25 Quadratmeter für 899 Euro Miete:Einig im Ziel, uneinig im Weg

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Auch im Landkreis Erding sind bezahlbare Wohnungen Mangelware. Alle Parteien sprechen sich für den Bau von mehr Sozialwohnungen aus. Ein Patentrezept hat aber keiner. Größtes Problem sind die Grundstückspreise

Von Gerhard Wilhelm, Landkreis Erding

"Mikro-Apartment inkl. Fitnessraum, Warmwasser, Strom, WLAN", 25 Quadratmeter für 699 Euro. Kalt. Dazu kommen 250 Euro Nebenkosten. Macht 899 Euro. Oder: Drei Zimmer, 72 Quadratmeter für 936 Euro plus 180 Euro Nebenkosten. Wer noch eine Garagenplatz braucht, der zahlt noch mal 40 Euro. Aktuelle Beispiele für Mietwohnungen in Erding. Für viele, die ein normales Gehalt beziehen, wie Erzieher, Polizisten oder im Verkauf Arbeitende ebenso unbezahlbar wie für Alleinerziehende. Doch bezahlbare Mietwohnungen sind Mangelware - auch im Landkreis. Dass sich etwas ändern muss, darüber sind sich alle Parteien im Landkreis einig, nur die Wege sind unterschiedlich.

Wer auf eine günstige Sozialwohnung hofft, wird schnell auf den Boden der Tatsachen geholt: es gibt kaum welche. 518 kommunale Sozialwohnungen gibt es nach einer Aufstellung des Landratsamtes derzeit im Landkreis - davon wurden 105 frei finanziert und 413 durch staatliche Förderung (alleine 270 in der Stadt Erding). In der Kreisstadt existieren zudem noch 572 Sozialwohnungen von verschiedenen Bauträgern. Macht zusammen rund 1100. Nächstes Jahr kommen noch 18 in Taufkirchen und 65 in Erding dazu, sechs in Wartenberg. Im Vergleich dazu hat in Starnberg der dortige Verbandes Wohnen momentan 2364 eigene Wohnungen, bis 2020 sind 249 weitere Wohnungen geplant, wie die Vorsitzende des Verbands, Christine Borst, jüngst in einem Symposium zum Thema "Wohnen im Landkreis Erding" in Wartenberg sagte.

Auch wenn die nächsten Jahre weiter Sozialwohnungen gebaut werden, droht Ungemach: In der Stadt Erding fallen nach Auskunft des Landratsamtes durch vorzeitige Darlehensrückzahlungen weitere Sozialwohnungen aus der Sozialbindung und stehen dem sozialen Wohnungsmarkt nicht mehr zur Verfügung. Bis 2024 ist das bei 55 Wohnungen der Fall, 2025 folgen 26, bis 2016 weiter 15 und bis 2028 noch mal 22 Wohnungen - macht 121 Sozialwohnungen, die aus der Preisbindung fallen.

CSU-Kreisgeschäftsführer Thomas Bauer plädiert dafür, um zu mehr bezahlbarem Wohnraum zu kommen, zunächst die vorhandenen Instrumente zu nutzen. "Der entscheidende Punkt um signifikant günstigere Immobilien anzubieten ist der Einstiegspreis beim Grundstück." Baukosten seien für öffentliche Träger auf Grund des gesetzlichen Ausschreibungsverfahren eher teurer, die Finanzierungskosten dafür nicht um so viel niedriger, dass ein signifikanter Unterschied bei Mieten entstehe. "Dass die landkreiseigene Wohnungsbaugesellschaft günstigen Wohnraum anbieten kann, liegt daran, dass die Kommunen zu einem symbolischen Preis Grundstücke zur Verfügung stellen, die sie vorher im Umlegungsverfahren bei der Aufstellung eines neuen Bebauungsplanes umsonst oder zu einem deutlich vergünstigten Preis bekommen haben." Die Kommunen müssten nur die Möglichkeiten nutzen, im Rahmen von Bebauungsplanverfahren Grundstücke abzuschöpfen und dann für sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen.

Nach der Meinung der SPD-Fraktion ist nach Artikel 106 der bayerischen Verfassung die Schaffung bezahlbaren Wohnraums Aufgabe des Staates und der Kommunen, sagt Ulla Dieckmann, SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreistag. Das Thema sozialer Wohnungsbau und bezahlbarer Wohnraum sei jahrelang "sträflich vernachlässigt" und zu lange privaten Investoren überlassen worden. Deshalb müsse der Staat seine eigenen Flächen, auch im Landkreis Erding, ermitteln, die für sozialen Wohnungsbau geeignet wären. Die SPD schlägt zudem vor, den Zeitraum für die Mietpreisbindung zu verlängern und weitere Wohnungen zu erwerben. Sie favorisiert eine Wohnungsbaukonferenz mit Kommunen, ihren Mandatsträgern und Bürgern. "Wir müssen, auch in den kleinen Gemeinden, weniger Einzelgrundstücke, sondern vermehrt Grundstücke für zum Beispiel Dreispänner, Reihenhäuser und vor allem Geschosswohnungsbau, ausweisen. In Zukunft muss mehrgeschossig gebaut werden, auch am Ortsrand." Das versiegele weniger Flächen und erhalte Freiflächen. "Wir favorisieren zudem die Gründung von Wohnbaugenossenschaften, wie in Dorfen und Erding. Die Gründung einer Mitwohnzentrale würde weiteren Wohnraum schaffen, zum Beispiel für ältere Menschen, die in einer großen Wohnung leben und gerne ein Zimmer an junge Auszubildende oder Studenten vermieten würden."

"Die gesamten Baueinschränkungen, Immissionsauflagen, EnEV, Ausgleichsflächenverpflichtungen et cetera müssten modifiziert werden. Dies alles macht das Bauen teuer", sagt Georg Els, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Kreistag. Auch steuerlich müssten Änderungen erfolgen. "Wer an die Kommunen zum Zwecke des kommunalen Wohnungsbaus Grundstücke verkauft, müsste steuerlich anders behandelt werden, als derjenige der Grundstücke verkauft, um Luxuseinrichtungen zu ermöglichen." Für Els stellt sich auch die Frage, ob nicht die Privilegierung landwirtschaftlicher Maßnahmen neu diskutiert werden müsste, ob nicht verstärkt im Außenbereich in aufgelassene Baukörper gebaut werden könne, auch wenn diese vollkommen erneuert werden müssten. Das Ensemble müsste aber erhalten werden.

"Verdichten ist das Schlagwort der Stunde, auch in den ländlicheren Regionen müssen wir mehr in die Höhe gehen", sagt Helga Stieglmeier, Vorstandssprecherin der Grünen im Landkreis. Grund und Boden müssten besser genutzt werden. "Das muss ja nicht in gesichtslosen Hochhaussiedlungen enden. Viel Kapazität für erschwinglichen Wohnraum sehen die Grünen in der Ausweisung von Mischgebieten. "Auch bereits bestehende Gewerbegebiete bieten Möglichkeiten zur Nachverdichtung auf den Flachdächern bereits bestehender Gebäude."

© SZ vom 16.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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