Elterndialog:Reden macht Schule

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"Niemand in der Verwaltung arbeitet dort, um Sie zu ärgern": Beatrix Zurek beim ersten Elterndialog. (Foto: Stephan Rumpf)

Viele Eltern fühlen sich vom Bildungsreferat vergessen. Dessen Chefin Beatrix Zurek hat nun 20 von ihnenzum Gespräch geladen - um sich ihre Sorgen anzuhören und zu zeigen, dass sie die Probleme anpacken will

Von Melanie Staudinger, München

Eigentlich hat die Stadt alles unternommen, um dieses eine leidige Thema ein für alle Mal loszubekommen. Sogar Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat sich eingeschaltet und das Problem zur Chefsache erklärt. Ein eigenes Sonderprogramm wurde im Rathaus konzipiert, ausgestattet mit vielen Millionen Euro, das Ziel immer klar vor Augen: In München soll sich niemand mehr über muffige und eklige Schultoiletten beschweren. Kein Wahlkampf sollte mehr bestimmt werden von Klagen über marode WC-Anlagen. Die Sanierungstrupps rückten also im vergangenen Jahr aus, sie ersetzten defekte Kloschüsseln, erneuerten Fugen und Waschbecken, strichen die Wände. Jetzt zeigt sich: Zumindest eine Toilette wurde vergessen.

Und so schlug dieses Thema prompt beim ersten Elterndialog auf, zu dem Stadtschulrätin Beatrix Zurek (SPD) am Montagabend ins Bildungsreferat geladen hatte. Eltern konnten sich für diese Veranstaltung mit ihren Anliegen bewerben, das Los entschied, welche 20 Münchner ihre Sorgen bei Zurek vortragen durften, der Chefin von knapp 15 000 Mitarbeitern und 1500 Immobilien auf 800 Grundstücken. Unter den Geladenen waren auch die Elternbeiratsvorsitzenden der Grundschule und des Tagesheims an der Dieselstraße in Moosach. Und die brachten als Thema das Klo und eine ganze Chronologie der Fehlplanungen und Missverständnisse mit.

Das Schulgebäude im Münchner Norden ist annähernd 40 Jahre alt, in den Toilettenanlagen fehlen Rücklaufklappen. Es stinkt. "Das Thema treibt uns seit Jahren um", berichten die Väter. Seit 2011 jagt eine Besprechung die nächste, viel passiert ist aber nicht. Es folgten diverse Maßnahmenkataloge, von denen kaum etwas umgesetzt wurde. Fazit: Es soll mehr gereinigt und gelüftet werden - Übergangslösungen, bis der große Wurf gelingt.

Die stinkenden Toiletten mögen zu den Relikten früherer Versäumnisse der Stadtpolitik zählen. Der Fall aber steht symptomatisch für die Probleme, mit denen das Bildungsreferat kämpft: Eltern fühlen sich mit ihren Anliegen oft verloren, sie finden keine Ansprechpartner, ein Sachbearbeiter schickt sie zum nächsten. Alles dauert, nichts geht voran. "Wir wissen doch nicht, wie Sie intern organisiert sind", klagt eine Mutter beim Elterndialog. Stadtschulrätin Zurek ist im Juli mit dem Ziel angetreten, dieses Kommunikationsdefizit zu beheben und die Außendarstellung des Referats zu verbessern. Es soll nicht mehr erscheinen als eine verstaubte und undurchsichtige Behörde. Ein Dienstleister sei das Bildungsreferat, sagt Zurek stets.

Am Montagabend räumt sie die Fehler der Vergangenheit ein. Ja, in der zentralen Gebührenstelle sei nicht immer alles rund gelaufen, es habe Verzögerungen bei den Bescheiden gegeben. Ja, beim Kita-Finder, der zentralen Anmeldeplattform für Betreuungsplätze, habe man nachjustieren müssen und werde dies auch weiterhin tun. Und ja, das Aufstellen mancher Schulpavillons habe länger gedauert als geplant. Zurek sagt aber auch: "Niemand in der Verwaltung arbeitet dort, um Sie zu ärgern." Selbst wenn manche Eltern diesen Eindruck hätten.

Zum Elterndialog hat sie ihre Abteilungsleiter und ihren Stellvertreter, Stadtdirektor Peter Scheifele, mitgebracht. Auch das ist als Zeichen zu verstehen: Das Bildungsreferat soll kein gesichtsloser Tanker sein. Dreieinhalb Stunden nehmen sich Zurek und ihre Mitarbeiter Zeit und besprechen mit den Eltern ganz vielfältige Themen. Da geht es um die Inklusion behinderter Kinder ebenso wie um fehlerhafte Gebührenbescheide, um die Zukunft der Ganztagsbetreuung und die Förderung hochbegabter Schüler. Zurek muss öfter an diesem Abend erklären, dass die Stadt zwar für Schulbauten zuständig sei, nicht aber für die inhaltliche Ausrichtung der Grundschulen, die sich in staatlicher Hand befinden. Die Eltern lernen, was Worte wie Sachaufwandsträger oder Schulzuweisung bedeuten.

Und manche nehmen auch konkrete Antworten mit. Die Toiletten in der Dieselschule werden zwar nicht sofort saniert. Im dritten Bauprogramm aber, das 2018 beschlossen wird, soll die Schule enthalten sein, verspricht Zurek. Gerade werde geklärt, ob das Gebäude saniert oder durch einen Neubau ersetzt werde. "Bis dahin bekommen Sie eine verbindliche Zeitschiene von uns, was wir vorher tun werden", sagt die Stadtschulrätin. Damit sich der Elternbeirat wieder auf wichtigere Dinge konzentrieren kann als auf stinkende Toiletten.

© SZ vom 14.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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