Afrikanische Schweinepest:Amtliches Halali löst geteiltes Echo aus

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Das Landratsamt genehmigt bei der Jagd auf Wildschweine auch Saufänge und den Einsatz von Nachtsichtgeräten. Dem Erdinger Jagdverband geht das ein wenig zu weit

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Nach dem Bundesjagdgesetz sind sogenannte Saufänge eigentlich verboten. Da aber im Landkreis einerseits die höchste Dichte an Hausschweinen in ganz Oberbayern besteht und andererseits die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest verhindert werden soll, greift das Landratsamt zu drastischen Maßnahmen. Dazu gehören neben Saufängen, dass Jäger für jede erlegte Wildsau 20 Euro erhalten, bei der Jagd Drohnen und Nachtsichtgeräte eingesetzt werden dürfen und ein flächendeckendes "Entsorgungsnetz" für Wildschweine vorbereitet wird. Der Kreisjagdverband Erding ist allerdings nicht von allem begeistert.

Die Afrikanische Schweinepest (ASP), eine Virusinfektion, kann zwar nicht auf den Menschen übertragen werden, wie das Landratsamt und der Jagdverband mitteilen, verläuft aber für Wild- und Hausschweine binnen einer Woche tödlich. Die Erkrankung kann direkt von Tier zu Tier oder indirekt über kontaminierte Gegenstände übertragen werden. Derzeit gebe es in Deutschland, Bayern und dem Landkreis Erding keinen Ausbruch der ASP.

Dass die ASP-Ausbreitungsgeschwindigkeit zunimmt, liegt am Menschen. Im Schlamm der Radkästen eines Lastwagens oder über kontaminierte Lebensmittel wie Salami oder Räucherschinken, die an Autobahnen und Bundesstraßen zum Beispiel von Truckern weggeworfen werden, kann sich das Virus verbreiten. Nachweislich wurde die Seuche von der Ukraine ins Baltikum über kontaminierte Rohwurst eingeschleppt und nicht über wandernde Wildschweine. Das Virus kann selbst an Schuhen mehrere Monate überleben.

In seinem "Entscheidungskonzept" hat das Landratsamt neben der Erlaubnis des Einsatzes technischer Hilfsmittel auch die Durchführung von Wildschweinjagden vereinfacht. Diese können pauschal "vorbeantragt" werden. Für die Jagd können dann auf Straßen "Geschwindigkeitstrichter" oder sogar Vollsperrungen angeordnet werden. Laut Landratsamt könnte man auch, um sehr kurzfristig handeln zu können, die Wildschweinjagd zur "ortstümlichen Brauchtumsveranstaltung" erklären.

Der Einsatz von Saufängen ist "unter Tierschutzaspekten und Effektivität kritisch zu hinterfragen", schreibt der Jagdverband. Dennoch hat das Landratsamt zwei Anträge bereits genehmigt. In einem Revier bei Westach und im Revier Mittbach sei die Bewilligung in Aussicht gestellt. Der Jagdverband sieht die Genehmigungen skeptisch: es gebe in Erding weder hohe Schäden noch eine hohe Schwarzwilddichte im Vergleich zu anderen Landkreisen, womit sich die Notwendigkeit derzeit nicht erkennen lasse.

Dies sieht Jakob Maier, Kreisobmann des Bauernverbands, etwas anders: "Eines vorweg, wir wollen nicht alle Wildschweine massakrieren, wie man manchmal liest. Wir wollen nur eine mögliche Ausbreitung verhindern. Und die Reduzierung der Schwarzkittel ist ein Weg." Der andere sei die Bevölkerung zu sensibilisieren, wie das Virus übertragen wird, zum Beispiel eben durch weggeworfene Essensreste. Sollte in einem Betrieb im Landkreis ASP auftreten, dann würde ein "Horrorszenario" in Kraft treten. Alle Tiere würde getötet, eine Quarantänezone eingerichtet. "Für den Betrieb wird das existenzbedrohend", sagt Maier.

Auch der Einsatz von Nachtsichtgeräten wird vom Jagdverband kritisiert. "Ob mit deren Einsatz ein langfristiger Jagderfolg und damit die nachhaltige Reduzierung der Schwarzwildbestände zu erreichen ist, bleibt fraglich." Das Staatsministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten habe auf Druck aus der Landwirtschaft den Landratsämtern den Weg der "Beauftragung" für derartige Geräte eröffnet, ohne dabei die Gültigkeit der bestehenden Gesetzeslage verändern zu können. Dazu müsse eine Sondersituation vorliegen, die aber - wie bei den Saufängen - nicht gegeben sei. Die von mancher Seite kommunizierte Forderung, den Bestand um 70 Prozent zu reduzieren, sei für den Bereich des Landkreises Erding haltlos, sagen die Jäger.

Unterstützung finden beim Jagdverband andere Maßnahmen: neben der Einrichtung von Schussschneisen zur Effizienzsteigerung der Jagd auf Wildschweine durch verkehrsrechtliche Anordnungen, auch die Senkung der Trichinenprobengebühr auf fünf Euro, wenn sie der Jäger durchführt, und acht Euro beim Tierarzt. Der Landkreis will zudem bereits vor einem Seuchenfall die Kosten für die Entsorgung der Tiere in Oberding und Isen anbieten.

Von Seiten der Jäger ist es wichtig, Wildschweine mit allen "legalen Mitteln zu bejagen", vornehmlich junge Bachen und Frischlinge. Ziel müsse sein, die Bestandsdichte und den Zuwachs weiter zu reduzieren. Ein weiterer Schwerpunkt müsse auf Hygienemaßnahmen und der Biosicherheit liegen. "Entlang von Transitstrecken sind verschlossene Abfallbehältnisse wichtig, damit Wildtiere infizierte Fleisch- und Wurstreste nicht aufnehmen und damit verschleppen können."

© SZ vom 10.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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