Am Staudengarten in Freising:Urban Farming im mobilen Gewächshaus

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Die Hochschule Weihenstephan erforscht in einem Growtainer den Planzenanbau in komplett geschlossenen Systemen

Von Petra Schnirch, Freising

Ein großer, weißer Container steht seit wenigen Tagen auf dem Gelände des Zentrums für Forschung und Weiterbildung der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) am Staudengarten. In dem sogenannten Growtainer, einem fensterlosen, voll isolierten mobilen Gewächshaus, soll künftig im Bereich Urban Gardening geforscht werden. Zehn Jahre lang kann ihn die HSWT zu Forschungs- und Lehrzwecken nutzen. Die Anschaffung finanziert die Firma "Gemüsering Thüringen", die eine der größten Gewächshausanlagen in Europa betreibt.

Zur Aufstellung war auch dessen Entwickler Glenn Behrmann, Präsent der Herstellerfirma, extra aus den USA angereist. Zuletzt nutzte ein spanisches Pharmaunternehmen bei Barcelona das ungewöhnliche Gewächshaus. Ein neuer 45 Fuß Growtainer mit zwei getrennten Anbauräumen hätte etwa zwischen 100 000 und 120 000 Euro gekostet.

Urban Farming ist deutlich mehr als das aktuell sehr populäre Anlegen kleiner Gärten auf Hochhausdächern oder innerstädtischen Brachen. Dazu zählen auch Hightech-Anbausysteme im Gewächshaus, in Container oder in Gebäuden, wie Heike Mempel erklärt. Die Professorin ist an der HSWT Spezialistin für Gewächshaustechnik. Gemeinsam sei all diesen Konzepten, "dass sie im städtischen Umfeld erfolgen und die Produkte möglichst regional genutzt oder vermarktet werden - sowohl im privaten als auch gewerblichen Umfeld".

Der Schwerpunkt der Forschung werde bei Fragen zur Belichtung sowie zu Stoff- und Energiekreisläufen liegen. "Ziel ist es, effiziente und ressourcenschonende Anbauverfahren zu entwickeln, aber auch bereits etablierte Verfahren nachhaltiger zu gestalten." Interessant könnten die Erkenntnisse sowohl für den Anbau in Gewächshäusern als auch in komplett geschlossenen Systemen sein. Experimentieren wollen die Wissenschaftler mit ganz unterschiedlichen Kulturen. "Wir denken dabei sowohl an frisches Gemüse wie Salate, Kräuter oder Spezialitäten für die Gastronomie, die unter den hiesigen Klimabedingungen nicht oder nur saisonal wachsen", sagt Heike Mempel. Eine weitere Option seien Beerenfrüchte. Von besonderem Nutzen könnte diese Anbau-Variante aber auch für Arznei- und Heilpflanzen sein, bei denen die Reinheit des Rohstoffs von besonderer Bedeutung sei und im Freiland nicht das ganze Jahr über wachsen. Starten werde man voraussichtlich mit Kulturen wie Salat oder Kräutern, um erste Erfahrungen zu sammeln.

Die HSWT ist in Deutschland nach ihren Worten die einzige Uni, der ein Growtainer zur Verfügung steht. Weltweit gebe es einige Start-up-Unternehmen, die mit solchen Anbausystemen auf Basis der Grundkonstruktion von Seecontainern arbeiten. Einige Indoor-Farmen kultivierten zudem größere Flächen. Die meisten Unternehmen auf diesem Gebiet bauten Salate und Kräuter an, darauf soll daher auf der Fokus an der HSWT liegen. Die Forscher wollen herausfinden, bei welchen Produkten diese Anbausysteme einen "qualitativen sowie ökologischen und ökonomischen Mehrwert bringen und eine nachhaltige und ressourcenschonende Produktion ermöglichen", schildert Mempel. Daher sollen Input-Output-Bilanzen in Bezug auf den Energie-, Strom- und Wasserverbrauch erstellt werden. LED-Belichtung und der Einfluss weiterer Faktoren, etwa von Kondenswasser, werden untersucht. Ende 2016 hatte das Institut für Gartenbau bereits ein dreijähriges Forschungsprojekt zum Thema "Energieeinsparung und Effizienzsteigerung in der gärtnerischen Produktion durch LED-Belichtungssysteme" abgeschlossen. Diese Ergebnisse soll nun in die neuen Projekte einfließen.

© SZ vom 17.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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