Amtsgericht Freising:Allerletzte Chance

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Drogenabhängiger muss trotz Diebstahlversuch nicht ins Gefängnis

Von Alexander Kappen, Freising

Die nackten Fakten ließen eigentlich nichts Gutes erwarten für den 43-jährigen gebürtigen Freisinger: Eine lange Vorstrafenliste, deren Verlesung der Richterin Ausdauer abverlangte. Darunter viele einschlägige Vergehen. Und dann stand der Angeklagte, als er im September 2018 eine Drohne in einem Elektromarkt stehlen wollte, auch noch unter einschlägiger offener Bewährung. Aufgrund der besonderen Umstände kam der Drogenabhängige unter Einbeziehung eines früheren Urteils jedoch noch einmal mit einer neunmonatigen Bewährungsstrafe davon. Sie wolle dem Angeklagten "nicht die letzte Chance verbauen", sagte Richterin Tanja Weihönig, machte ihm aber auch unmissverständlich klar, "dass das wirklich Ihre letzte Chance ist".

Der von Anfang an in vollem Umfang geständige Angeklagte bezeichnete die Tat als "vollkommen dumme Aktion, das war absolut hirnrissig". Auch Verteidiger, Staatsanwältin und Richterin attestierten dem 43-Jährigen, bei seinem Diebstahl nicht gerade planvoll vorgegangen zu sein. Es sei "keine hohe kriminelle Energie" zu erkennen gewesen, so die Staatsanwältin. Der Angeklagte klemmte sich bei der Tat kurzerhand einen großen Karton, in dem sich die Drohne befand, unter den Arm und wollte damit schnurstracks zum Hauptausgang hinaus.

Ein Zeuge wurde darauf aufmerksam und hielt den Dieb zurück. Der gab gleich alles zu und ging, ohne Probleme zu machen, mit zur Aufnahme des Diebstahls. Zur Tatzeit stand der Angeklagte, der die Drohne seiner Aussage nach seinem Großneffen schenken wollte, unter dem Einfluss von Substituten und hatte zusätzlich Heroin konsumiert.

"Er war nicht bei sich", sagte sogar die Staatsanwältin. Die Richterin sprach von einer "psychischen Ausnahmesituation". Das belege sein "plumpes, auffälliges" Verhalten bei seiner Tat, sagte der Verteidiger. Es sei ein "dummer Versuch gewesen", meinte auch die Staatsanwältin, während die Richterin es eine "spontane, dilettantisch ausgeführte Aktion" nannte. Die Meinung über den Angeklagten war einhellig. Ein Schaden sei dem Geschäft nicht entstanden, weil die Drohne gleich wieder zurückgegeben worden sei. Der Wert der gestohlenen Ware sei "nicht extrem niedrig, aber auch nicht extrem hoch" gewesen.

Zu Lasten des Beschuldigten sprachen jedoch seine massiven Vorstrafen. Insgesamt zwanzig Einträge im Bundeszentralregister waren verbucht, darunter auch neun einschlägige. Im Prinzip konzentrierten sich alle Straftaten auf Drogendelikte und Diebstähle, die letztlich in Zusammenhang mit der Sucht des Angeklagten standen.

Inzwischen habe er "den richtigen Weg eingeschlagen, auch wenn das Ziel noch nicht erreicht ist", sagte die Richterin. Der 43-Jährige hat mittlerweile eine Entgiftung hinter sich und will sich nun einer Drogentherapie unterziehen. Eine solche hat ihm das Gericht auch zur Auflage für die Bewährungsstrafe gemacht. Zudem wird dem Verurteilten ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt. Die Bewährungszeit beträgt vier Jahre. Das Urteil ist schon rechtskräftig.

Neben dem Verteidiger hatte auch die Staatsanwältin eine Bewährungsstrafe beantragt: "Nur weil jemand ein Bewährungsbrecher ist, heißt das nicht, dass man keine Bewährung mehr aussprechen kann." Sie stellte ebenso eine positive Sozialprognose wie die Richterin. Der Angeklagte gehe offen mit seinem Drogenproblem um und sei auch einsichtig. Zudem wohne er im Haus seiner Schwester und habe Kontakt zu seiner Mutter, sagte die Richterin. Sie warnte ihn jedoch eindringlich vor einem Rückfall. Neben den strafrechtlichen Konsequenzen sei sonst zu befürchten, "dass Sie das auch gesundheitlich nicht mehr durchstehen".

© SZ vom 15.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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