Amtsgericht Erding:Gewaltsamer Widerstand gegen Abschiebung

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Abgelehnter Asylbewerber verletzt Polizisten am Flughafen. Gericht verurteilt ihn zu sechs Monaten Haft

Von Thomas Daller, Erding

Ein 20-jähriger abgelehnter Asylbewerber aus der Elfenbeinküste hat sich am Flughafen mit Tritten gegen Bundespolizisten und Beleidigungen seiner Abschiebung widersetzt. Das Amtsgericht Erding hat ihn wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Beleidigung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt.

Der junge Mann stammt aus Daloa, der drittgrößten Stadt des Landes. Der Vater war früh verstorben, die Mutter besaß ein Mietshaus. Obwohl ihn seine Mutter zur Schule geschickt hat, ist er nie hingegangen und hat nach eigenen Angaben stattdessen immer nur Fußball gespielt. 2017 gab ihm die Mutter Geld von den angesparten Mieteinnahmen, damit er nach Deutschland reisen kann. Sein Asylantrag wurde 2018 abgelehnt, weil er offensichtlich unbegründet war und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge forderte ihn auf, binnen einer Woche die Bundesrepublik zu verlassen. Weil er dieser Aufforderung nicht nachkam, wurde er in Abschiebehaft genommen und sollte am 19. April 2018 mit einem Linienflug von München nach Mailand gebracht werden.

Die Bundespolizei brachte ihn am Vormittag zum Flughafen, wo er im nichtöffentlichen Bereich übergeben und durchsucht wurde. Vier Bundespolizisten brachten ihn dann mit einem Dienstwagen zum Flugzeug, wo er über eine Fluggasttreppe an Bord gehen sollte. Dort leistete er Widerstand: Er krallte sich erst am Geländer fest und versuchte dann, aufs Vorfeld zu fliehen. Die Polizisten fingen ihn wieder ein und erklärten ihm auf deutsch und in englisch, dass die Abschiebemaßnahme abgebrochen werde. "Wenn sich eine Person sträubt, nimmt ihn kein Pilot mit", sagte ein Bundespolizist in der Verhandlung als Zeuge aus. Der junge Ivorer, dem in der Verhandlung ein Dolmetscher für französisch-arabisch zur Verfügung gestellt wurde, verstand aber offenbar nicht, dass die Abschiebung abgebrochen wurde. Er versuchte die Polizisten zu beißen, trat im Fahrzeug nach ihnen, verletzte dabei zwei Beamte und schrie "Motherfucker, Allahu Akbar, Bastard". Erst als man ihm die Beine mit Klettband fixierte, hörte er auf zu treten. Zwei Beamte erlitten blaue Flecken an den Armen und im Brustbereich, was durch Fotos und Atteste belegt wurde.

Der Angeklagte trug bei der Auseinandersetzung einen kleinen Kratzer und einen gebrochenen Fingernagel davon und behauptete, die Polizei sei mit brutaler Gewalt gegen ihn vorgegangen und er sei das eigentliche Opfer. Die Staatsanwältin nannte das eine Schutzbehauptung und wies auf die Atteste der Beamten hin. "Er wusste, dass er ausreisepflichtig ist", sagte sie und nannte das Verhalten des Angeklagten "verwerflich". Sie forderte eine sechsmonatige Freiheitsstrafe, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Sie berief sich dabei auf die "Verteidigung der Rechtsordnung", damit er einsehe, dass er sich an deutsche Gesetz halten müsse: "Er weiß, dass er sich illegal aufhält, vereitelt den Abschiebeflug und sieht nicht ein, dass er das Land verlassen muss."

Richter Lefkaditis folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte den Angeklagten zu sechs Monaten Freiheitsstrafe. Der junge Mann habe zwei Beamte verletzt und vier beleidigt, sagte er in der Urteilsbegründung. Er habe keine Einsicht gezeigt, dass er hier kein Bleiberecht habe und nehme geltendes Recht nicht ernst. Daher müsse er die Strafe absitzen, ansonsten führe das dazu, dass andere seinem Beispiel folgen könnten.

© SZ vom 22.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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