Entlassener Vergewaltiger:"Sowas ist uns noch nie passiert"

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Die peinliche Justiz-Posse um einen Vergewaltiger, der durch die Unfähigkeit eines Richters ein freier Mann ist.

Stephan Handel

Ein bedauerlicher Einzelfall? Oder ein Beleg für die Überlastung der Richter am Landgericht? Ronny P. ist aus der Untersuchungshaft entlassen worden, weil sein Richter sich zu lange Zeit ließ mit dem Verfahrensprotokoll.

Das ist eine Schweinerei, darüber sind sich alle einig. Doch wenn es um die Konsequenzen geht - dann wird's schwierig.

Zwei Jahren U-Haft unverhältnismäßig

Ihre Verärgerung verbirgt Wilma Resenscheck, die Pressesprecherin des Oberlandesgerichts, kaum. Dort wurde der Haftbefehl gegen Ronny P. außer Vollzug gesetzt. Er war im August des vergangenen Jahres zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Zeitsoldat im März 2002 in der Kaserne Neuherbergstraße eine 17-jährige Bundeswehr-Anwärterin vergewaltigt hat. Ronny P. ging in Revision, deshalb lief er weiter als Untersuchungshäftling.

Nun legte sein Anwalt Haftbeschwerde ein, und das Gericht gab dieser recht - die Verhältnismäßigkeit sei nicht mehr gewahrt nach zwei Jahren U-Haft.

Fünf Monate für eine Unterschrift

"Sowas ist uns noch nie passiert", sagt Wilma Resenscheck. "Auch wenn es ein langer Prozess war mit 36 Verhandlungstagen - nach zwei Wochen müsste das Protokoll unterschrieben sein."

Doch genau das hat der Richter nach fünf Monaten immer noch nicht geschafft. Und weil die Verteidigung deswegen auch die Revision noch nicht begründen konnte, weil weitere Verzögerung zu befürchten ist, deshalb kam Ronny P. jetzt auf freien Fuß.

"Haftsachen sollen beschleunigt bearbeitet werden", sagt Wilma Resenscheck. Fachlich kontrolliert werden Richter nicht - "dagegen spricht die richterliche Unabhängigkeit". Grundsätzlich könne jedoch das Disziplinarrecht angewendet werden. Das Problem hierbei: Der Richter ist mittlerweile in Pension. "Und da könnte man nur das Ruhestandsgehalt kürzen oder streichen."

"Nicht repräsentativ für die bayerische Justiz"

Die peinliche Panne hat unterdessen auch den Bayerischen Landtag erreicht. SPD-Fraktionschef Franz Maget verlangt von Justizminister Manfred Weiß (CSU) Aufklärung darüber, wie das alles passieren konnte.

Ein Sprecher des Justizministeriums konterte: "Der Fall ist nicht repräsentativ für die bayerische Justiz und ihre Leistungsfähigkeit."

Ronny P. bleibt nun vorerst ein freier Mann - zumindest, bis der Bundesgerichtshof über seine Revision entschieden hat. Wird sie abgelehnt, muss er seine Haftstrafe antreten. Wenn nicht, gibt's eine neue Verhandlung.

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