Entspannung:Ruhe im Zentrum

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Mitten auf dem Marienplatz lädt die Stadt zum Qigong

Von Jasmin Siebert, München

Mittwochmorgen, acht Uhr auf dem Marienplatz: Lieferwagen werden entladen, Aufbackbrötchen und Milchtüten in Gitterwägen übers Pflaster geschoben. Müllarbeiter kippen Abfalleimer in ihre Müllautos, Menschen mit Kaffeebechern in der Hand eilen vorüber. Doch zwischen einer Souvenirbude und einem Uhrenladen steht ein Dutzend Leute ganz still im Kreis. Langsam bewegen sie die Arme auf und nieder. Die zehn Frauen und zwei Männer praktizieren Qigong - mitten im Zentrum der Stadt.

Beim Qigong sollen durch meditative Atemübungen und fließende Bewegungen Körper und Geist harmonisiert werden. Das kostenlose Angebot ist Teil des städtischen Freizeitprogramms "Fit im Park". Im vergangenen Jahr konnte Kursleiterin Monika Richter den Qigong-Kurs noch auf der Wiese auf dem Marienhof anbieten. Da dort aber in den nächsten Jahren ein neuer Tiefbahnhof für die zweite S-Bahn-Stammstrecke gebaut wird, ist der Kurs ein paar Meter weiter auf den Marienplatz umgezogen. Jeden Mittwoch um 8 und um 8.30 Uhr kann hier jeder, der Lust hat, Qigong üben. Weder eine Anmeldung noch Vorkenntnisse sind notwendig. Bei Regen fällt der Kurs aus.

Sabine, eine 51-jährige Managementassistentin, die gerade ein Sabbatical macht, nutzt die Auszeit, um gleich an mehreren Gesundheitskursen der Stadt teilzunehmen. Sie findet es toll, dass das Angebot kostenlos ist und man einfach kommen kann, wenn man Lust und Zeit hat. Qigong gefällt ihr so gut, dass sie fast jede Woche dabei ist. "Es ist ein wunderbarer Start in den Tag", pflichtet ihr Barbara, eine 54-jährige Bankangestellte, bei. "Qigong gibt mir Gelassenheit und Energie." Sie fängt mittwochs extra eine halbe Stunde später an zu arbeiten, um bei dem Kurs mitmachen zu können.

Die Teilnehmer formen nun in einer Bewegungsabfolge die fünf Elemente. Die Arme bilden einen imaginären Baum und lassen in Gedanken Holz zu Asche werden. In kurzen, ruhigen Worten erklärt die Kursleiterin die Bewegungen. Manche Passanten gucken irritiert i n die stille Runde. Zwei Anzugträger marschieren mitten durch den Kreis der Qigong-Übenden, doch ebenso wie der Lärm von der nahen Hugendubel-Baustelle scheint das niemanden aus der Ruhe zu bringen.

"Ich finde den Ort gerade gut, denn es gehört doch auch zum Qigong, dass man sich vom Lärm abschotten kann", sagt Kristina Neuhaus hinterher. Die 33-Jährige wohnt in Schwabing und ist mit ihrer Arbeitskollegin gekommen. Wie die meisten Teilnehmerinnen sind die beiden auf dem Weg zur Arbeit. Neuhaus findet, dass Qigong im Herzen der erwachenden Stadt ideal sei. Der Marienplatz sei nicht nur zentral und daher gut zu erreichen. Es sei einfach schön mitzuerleben, wie sich die Stadt langsam mit Leben füllt. Die Büroangestellte möchte nächste Woche auf jeden Fall wiederkommen.

© SZ vom 12.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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