Alternative zum Mais:Worauf Bienen fliegen

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Der Kreisobmann der Bauern, Jakob Maier, nutzt in Niederding ein artenreiches Feld für seine Biogasanlage. Und zwei junge Imkerinnen in der Nachbarschaft profitieren auch noch davon

Von Regina Bluhme, Oberding

Wenn die Schwestern Hannah und Ronja Fink aus Niederding zu einem Geburtstag eingeladen sind, bringen sie ein Glas Honig mit - geerntet aus ihren eigenen Bienenstöcken. Heuer haben sie wieder kräftig davon profitiert, dass Landwirt Jakob Maier direkt neben dem Anwesen der Familie Fink ein Feld mit Wickroggen angesät hat. Die Mischung aus verschiedenen Pflanzenkulturen nutzt der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands wiederum für seine Biogasanlage. Nach Ansicht von Maier sollte die Bioenergie durchaus als Chance gesehen werden, die Artenvielfalt zu erweitern. In Niederding zeigt er schon einmal, wie das funktionieren kann.

Von Niederding kommend geht es über den Isarkanal rechts weg in einen kleinen Weg, der an einer Photovoltaikanlage endet. Gegenüber steht ein Feld, das mit lila, beigen, gelben und grünen Pflanzen ins Auge sticht. Auf zirka fünf Hektar hat Jakob Maier Wickroggen, eine Mischung aus verschiedenen Kulturen, angebaut. Das Gemenge besteht aus Wintertriticale, Winterroggen, Welschem Weidelgras, Wintererbsen, Winterwicke und Pannonischer Wicke. Sie werden in der Biogasanlage verarbeitet und haben einen schönen Nebeneffekt: Wicke und Erbse sind laut Maier Leguminosen, also Stickstoffsammler, und bieten den Insekten Nahrung in einer Zeit, "in der sonst in Feld und Flur nur sehr wenig Nahrungsangebot besteht", erklärt er.

Eine Honigbiene sammelt Nektar auf der Blüte einer Zottelwicke, sie ist auch Bestandteil des Wickroggen. (Foto: Stephan Goerlich)

Die zwölfjährige Hannah und die neunjährige Ronja jedenfalls haben von dem Wickroggenfeld profitiert. Wie ihr Vater Thomas Fink mitteilt, sei die Pflanzenvielfalt deutlich zu spüren gewesen, nicht nur bei der Anzahl der Bienen, auch bei den Hummeln und den Vögeln. Der Hobbyimker und Nebenerwerbslandwirt besitzt zwölf Bienenvölker, die beiden Töchter haben je einen eigenen Bienenstock. Er ist überzeugt, dass bei den Landwirten gerade in der jüngeren Generation ein Umdenken einsetzt. So würden Blühstreifen an Ackerflächen angelegt, und Jakob Maier betont, dass er mit seinem Wickroggenfeld beileibe nicht der einzige sei. Er wünscht sich, dass es nicht bei einzelnen Inseln bleibe, "sondern dass wir uns besser vernetzen".

Bioenergie habe "unter den richtigen Rahmenbedingungen" das Potenzial, einen Beitrag zur Artenvielfalt zu leisten, betont Maier, der mit Lorenz Strobl 100 Hektar Land bewirtschaftet und eine 380 Kilowatt-Biogasanlage in Niederding betreibt. Die Betriebsgemeinschaft zieht zudem zirka 180 Stück weibliches Jungvieh für andere Betriebe auf. Mit den fünf Hektar Wickroggen wolle er zeigen, dass die Bandbreite an Energiepflanzen und nachwachsenden Rohstoffen deutlich größer sei "als das gegenwärtig angebaute, recht begrenzte Spektrum der Pflanzen zur Erzeugung von Nahrungs- und Futtermitteln". Den immer wieder kritisierten Maisanbau möchte Jakob Maier aber nicht verteufeln, er sei "immer noch unschlagbar".

Honig aus der eigenen Produktion: Die jungen Imkerinnen Ronja (links) und Hannah Fink stehen in einem Feld aus Wickroggen. Ihre Bienen lieben diese Pflanzen, die Honigproduktion floriert. (Foto: Stephan Görlich)

Die Landwirtschaft müsse Biogas als "Chance sehen, die Biodiversität auf unseren Fluren zu erweitern als Ergänzung zum nach wie vor notwendigen und beherrschenden Anbau unserer bewährten Kulturen der Lebensmittelerzeugung", betont der BBV-Kreisobmann. "Absolut irrelevant" ist seiner Meinung nach die sogenannte "Tank-Teller-Diskussion", also die Debatte über die Konkurrenz von Biokraftstoffen und Nahrungsmitteln, "in einem Land, das dreißig Prozent seiner bereits erzeugten Nahrungsmittel einfach wegschmeißt". Ganz zu schweigen, so Maier, "von der nach wie vor hemmungslosen Verschwendung der wertvollen Ressource Land für fragwürdige Infrastrukturprojekte und Gewebegebiete wie zum Beispiel in Erding."

Ein Wickroggenfeld bietet laut Maier einige Vorteile, nicht nur für die Insektenwelt. So mache das untergesäte Gras nach der Ernte aus dem Feld einen Grasacker, "ohne dass Pflügen und Säen notwendig sind". Das spare Zeit und Energie. Im September habe das Feld 20 Kubikmeter Gärreste als "Startdüngung" erhalten. "Danach war weder eine organische noch eine mineralische Düngung notwendig", betont Maier. "Und natürlich braucht das System keinerlei Pflanzenschutz." Nicht zuletzt mache ein farbenfroh blühendes Feld "auch etwas fürs Image der Landwirtschaft". Das Wickroggenfeld in Niederding steht nun seit eineinhalb Jahren, in den kommenden Tagen wird es abgeerntet. Im nächsten Jahr Anfang Mai werde das Gras geerntet und danach Mais angebaut, erklärt Maier. Der Mais stehe dann "quasi als Zwischenfrucht von Mai bis September." Wickroggen hat jetzt erst mal eine Anbaupause. Winterroggen und Wintererbse werden an anderer Stelle angebaut, "ich habe wechselnde Standorte", so Maier.

Thomas Fink ist froh, dass Jakob Maier auf seine Bitte hin das Feld noch eine Woche länger stehen gelassen hat. "Da haben wir nochmals kräftig davon profitiert." Der Honig der Töchter komme als Geburtstagsgeschenk übrigens immer super an. Mittlerweile haben die beiden sogar ein eigenes Etikett. "Hannah´s Blütenhonig" und "Ronja´s Blütenhonig" steht auf den Gläsern. Und eine recht zufrieden dreinblickende Biene haben die beiden auch dazu gezeichnet.

© SZ vom 27.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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