Amtsgericht Erding:Geständnis bewahrt Angeklagten vor Haftstrafe

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Der Sitzungssaal 1 ist der größte im Amtsgericht Erding. Dort fand die Verhandlung wegen gefährlicher Körperverletzung statt. (Foto: Stephan Görlich)

46-Jähriger wird wegen Verbreitung kinderpornographischer Inhalte zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Auf ihn aufmerksam wurde die Polizei bei der Auswertung von Chatverläufen in einem anderen Fall. Mittlerweile hat sich der Mann in Therapie begeben.

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Seine Sucht bekämpft der 46-jährige Angeklagt inzwischen mit einer Therapie, erfolgreich wie er vor dem Amtsgericht aussagte. Dort musste er sich wegen Verbreitung, Erwerbs und Besitzes kinder- und jugendpornographischer Inhalte verantworten. Dass er sich freiwillig in Therapie begeben hat, wurde ihm ebenso positiv angerechnet. Außerdem sein Geständnis und seine Kooperationsbereitschaft bei der Polizei. Negativ wurde jedoch die große Zahl der Fotos und Video gewertet, was ihm letztlich eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten einbrachte. Ausgesetzt auf vier Jahre zur Bewährung. Hätte er seine Taten allerdings nach dem 31. Dezember 2020 begangen, wäre der 46-jährige Familienvater ins Gefängnis gewandert, sagte Richterin Michaela Wawerla.

Die Liste der Vorwürfe war ziemlich lang, weshalb die Staatsanwältin bei der Vorlesung der Anklageschrift auf die Wiedergabe aller einzelner Foto und Videos in einer Tabelle verzichtete. Zusammengefasst hatte der heute 46-Jährige 2018 und 2019 einen regen Austausch mit Gleichgesinnten über Whatsapp gehabt. Dabei wurden in 21 Fällen kinderpornographischer Inhalte ausgetauscht. Die Aufnahmen zeigten sexuelle Handlungen "von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren", wie es in Paragraf 184b des Strafgesetzbuches heißt. Auch waren ganz oder teilweise unbekleidete Kinder in geschlechtsbetonter Körperhaltung zu sehen. In sieben Fälle handelte es sich um junge Frauen zwischen 14 und 18 Jahren, was nach Paragraf 184c ebenfalls strafbar ist.

Die Kripo gab ihm den Tipp, sich an "Kein Täter werden" zu wenden

Auf den Angeklagten ist die Polizei ehe als "Nebenprodukt" gekommen. Bei den Ermittlungen gegen eine andere Person sei man bei der Auswertung von Chatverläufen auf ihn aufmerksam geworden. In einem Chat habe sich der Angeklagte mit einem vermeintlich achtjährigen Mädchen unterhalten, wie der ermittelnde Kripo-Beamte vor Gericht aussagte. Vermeintlich, weil es der anderweitig angeklagte Mann gewesen sei. Bei der Hausdurchsuchung, bei der man mit vier Mann am Morgen angerückt sei, sei der Angeklagte gefasst gewesen und sehr kooperativ. Auch seine Frau habe nicht sehr erschrocken gewirkt. Er habe dem Angeklagten dann den Tipp gegeben, sich mit seiner pädophilen Neigungen auseinander zu setzen, bevor er auch seine Kinder missbrauche. Er könne sich zum Beispiel an das Präventionsnetzwerk "Kein Täter werden" wenden. Ein Ratschlag, den der Mann befolgte und für den er sich bei Gericht beim Kripo-Beamten bedankte. Er sei heute in Therapie auf einem guten Weg und werde sie auch fortsetzen, sagte er. Er benutze mittlerweile kein Handy mehr und den Computer nur noch in der Arbeit.

Wie er dazu kam und was ihn antrieb, sich sexuell zu Kindern hingezogen zu fühlen, darüber war im öffentlichen Teil der Verhandlung nichts zu erfahren. Der Anwalt des 46-Jährigen hatte den Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit gestellt, da die öffentliche Einlassungen des Angeklagten seine engste Privatsphäre berühre. Ein Antrag, den Staatsanwältin und Richterin erstmal juristisch auf seine Rechtmäßigkeit überprüfen musste, da einerseits Strafverfahren gegen Erwachsene immer öffentlich sind, und man in der Regel die Öffentlichkeit nur zum Schutz der Opfer während dessen Aussage aussperrt. Die Urteilsverkündung und die Anklageverlesung finden in aller Regel öffentlich statt. Aber auch ein Angeklagter genießt laut Gesetz den Schutz durch Ausschluss der Öffentlichkeit in der Hauptverhandlung.

Die Hausdurchsuchung war "mehr als ein Warnschuss" für den Angeklagten

Im Plädoyer des Verteidigers war dann zum Teil einiges zu erfahren. Danach hatte die Sucht seines Mandanten schon dazu geführt, dass er seine Arbeit vernachlässigte und seine Persönlichkeit sich veränderte. Die Hausdurchsuchung sei "mehr als ein Warnschuss" für den Angeklagten gewesen, sie habe alles zum Positiven gewendet und dafür sei sein Mandant sehr dankbar.

Dass der Angeklagte seine Probleme angehe, keine Vorstrafen habe, geständig sei und kooperativ war, sah auch die Staatsanwältin. Strafverschärfend sei ihrer Ansicht nach aber, dass es sich auf den Fotos und Videos um kleine Mädchen handelte, die müssten das ganze Leid ertragen. Sie hatte ein Jahr und vier Monate beantragt, sowie eine Geldauflage von 3000 Euro für einen gemeinnützigen Verein. Der Anwalt des 46-Jährigen hatte für 1500 Euro plädiert. Richterin Wawerla verhängte zudem eine Geldauflage von 2000 Euro zugunsten des Bundesverbands Kinderhospiz.

Seit Anfang 2021 wird die Tat als Verbrechen gewertet

Amtsrichterin Wawerla wies in ihrer Urteilsbegründung darauf hin, dass er nach der Verschärfung des Gesetzes nicht mit einer Bewährungsstrafe hätte rechnen können. Zu Recht sei der Paragraf verschärft worden, die Tat nun ein Verbrechen mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr. Diese Taten würden sehr viel Leid für die betroffenen Kinder verursachen.

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