Amtsgericht Erding:Langjährige Beziehungsprobleme

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41-jähriger Ehemann wegen häuslicher Gewalt zu Geldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Am Ende war es eine nicht auffindbare Zahnbürste und ein Großvater, der es nicht mehr ansehen wollte, wie seine Enkelin von ihrem Mann immer wieder geschlagen wird, dass die 31-Jährige endlich zur Polizei ging und ihren 41-jährigen Ehemann wegen häuslicher Gewalt anzeigte. In der Verhandlung vor dem Amtsgericht Erding wegen gefährlicher Körperverletzung prallten jetzt zwei Welten aufeinander. Die Frau schilderte, dass sie seit Beginn ihrer Ehe 2009 jedes Jahr drei bis fünf Mal geschlagen worden sei. Am 29. November 2017 sei aber alles eskaliert und diesmal sei keine Versöhnung mehr möglich gewesen. Ihr Ehemann beteuerte hingegen, dass er sich häufig nur gegen die Schläge seiner Frau gewehrt habe. Nur habe er dies nie zugegeben, weil man als Mann eben ungern sage, dass man von einer Frau geschlagen werde. Richter Andreas Wassermann sah es aber zumindest in dem einen Fall als erwiesen an, dass der 41-Jährige der Angreifer war und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 32 Euro wegen vorsätzlicher Körperverletzung.

Ein Morgen, zwei Versionen. Die 31-Jährige hatte bei der Polizei und auch vor Gericht dieses ausgesagt: Sie sei, wie öfters, am Morgen gegen 7 Uhr schwer aus dem Bett gekommen, obwohl die drei Kinder in den Kindergarten und Schule gemusst hätten, als ihr Mann ins Zimmer gekommen wäre, weil der Sohn seine Zahnbürste nicht finde. Ihre im Haus anwesende Großmutter habe dann den richtigen Tipp gegeben, was aber erst recht zum Streit geführt habe, da ihr Mann vermutet habe, dass seine Kinder seit drei Tagen ihre Zähne nicht geputzt hätten. Er warf seiner Frau vor, dass sie eine schlechte Mutter sei. Sie habe ihm daraufhin gesagt, dass es auch seine Kinder seien und er auch mal was tun könnte. Daraufhin habe er den Zahnbürstenbehälter nach ihr geworfen und im weiteren Verlauf sie geschlagen und auch mit dem Fuß getreten. Sie habe sich in ihrer Angst um ihr Leben mit dem Wurf eines hölzernen Teelichterhalters gewehrt, den sie nach ihm warf, aber nicht traf. Sogar aus der Türe sei sie geworfen worden.

Die Nachbarin, die sie daraufhin barfuß und nur leicht bekleidet aufsuchte und der sie über das Geschehen berichtete, konnte vor Gericht den Vorfall nur so bestätigen, wie eben von der 31-Jährigen geschildert. Die junge Frau sei aber "total von der Rolle" gewesen, habe aber nicht gewollt, dass die Polizei gerufen werde. Sie sei dann mit der 31-Jährigen mitgegangen, aber ihr Ehemann ihr verboten habe, in die Wohnung zu kommen.

Ihre Großmutter bestätigte den Streit im Großen und Ganzen. Allerdings hatte sie keinen Tritt gegen ihre Enkelin gesehen, dafür aber, dass der Ehemann die 31-Jährige auch mit einem Hausschuh geschlagen habe. Dass ihre Enkelin schon früher geschlagen worden sei, habe sie aber gesehen. Erst ihr Mann, der Großvater der Frau, habe sie überzeugen können, endlich Anzeige wegen häuslicher Gewalt zu erstatten.

Die Polizistin, die die Anzeige aufnahm, sagte, dass die Frau auf der Inspektion "fix und fertig" gewesen sei und "neben der Spur" und alles habe dem typischen Muster von häuslicher Gewalt entsprochen.

Der Angeklagte und seine Verteidigerin versuchten indes, die Ehefrau als Mitschuldige darzustellen. Die 31-Jährige sei aufbrausend und habe an dem Morgen vielmehr ihren Mann tätlich angegriffen. Nämlich mit der Zahnbürste. Er habe sich nur gewehrt, wie so oft vorher auch. Und der Teelichterhalter habe sehr wohl den Kopf des 41-Jährigen getroffen, nur sei das Attest über die Verletzungen nicht in den Unterlagen. Sogar mit einem Messer habe sie einmal ihren Mann angegriffen. Die Verteidigerin sagte sogar: "Die Schläge waren gerechtfertigt". Seit der Trennung nach dem Vorfall - das Familiengericht verhängte am 7. Dezember ein Annäherungs- und Kontaktverbot gegen den Ehemann - verbreite sie zudem Lügen über ihren Noch-Ehemann.

Richter Wassermann folgte in seinem Urteil dann nicht der Staatsanwältin und dem Nebenkläger, die beide eine Freiheitsstrafe auf Bewährung gefordert hatten, sondern sprach nur eine Geldstrafe aus. Beide hätten wohl beigetragen, dass "langjährige Beziehungsprobleme" eskaliert seien. Die Geldstrafe reiche als Warnung. Ob der Rosenkrieg vorbei ist, ist mehr als offen. Der 41-Jährige kündigte an, jetzt seinerseits gegen seine Frau vorzugehen, wenn sie ihn "fertig machen will".

© SZ vom 07.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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