Angeblicher Verstoß gegen das Versammlungsgesetz:Landratsamt zerrt Stadtrat vor Gericht

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Heiner Müller-Ermann, jahrzehntelanger Sprecher der Aktionsgemeinschaft gegen die Isentalautobahn und Dorfener SPD-Stadtrat, muss wegen einer angeblichen Ordnungswidrigkeit vor Gericht. Der Vorwurf des Landratsamts Erding lautet, er habe gegen das Versammlungsgesetz verstoßen, als er sich am 2. Mai in Dorfen vor die Sparkasse mit einem Plakat hinstellte, um anlässlich einer Versammlung der AfD seine kritische Meinung zu der rechten Partei zu äußern. Auf seinem handgeschriebenen Plakat stand: "Auch damals dachten viele: So schlimm wird's schon nicht werden."

Solange Müller-Ermann alleine mit seinem Plakat dastand, war das in den Augen der Polizei in Ordnung. Die Polizei war an jenem Tag mit vielen Beamten vertreten, da die halbsatirische Partei "Die Partei" eine Kundgebung gegen die AfD angemeldet und sich auf dem Marktplatz gegenüber des AfD-Veranstaltungslokals versammelt hatte. Sozialdemokrat Müller-Ermann wollte sich aber nicht zu dieser Kundgebung dazugesellen, sondern seine eigene Meinung äußern. Also blieb er mit seinem Plakat alleine und etwas abseits. Als dann ein Bekannter bei ihm stehen blieb und sich einige Minuten lang mit ihm unterhielt, kamen Polizeibeamte und eröffneten ihm, er habe nunmehr eine unangemeldete Versammlung abgehalten, was als Ordnungswidrigkeit angezeigt werden müsse. Tatsächlich schickte ihm das Landratsamt Erding drei Wochen später einen Bußgeldbescheid über 225 Euro plus 25 Euro Gebühr plus 3,50 Euro Auslagen. Müller-Ermann legte dagegen Einspruch ein und dachte sich, damit würde die Angelegenheit wohl beendet sein. Doch das Landratsamt war keineswegs gewillt, den Bußgeldbescheid zurückzunehmen.

Müller-Ermann schreibt nun in einer Pressemitteilung "in eigener Sache", dass ihm das Amtsgericht Erding mitgeteilt hat, man werde demnächst einen Termin zur Hauptverhandlung bestimmen. Und weiter: "Drei Wochen nach der Verabschiedung des Grundgesetzes geboren, bin ich tief betroffen, wie heute mit dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung umgegangen wird. Nun im 70. Lebensjahr stehend, hätte ich nie für möglich gehalten, dass ein solch bescheidenes, demokratisches Bekenntnis, derartige behördliche Verfolgung auslöst."

© SZ vom 21.07.2018 / flo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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