendung der Straßenausbaubeitragssatzung führt immer wieder zum Konflikt zwischen den Kommunen und den Anliegern, die für den Ausbau beziehungsweise Sanierung einer Straße oder Gehwegs mitzahlen sollen. Und in fast allen Fällen müssen Gerichte dann klären, wer Recht hat. Im Fall der Zustorfer Straße in Wartenberg könnte es sein, dass die klagende Interessengemeinschaft der Anlieger Recht bekommt. Ein vom Bayerischen Verwaltungsgericht München in Auftrag gegebenes Gutachten kam jetzt zum Ergebnis, dass die Fahrbahn der Zustorfer Straße 2009 nicht erneuerungsbedürftig gewesen sei. Gleiches gelte für die Gehwege und den Busparkplatz. Zusätzlich kam heraus, dass die neu gebauten Sickerschächte nicht den rechtlichen Vorgaben entsprechen würden. Bürgermeister Manfred Ranft (FWG) sieht dem endgültigen Urteil am 21. März gelassen entgegen: "Ich habe kein Interesse jemanden abzuzocken, aber ich musste die Satzung anwenden."

Der Streit basiert auf einem Gemeinderatsbeschluss von 2007, einen Teil der Zustorfer Straße zu sanieren. Dabei wurde nicht nur die Versickerungsanlage, sondern auch die Fahrbahn, die Gehwege und die Busparkplätze auf einer Länge von rund 270 Meter erneuert. Die Kosten hierfür beliefen sich auf rund 307 000 Euro. Im November 2011 erließ die Gemeinde Straßenausbau-Beitragsbescheide an einen Teil der Anwohner der Zustorfer Straße. Auf Basis dieser Bescheide sollten sie mit rund 191 000 Euro an den Kosten der Baumaßnahme beteiligt werden. Doch diese sahen dies nicht ein, unter anderem, weil die Straße noch ganz in Ordnung gewesen sei.

Die Anwohner schlossen sich zu einer Interessensgemeinschaft (IG) zusammen. Alle Versuche, bei den Straßenausbaubeiträgen für die Zustorfer Straße zwischen der IG und der Marktgemeinde doch noch eine gütliche Einigung herbei zu führen, scheiterten. Auch verhärteten sich die Fronten, da die IG der Verwaltung "zahlreiche formelle und materielle Fehler" bei dem Verfahren vorwirft und Bürgermeister Ranft "Unvermögen", "Unwillen" und übertriebenen Ehrgeiz bei der Sache.

Auch ein Schlichtungsversuch des Erdinger Landratsamt scheiterte. Erst ließ man sich dort wegen der komplizierten Sachlage viel Zeit - und fand dann eine Lösung, mit der beide Kontrahenten nicht einverstanden waren. Das einzige, worauf man sich einigen konnte, war, dass das Bayerische Verwaltungsgericht entscheiden soll. Für die IG klagte Josef Zehentner gegen den Markt Wartenberg. Doch das Gericht vertagte sich am 11. November 2014 erst mal und entschied am 3. März 2015, ein Gutachten in Auftrag zu geben. Doch das zog sich in die Länge - bis Ende November 2016.

Bürgermeister Ranft ist froh, wenn das Urteil fällt - wenn auch vielleicht zu Ungunsten der Gemeinde. "Der Beschluss die Straße zu sanieren, wurde vor meiner Amtszeit 2007 im Gemeinderat gefällt. Unter meinem Vorgänger Walter Rost." Er habe als damaliger Gemeinderat den Beschluss mitgetragen. Als er zum Bürgermeister gewählt worden sei, habe er nur die Liste der Beschlüsse aus der Vergangenheit abgearbeitet. Die Anwendung der seit 1976 vorhandenen Ausbaubeitragssatzung habe man ihm vom Landratsamt als Aufsichtsbehörde "nahe gelegt". "Wenn ich das nicht gemacht hätte, hätte ich mich der Untreue strafbar gemacht", sagt Ranft. Es war das erste Mal, dass die Satzung angewendet wurde.

Da die Satzung bei Bürgern und Bürgermeistern unbeliebt ist und häufig bei ihrer Anwendung zu Konflikten führt, wie der Fall Wartenberg zeigt, haben nur acht von 26 Kommunen im Landkreis - Dorfen, Forstern, Isen, Langenpreising, Ottenhofen, Walpertskirchen, Wartenberg und Wörth - eine Ausbausatzung. Zwei Gemeinde haben sie nachträglich aufgehoben: Lengdorf und Bockhorn. Beide haben jetzt zum 31. Januar die Frist verstreichen lassen, diese Aufhebung zu widerrufen. Bürgermeister, die das Gesetz missachteten, können nach Landrat Martin Bayerstorfers Worten "in enorme rechtliche Schwierigkeiten geraten." Denn der vorsätzliche Verzicht auf Gebühreneinnahmen könnten als Straftatbestand gewertet werden.

© SZ vom 07.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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