Amtsgericht Erding:Hakenkreuz auf Whatsapp

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52-Jähriger Angeklagter legt Einspruch ein

Als Angeklagter darf man vor Gericht lügen oder nichts sagen. Warum der 52-Jährige und sein Verteidiger jüngst am Amtsgericht aber wollten, dass die Ermittlungen erneut aufgenommen werden und erst dadurch dann auch Familienmitglieder, Arbeitskollegen und Freunde von der Anklage wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erfahren, waren Amtsrichterin Michaela Wawerla und der Staatsanwältin nicht klar. Im Strafbefehl, den der Erdinger erhalten hatte, stand, dass von seinem Handy und seinem Namen in einer Whatsapp-Gruppe im Februar 2019 ein Foto eines Hakenkreuzes veröffentlicht worden war. Da die Gruppe 289 Teilnehmer umfasste, reichte das der Staatsanwaltschaft, von einer bewussten öffentlichen Verbreitung auszugehen. Das Hakenkreuz war aus einem weißen Pulver auf einer Oberfläche gebildet worden. Gegen die Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 30 Euro hatte der Angeklagte Einspruch eingelegt.

Der Angeklagte wollte zu dem Vorwurf nichts vor Gericht sagen. Sein Verteidiger nahm die Position ein, dass der Besitz eines Handys noch lange kein Beweis sei, dass sein Mandant das Foto versendet oder nur weiter geleitet habe. Er schlug deshalb vor, das Verfahren einzustellen. Was aber die Staatsanwältin ablehnte. Es sei sein Handy und seine Handynummer in der Whatsapp-Gruppe gewesen. Doch das alleine reiche nicht, sagte der Verteidiger. Das Handy könnte ja auch von einer anderen Person missbräuchlich genutzt worden sein.

Das könne man herausfinden, sagte Amtsrichterin Wawerla, aber ob das der Angeklagte denn wirklich wolle? Denn natürlich könne man das Verfahren erst mal aussetzen und die Polizei weitere Ermittlungen durchführen lassen. Das würde aber bedeuten, dass sämtliche dafür in Frage kommenden Personen vorgeladen würden. Sämtliche Familienmitglieder, Arbeitskollegen und Freunde würden so von der Strafanzeige wegen des Hakenkreuzes in der Whatsapp-Gruppe erfahren.

Nach einem kurzen Gespräch mit seinem Mandanten erklärte der Verteidiger, dass dies wohl dann sein müsse, um die Unschuld des 52-Jährigen festzustellen. Amtsrichterin Michaela Wawerla ordnete daraufhin die umfangreichen Ermittlungen an. Auch beim Netzbetreiber wird nun nachgefragt, wann das Handy, beziehungsweise die Telefonnummer, auf den Angeklagten an- und abgemeldet wurde.

© SZ vom 14.10.2020 / wil - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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